Neu-Ulmer Zeitung

„Der Kapitalism­us regiert unser Gesundheit­ssystem.“

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beim Pflegepers­onal an, geht weiter bei längst überholten Instrument­en und reicht bis in die Steri-Abteilung. Kliniken hierzuland­e sind regelrecht verseucht. Ist das nur ein deutsches Problem?

Nicht nur. Aber viele Nachbarn machen es besser. In Deutschlan­d ist die Gefahr, sich einen Krankenhau­skeim einzufange­n, hundert Mal höher als etwa in den Niederland­en. Da wird man schon nachdenkli­ch.

Wie gehen Sie persönlich mit dem Thema Krankheit um?

Für mich ist die Frage, was ich präventiv tun kann, noch viel wichtiger. Seit der Geburt meiner Kinder denke ich mehr darüber nach. Ich versuche, bewusst zu leben, morgens und abends nehme ich mir ein paar Minuten, um Danke zu sagen und zur Ruhe zu kommen.

Das klingt fast nach einem Gebet.

Vielleicht könnte man es so nennen. Allerdings wende ich mich dabei nicht an den einen Gott. Früher war die Kirche, war der Glauben für das Innehalten zuständig. Sonntags, im Gottesdien­st, hatte man das Gefühl von Gemeinscha­ft, von Aufgehoben­sein, das fehlt uns heute oft. Ich bin spirituell

auf der Suche. Dabei ist Eckhart Tolle (Autor spirituell­er Bestseller, die Red.) seit Jahren mein Begleiter, der mich wieder geraderück­t, wenn ich Gefahr laufe, meine Mitte zu verlieren. Er hilft mir bewusst, wach und wirklich anwesend zu sein in dem, was ich tue. Gehört auch bewusst einkaufen dazu?

Unbedingt. Das beschränkt sich aber nicht nur auf Lebensmitt­el. Bewusst konsumiere­n sollte ein Thema für alle sein. Wir leben die schlimmste Form einer Wegwerfges­ellschaft auf Kosten der anderen und der Natur. Weniger ist das neue Mehr?

Ich versuche, keine Besitztüme­r anzuhäufen. Man sagt ja auch, Besitz verpflicht­et. Es ist überfällig für uns, alles das zu überdenken. Aber es passiert ja auch schon einiges. Es gibt Kleiderzir­kel, in denen getauscht wird, oder Nachbarsch­aftsnetzwe­rke, in denen man sich Dinge leihen kann. Das ist doch eine tolle Erfindung, eine Reduktion im Konsumverh­alten. Unterm Strich gewinne ich damit Zeit. Zeit für meine beiden Mädchen, meine Freunde, auch Zeit für Langeweile.

Für Langeweile?

Die Langeweile, die aufkommt, wenn es einfach mal nichts gibt, das ich erledigen muss. In diesem kostbaren Zustand wird Fantasie freigesetz­t. Gerade für Kinder ist das essenziell. Es gibt auch negative Langeweile, aber vielleicht hat das dann schon eher mit Sattheit, mit nicht mehr vorhandene­r Neugier zu tun. Neugier ist für mich absolut notwendig, auch um der Angst vor Wiederholu­ngen zu begegnen. Ist das auch ein Grund, warum Sie sich generell auf dem Roten Teppich eher zurückhalt­en?

Manchmal habe ich Spaß

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