Leitartikel
CDU, CSU, FDP und Grüne sind in der Pflicht, eine Regierung zu bilden. Die Angst vor einer Blamage befördert die notwendige Bereitschaft zum Kompromiss
tritt in die entscheidende Phase. Solange die höchsten, auf den Feldern der Migrations-, Klima- und Steuerpolitik liegenden Hindernisse nicht abgeräumt sind, ist ein Scheitern der Verhandlungen noch möglich. Der auf den spektakulären Showdown zustrebende Machtkampf in der CSU und die zur Prinzipienreiterei neigende grüne Basis bergen weitere Risiken. Aber es sieht nicht so aus, als ob die ungleichen vier auf der Zielgeraden noch ins Straucheln geraten würden.
Es gibt ja inzwischen erste konkrete Vereinbarungen bei jenen Aufgaben, die im Grunde unstrittig sind und um Stichworte wie Internet-Ausbau, sozialen Wohnungsbau oder Bildung kreisen. Und vor allem ist da der feste Wille, trotz aller Animositäten und inhaltlicher Differenzen miteinander ins Geschäft zu kommen. Wo ein Wille ist, da ist bekanntlich (meist) auch ein Weg. Und im Zweifelsfall hilft die gemeinsame Angst vor einer Blamage und den Untiefen einer Neuwahl der notwendigen Kompromissbereitschaft auf die Sprünge.
So verständlich der Unmut vieler Bürger über die zäh vorankommenden, mit dem üblichen Theaterdonner in Szene gesetzten „Sondierungen“ist, so konnte doch niemand im Ernst mit einer raschen Einigung rechnen. Keine der vier Parteien hatte „Jamaika“auf dem Wunschzettel, keine war auf dieses Experiment vorbereitet. CSU und Grüne, FDP und Grüne liegen, wenn es etwa um die Begrenzung der Zuwanderung oder den Ausstieg aus der Produktion von Verbrennungsmotoren geht, meilenweit auseinander. Hier soll zusammenfinden, was in vielem nicht zueinanderpasst. Das ist ein mühseliges, viel Kompromissbereitschaft erforderndes Geschäft. Die Moderationskünstlerin Merkel, die dieses Bündnis um ihres Machterhalts willen zustande bringen muss, ist da in ihrem Element. Man weiß allerdings – wie so oft – nicht, wofür die Kanzlerin in der Sache steht und wo die Reise hingehen soll. CSU, FDP und Grüne haben Positionen und verteidigen sie; die CDU erweckt den Eindruck, als ob es ihr in erster Linie um die Verteidigung des Kanzleramts und um den kleinsten gemeinsamen Nenner gehe. Sollte jedoch Merkel insbesondere den Grünen zu weit entgegenkommen und ihrer konservativen Stammkundschaft zu viel zumuten, wird „Jamaika“den Niedergang der zur Stunde noch bei 30 Prozent notierten Union eher beschleunigen als stoppen.
Neuwahlen sind nur um den Preis fragwürdiger verfassungsrechtlicher Spielchen zu bekommen und würden dem Ansehen der Demokratie ganz gewiss nicht guttun. Und soll ausgerechnet Deutschland, dieser Hort an Stabilität, in diesen turbulenten Zeiten in instabile Verhältnisse schlittern? Nein, Schwarz-Gelb-Grün ist die einzige realistische Regierungsoption. Also stehen CDU/CSU, FDP und Grüne in der Pflicht, eine handlungsfähige Koalition zu bilden und die Probleme anzupacken. Ebenfalls dazu: Jeder Autofahrer weiß schon seit Jahren, dass zwischen der Herstellerangabe und dem tatsächlichen Spritverbrauch eines Fahrzeugs Welten liegen. Der eigentliche Skandal ist die Untätigkeit der Politik! Die exzellente Lobbyarbeit der Automobilindustrie lässt die Politiker in Untätigkeit erstarren und Probleme werden weggelächelt (darin ist unser Verkehrsminister einsame Spitze).
Dabei wäre es so einfach: Jeder Autokäufer hat das Recht, den gekauften Neuwagen innerhalb von zwei Jahren gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben, wenn der Verbrauch den im Prospekt angegebenen um mehr als 10% übersteigt. Ob die Politik zu so einer Lösung fähig ist – vielleicht geschieht ein Wunder.
Illertissen Ebenfalls dazu: Bitte achten Sie auf Ihre Sprache! Wenn Autohersteller unzutreffende Angaben zum Verbrauch machen, dann manipulieren sie die Kaufentscheidung der Konsumenten – denn die gehen von geringeren Betriebskosten (und weniger Umweltbelastung) aus. Das ist kein „Tricksen“, sondern schlichtweg Betrug! Woher kommt diese Nachsicht für die Autokonzerne? Wie würden Sie es denn nennen, wenn eine Molkerei eine 250-Gramm-Packung Butter verkauft, in der nur 200 Gramm enthalten sind? Lachen Zu „Verbummelte Steuererklärungen“(Seite 1) vom 8. November: Mir fehlen die Worte. Ein Ex-Finanzminister weiß nicht, wann er seine Steuererklärung abgeben muss. Hier zeigt sich wieder einmal, dass die staatliche Zwangsapparatur beim kleinen Mann unbarmherzig greift, bei den höheren Herrschaften hingegen nach wie vor erheblich reparaturbedürftig ist.
Königsbrunn Zu „Insektizide im Honig“(Gesundheit) vom 6. November: Die im Artikel beschriebenen sogenannten Pflanzenschutzmittel „Neonicotinoide“sowie auch das bekanntere „Glyphosat“halte ich nicht für Pflanzenschutzmittel, sondern für Pflanzen- und Insektenvernichtungsund Wasservergiftungsmittel. Und jedes Jahr werden sie wieder eingesetzt, lange bevor sich die letztjährige Dosis abgebaut hat. Kein Wunder, dass andererseits Artensterben beklagt wird. Oberrieden Zum Porträt „Ein wahrer Konservativer“(Meinung & Dialog) vom 8. November: Die politische Wiederkehr von Friedrich Merz wäre ein Segen für die Union. Er war, neben Herrn Bosbach, ein Opfer der Merkelschen Machtpolitik, mit der sie die Union weit nach links gerückt hatte. Herr Merz ist geradlinig, überaus kompetent und würde den Konservativen der Union wieder eine politische Heimat geben.
Günzburg Zu „Anlieger sollen nicht mehr für Straße zahlen“(Bayern) vom 9. November: Bei den ganzen Diskussionen zu dem Thema Straßenerneuerung wird mit keiner Silbe davon gesprochen, dass die Anlieger bereits mit den Erschließungsgebühren den Straßenbau bezahlt haben. Wenn die Kommunen Hinweise aus der Bevölkerung, dass mit einem geringen finanziellen Aufwand sich abzeichnende Schäden an dem Straßenbelag vermieden werden können, damit abtun, man habe kein Geld dafür, fehlt mir jedes Verständnis. Offenbar sollen die Bürger für das Verhalten der Gemeinden und Städte doppelt und dreifach zahlen. Wo sind wir eigentlich?
Augsburg