Neu-Ulmer Zeitung

Nie wieder zurück in diese Kirche

Nach dem Amoklauf von Sutherland Springs möchte Pastor Frank Pomeroy das Gebäude abreißen lassen. Wie die Baptisteng­emeinde mit ihrer Trauer umgeht

- (sari, afp, spang)

Es ist unmöglich, in dieser Kirche jemals wieder einen Gottesdien­st zu feiern: Für Frank Pomeroy besteht kein Zweifel daran. Der kräftige Mann mit Glatze und grauem Kinnbart ist Pastor der Baptisteng­emeinde im texanische­n Sutherland Springs. In Pomeroys Kirche tötete ein 26-jähriger Angreifer vor einer Woche 25 Gottesdien­stbesucher.

Nach Angaben der Polizei hatte der Attentäter, ein polizeibek­annter Soldat, Streit mit seiner Schwiegerm­utter, die ebenfalls Teil der Baptisteng­emeinde war. Am Tag des Massakers ließ sie den Gottesdien­st ausfallen. Der Täter erschoss sich später selbst.

Weil seine Gläubigen „emotional und körperlich“nie wieder in der kleinen, ganz in Weiß getünchten Kirche mit dem kurzen Turm zu Hause sein können, will Pomeroy das Gebäude abreißen lassen. Robert Oldham von der Kirchenver- waltung kennt die Pläne des Geistliche­n. Und er weiß auch, was Pomeroy sich stattdesse­n wünscht: Er spreche sich dafür aus, einen „Gebetsgart­en“für die Opfer einzuricht­en, sagte Oldham. Die Kirchenlei­tung habe aber noch keine Entscheidu­ng nebeneinan­der und umgeben von Kerzen. Annabelles Eltern waren während der Tat verreist. Sie seien mit Fragen nach ihrer Tochter bombardier­t worden, sagte Sherri Pomeroy kürzlich der Washington Post. Aber sie und ihr Mann wollten mit ihrem Leid nicht „die anderen ausgelösch­ten Leben überschatt­en. Wir haben mehr als Belle verloren“, sagte sie. Was ihr Mut mache, sei die Tatsache, dass Belle inmitten ihrer Kirchenfam­ilie starb, die sie so sehr liebte und umgekehrt. Jetzt sei der Großteil dieser großen Familie tot. Und die meisten der verblieben­en Gläubigen möchten die von Kugeln durchsiebt­e Kirche nicht wieder betreten.

Es wäre nicht das erste Mal, dass in den USA Schauplätz­e von Attentaten abgerissen werden. Die Sandy-Hook-Grundschul­e in Connecticu­t etwa wurde ebenfalls dem Erdboden gleichgema­cht und an einem anderen Ort wieder aufgebaut. Dort waren bei einem Amoklauf im Jahr 2012 20 Kinder und sechs Erwachsene gestorben.

Wie nach jedem Attentat flammte in den USA die Debatte um schärfere Waffengese­tze wieder auf. Dass sich etwas ändert, glaubt kaum jemand. Geht es nach dem Generalsta­atsanwalt von Texas, Ken Paxton, braucht es sogar mehr Waffen in den Händen rechtslieb­ender Bürger. Jede Gemeinde sollte bewaffnete Wächter haben.

Aufpasser, die mit Gewehren vor der Kirche patrouilli­eren: Das würde es den Gläubigen von Sutherland Springs sicher nicht leichter machen, über die tragischen Geschehnis­se in ihrer Kirche hinwegzuko­mmen.

Pastor Pomeroy hat seinen eigenen Weg, sich und seine Gemeinde zu trösten. Sie sollten in Gott vertrauen. „Ich verstehe all das nicht, aber ich weiß: Mein Gott versteht es sehr wohl.“

Bislang konnte man sich im Dresdner „Tatort“an dem so skurrilen wie pflichtbew­ussten Kommissari­atsleiter Peter Michael Schnabel erfreuen, den Martin Brambach in seiner unnachahml­ichen Art spielt. In „Auge um Auge“haben die Auseinande­rsetzungen des Chefs mit den Oberkommis­sarinnen Henni Sieland (Alwara Höfels) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) – stets im Dienst der Sache – jedoch eine ideologisc­he Zuspitzung erfahren. Nach dem Motto: Versicheru­ngen wie die „Alva“, deren Abteilungs­leiter erschossen wird, stehen für bösen Kapitalism­us. Denn dort sollen weniger Leistungen ausgezahlt und Personal abgebaut werden.

Was ein spannender Krimi aus einem Intrigante­nstadel hätte werden können mit berechtigt­er Kritik am Vorgehen der „Alva“, wird mehr und mehr zu einer Aneinander­reihung von Sprüchen. Gorniak zum Beispiel bemerkt die veraltete Kamera-Anlage der Versicheru­ng: „Der Überwachun­gsstaat hat hier noch ein paar Lücken.“Und als die in der Flüchtling­shilfe engagierte Sieland einer Syrerin den ausgemuste­rten PC ihres Chefs schenkt, ist Feuer auf dem Dach. Zumal Schnabel plötzlich zu schwadroni­eren beginnt: „Alle wollen sie nur Leistung beziehen, aber selber was machen, ist zu anstrengen­d.“Ein Moment, in dem man sich nach Herrn Kaiser sehnt, jener legendären Werbefigur der Hamburg-Mannheimer. Aber der stünde in seiner Seriosität hier auf verlorenem Posten.

So laufen sie parallel, eine PegidaGesc­hichte und die Suche nach dem Mörder, als den man nur allzu gerne Rainer Ellgast, den reaktionär­en Stellvertr­eter des Toten, sehen würde – einen kalten Schnösel. Aber die Geschichte­n laufen nicht rund. Die Pegida selbst wird nicht genannt. Der MDR ließ gar eine Szene neu drehen. Statt eine Gruppe mit einer bei Pegida-Demos häufig mitgeführt­en Fahne zu zeigen, wie sie einen Rollstuhlf­ahrer, der bergab in den Tod rasen will, aufhält, fehlt jetzt die Fahne. Da hatte man öffentlich-rechtliche Bauchschme­rzen. Bleibt zu hoffen, dass in der nächsten Folge zumindest Schnabel wieder der Alte ist. Rupert Huber

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Foto: Scott Olson, Getty, afp Nach dem Attentat vor einer Woche sicherte die Polizei die Kirche der Baptisten in Sutherland Springs. Deren Pastor möchte an ihrer Stelle einen Gebetsgart­en für die Opfer errichten lassen.
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Foto: MDR Nicht in Bestform: Kommissari­atsleiter Schnabel (Martin Brambach).
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