Der Fünf Sterne Hausarrest
Erst stellte Kronprinz Mohammed bin Salman im luxuriösen Ritz Carlton in Riad ein technologisches Megaprojekt vor. Jetzt hält er dort Prinzen und Milliardäre gefangen
Opulente Kronleuchter aus Muranoglas, dicke Teppiche und eine eigene Bowling-Bahn: Das Ritz-Carlton in Riad gleicht mehr einem Palast als einem Hotel. Es wird auch gern das „Prinzen-Hotel“genannt: ein luxuriöser Zufluchtsort vor der Wüstenhitze, in dem das weitverzweigte saudische Königshaus schon große Deals mit internationalen Wirtschafts- und Rüstungsfirmen aushandelte. Erst Ende Oktober stellte Kronprinz Mohammed bin Salman 3500 potenziellen Investoren seine Zukunftsvision 2030 für ein neues Saudi-Arabien hier in den ausladenden Konferenzräumen mit Blick auf Palmen und Olivenbäume vor.
Doch wo vor kurzem mit Computersimulationen, IMAX-Filmen, Robotern und Hologrammen für die Future Investment Initiative (FII) geworben wurde, sperrt Mohammed bin Salman, auch MbS genannt, nun dutzende saudischer Prinzen und Geschäftsleute ein. Wichtige Vertreter der saudischen Wirtschaftselite wie Multimilliardär Prinz Al-Walid bin Talal – einer der zehn reichsten Männer der Welt –, Bauunternehmer Bakr bin Laden, Investor Kamal Saleh und Medienmogul Waleed al-Ibrahim sollen hier unter Hausarrest mit FünfSterne-Niveau stehen, während der 32-jährige Kronprinz mit eiserner Faust seine Macht festigt und Wi- dersacher und Konkurrenten kaltstellt.
Die zahlenden Hotelgäste des Ritz-Carlton wurden kurzerhand mit Bussen ausquartiert. Es könnte ein längerer Hausarrest werden. Bis Februar ist das Hotel jedenfalls ausgebucht. Inzwischen soll noch ein weiteres Luxus-Hotel in Riad zum Luxus-Gefängnis umfunktioniert worden sein. Es gibt Gerüchte, dass wenigstens 200 Saudis festgenommen wurden. Zudem sollen um die 2000 Bankkonten eingefroren worden sein – alles angeblich im Namen der Korruptionsbekämpfung.
Das harte Durchgreifen von MbS dalen stehen, verstaatlicht werden. Die ganze Aktion ist nicht gerade ein PR-Coup für die Vision 2030 des Kronprinzen.
Das Megaprojekt ist mit 500 Milliarden Dollar (rund 430 Milliarden Euro) veranschlagt. Neom – zusammengesetzt aus neo (lateinisch: neu) und für Mostaqbal (arabisch: Zukunft) – stellt sich der Prinz als Technologiezentrum am Roten Meer im äußersten Nordwesten des Wüstenstaats vor. Insgesamt drei Metropolen sollen dem Glitzeremirat Dubai am Persischen Golf Konkurrenz machen. Die Vision 2030 ist umstritten. Manche bejubeln die weltoffenen, westlichen Zukunftsvisionen des Kronprinzen, andere sehen darin eher eine Fata Morgana in der Wüste, die die Grundfeste des ultra-konservativen Königreichs erschüttert. Die 26500 Quadratkilometer große Technologiestadt soll einmal mehr Roboter als Menschen beherbergen. Es gibt auch einen in Deutschland gut bekannten Projektleiter: Es ist der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld.
Um die zukunftsweisende Richtung des Vorhabens zu unterstreichen, erteilte Saudi-Arabien auf der FII-Konferenz im Ritz Carlton dem Androiden „Sophia“die Staatsbürgerschaft. Der weibliche Roboter mit changierender Augenfarbe erschien auf dem Podium in Riad und bedankte sich brav für die Ehre: „Es ist ein historischer Moment, dass erstmals auf der Welt ein Roboter eine Staatsbürgerschaft erhalten hat“, erklärte Sophia. Sie musste dazu nicht einmal ein Kopftuch tragen und Schultern und Arme züchtig bedecken, wie es für alle Frauen im Königreich Vorschrift ist.
Andere saudische Zukunftsprojekte haben die in sie gesteckten Erwartungen bisher nicht erfüllt. King Abdullah Economic City (KAEC), 2005 vom damaligen König Abdullah angekündigt, sollte eine Million Jobs abseits der Ölindustrie schaffen. Zwei Millionen Menschen sollten hier leben, aktuell sind es kaum mehr als 7000. Die Geisterstadt, 100 Kilometer nördlich von Dschidda
Angesichts einer drohenden Eskalation im Libanon haben sich Deutschland und Frankreich um eine Entspannung der Lage bemüht. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) drückte am Freitag in einem Telefonat mit seinem saudischen Kollegen Adel alDschubeir seine „große Sorge“über die Entwicklung im Libanon aus. Nach der Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Saad Hariri gibt es Ängste, in dem kleinen Land könnte ein neuer Stellvertreterkonflikt zwischen den Erzrivalen SaudiArabien und Iran ausbrechen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich bereits am Donnerstagabend bei einem überraschenden Besuch in der saudischen Hauptstadt Riad für eine friedliche Lösung der Krise eingesetzt. In einem Gespräch mit Kronprinz Mohammed bin Salman habe Macron die Bedeutung hervorgehoben, die Frankreich der Stabilität und Sicherheit des Libanons zumesse, teilte der Élysée-Palast mit.
Die vom Iran unterstützte libanesische Schiitenmiliz Hisbollah beschuldigte Saudi-Arabien, Hariri zum Rücktritt gezwungen zu haben und ihn nun festzuhalten. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warf der saudischen Führung in einer TVAnsprache zugleich vor, Israel zu einem Schlag gegen den Libanon aufwiegeln zu wollen.
Hariri hatte am Wochenende von Saudi-Arabien aus seinen Rücktritt von der Spitze der libanesischen Koalitionsregierung angekündigt. Zugleich warf er der Hisbollah vor, Unruhe zu schüren. Kurz darauf kamen Gerüchte auf, er stehe in SaudiArabien unter Hausarrest. Der Politiker ist ein enger Verbündeter Saudi-Arabiens.