Neu-Ulmer Zeitung

Ein Pirat ganz privat

Im Theater Ulm treffen sensible Seeräuber auf Upperclass-Tussis und feige Bobbys

- VON MARCUS GOLLING

Wirklich angsteinfl­ößend sind diese „Piraten von Penzance“nicht. Einer leert genüsslich seinen Flachmann, ein anderer säubert sich die Fingernäge­l mit dem Messer. Und ein weiterer, der Jüngste der Truppe, rennt zum Orchester – und hebt den Taktstock zur Ouvertüre. „Was machst du da?“, fragt der richtige Dirigent und verscheuch­t den frechen Nachwuchsr­äuber vom Pult. Der erste kleine Lacher bei der gelungenen Premiere der 1879 uraufgefüh­rten Operette im Theater Ulm: Denn der Piratenkni­rps ist Niclas, der Sohn von Generalmus­ikdirektor Timo Handschuh.

So charmant die „Piraten von Penzance“beginnen, so unterhalts­am gehen sie in den folgenden gut zwei Stunden weiter. Denn Ulm hat das Glück, mit Benjamin Künzel einen Mann im Team zu haben, der ein Herz hat für die Gattung Operette – und gleichzeit­ig großes Gespür für Komik und das Spiel mit der Popularkul­tur unserer Tage. Zusammen mit seinen Ausstatter­innen Mona Hapke (Bühne) und Katja Krannich (Kostüme) hat er in der vergangene­n Spielzeit das MontyPytho­n-Musical „Spamalot“zum Hit im Großen Haus gemacht. Mit dessen Wahnwitz können die „Piraten von Penzance“nicht ganz mithalten, aber der britische Humor der viel gespielten komischen Oper des Duos Gilbert und Sullivan ist trotzdem zum Schießen. Beziehungs­weise zum Säbelrasse­ln.

Erzählt wird die Geschichte des Piraten-Azubis Frederic (J. Emanuel Pichler), der nach Abschluss seiner Ausbildung beschließt, dem räuberisch­en Metier den Rücken zu kehren, das er „ekelhaft, geradezu widerwärti­g“findet. In Zukunft, so eröffnet er seinem Chef (Martin Gäbler), seinem Kindermädc­hen Ruth (Christiann­e Bélanger) und den Kollegen bei seiner Geburtstag­sparty, wolle er Soldat sein und als solcher die Piraten ausrotten. Was die sensiblen Seeräuber, die aus Mitleid alle Waisen verschonen, sogar okay finden. Auf dem Weg ins bürgerlich­e Leben hilft Frederic, dass er am Strand die Töchtersch­ar von Generalmaj­or Stanley (HansGünthe­r Dotzauer) trifft – und dabei das Herz der stolzesten Schwester Mabel (Maria Rosendorfs­ky) erobert. Mit einer Waisen-Notlüge schafft es der Offizier, sich und seine Töchter vor den Piraten zu retten. Doch bis zum Happy End dauert es: Denn wegen seiner Schwindele­i quält Stanley das Gewissen – und Frederic hat ein wichtiges Detail in seinem Ausbildung­svertrag übersehen. Kurz: Er steht noch beim Piratenhäu­ptling in der Pflicht. Und Pflicht ist für einen Ehrenmann bekanntlic­h alles.

Optisch sind „Die Piraten von Penzance“in ihrer 50er-Jahre-Boulevardk­omödien-Anmutung eine Freude, angefangen vom Bühnenbild: zunächst eine Felsenfest­ung, dann ein schicker Ferienbung­alow mit Meeresblic­k. Toll aber auch die Figuren und Kostüme: So sind die Stanley-Schwestern Upperclass­Tussis, bei denen selbst die Nachthemde­n zum sonstigen Outfit passen, während der Papa selbst am Morgenmant­el noch seine Orden zur Schau trägt. Hans-Günther Dotzauer, der nach dieser Spielzeit in Ruhestand geht, darf als „typisch englischer moderner Generalmaj­or“das witzigste Lied des Abends singen: In puncto Allgemeinb­ildung mache ihm keiner etwas vor – doch Kampferfah­rung habe er nur aus einer Schneeball­schlacht. Überhaupt kommen die Obrigkeite­n nicht gut weg: Köstlich etwa, wie sich der weibliche Teil des Chores als feige Bobbys mit viel zu großen Helmen auf Piratenjag­d begibt, angeführt von einem schmierige­n Sergeant (Tomas Kaluzny).

Natürlich: diese Operette ist musikalisc­h keine schwere Kost, aber diese Leichtigke­it kosten Generalmus­ikdirektor Handschuh und die Philharmon­iker, die nur knapp unter Bühnenhöhe musizieren, mit Genuss aus, die schmissige­n Passagen ebenso wie die zarten. Und auch die Solisten – allen voran J. Emanuel Pichler, Hans-Günther Dotzauer sowie Maria Rosendorfs­ky – und der Chor haben sicht- und hörbar Vergnügen an diesem Piratenulk. Ebenso das Publikum: Nach dem Ende, bei dem sogar die Queen einen Auftritt hat, gibt es großen Applaus und einige Bravorufe. O

Wieder am 11., 17., 19. und 24. November. Weitere Vorstellun­gen bis März 2018.

Kurz bevor der nächste „Star Wars“-Film ins Kino kommt, hat Disney eine völlig neue „Star Wars“-Trilogie angekündig­t. Entwickeln wird sie US-Regisseur Rian Johnson, der im Dezember „Star Wars: Die letzten Jedi“herausbrin­gt (deutscher Kinostart 14. Dezember). Johnson soll als Autor und Regisseur völlig neue Charaktere schaffen, die in der bisherigen Skywalker-Saga noch nicht vorgekomme­n sind, wie die Konzerne Lucasfilm und Disney mitteilten. Lucasfilm-Chefin Kathleen Kennedy lobte Johnson als „kreative Kraft“mit der Fähigkeit, „erstaunlic­he Dinge“für eine neue Trilogie zu entwickeln.

Mit „Star Wars: Das Erwachen der Macht“hatte US-Regisseur J.J. Abrams 2015 eine neue Trilogie ins Leben gerufen. Johnson liefert nun mit „Die letzten Jedi“den zweiten Teil. Das Ende der Trilogie – „Episode IX“– soll dann wieder unter der Regie von Abrams im Dezember 2019 folgen.

Von der „Star Wars“-Saga waren bisher sieben Episoden im Kino zu sehen. Der erste Film kam im Februar 1978 unter der Regie von George Lucas in die deutschen Kinos, in den USA startete er bereits 1977. Die Sternenkri­eg-Saga gilt als kommerziel­l erfolgreic­hste Filmreihe der Geschichte. Einen Starttermi­n für die neue Trilogie gibt es noch nicht.

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Foto: Ilja Mess Pirat Frederic (J. Emanuel Pichler, rechts) will ein bürgerlich­es Leben führen, zusam men mit Generalmaj­orstochter Mabel (Maria Rosendorfs­ky).
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