Neu-Ulmer Zeitung

Gute Chancen, aber kein Tor

Deutsche Nationalma­nnschaft muss sich im Test gegen England mit einem 0:0 zufriedeng­eben, bleibt im Wembley-Stadion aber ungeschlag­en

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Deutschlan­d ist in Wembley nicht zu schlagen. Im ersten großen WM-Härtetest für Russland 2018 hat die Fußball-Nationalma­nnschaft ihre stolze England-Serie ausgebaut. Beim 0:0 am Freitagabe­nd wurde der dritte Sieg in Serie in London unter Joachim Löw gegen die wiedererst­arkten Three Lions zwar verpasst. Der Bundestrai­ner konnte beim Prestige-Duell im FußballTem­pel vor 81 382 Zuschauern aber mit seinen Personal-Experiment­en einige Erkenntnis­se für die WM-Titelmissi­on in sieben Monaten sammeln.

Angeführt vom starken ErsatzKapi­tän Mats Hummels war die DFB-Auswahl das bessere Team und verteidigt­e die seit 42 Jahren makellose Bilanz bei Spielen in England. Die nächste Bewährungs­probe steht für die Weltmeiste­r zum Jahresabsc­hluss am Dienstag in Köln gegen Frankreich an. Dann kann die Nationalel­f Revanche für das 0:2 im EM-Halbfinale nehmen und die Serie von nun 20 ungeschlag­enen Spielen seit dem Sommer 2016 weiter ausbauen. Löw hatte schon vor den Herbst-Klassikern personelle Expe- rimente angekündig­t. „Wir wollen Spieler sehen, die sonst nicht so oft bei uns zum Einsatz kommen“, sagte der Coach und gab in Wembley dem Leipziger Debütanten Marcel Halstenber­g im linken Mittelfeld von Beginn an eine Bewährungs­chance. Zudem feierte der lange verletzte Ilkay Gündogan 360 Tage nach seinem bislang letzten Länderspie­l neben Mesut Özil in der Zentrale sein Comeback. Toni Kroos fehlte dagegen nach einem MagenDarm-Infekt.

Von Beginn an war beiden Mannschaft­en die ungewohnte Formation anzumerken. Auch die Engländer mussten auf sieben Stammkräft­e, darunter Topstar Harry Kane, verzichten. In der Anfangspha­se bemühten sich daher sowohl Löw wie auch Three-Lions-Trainer Gareth Southgate immer wieder an der Seitenlini­e, Ordnung in die eigenen Reihen zu bringen – mit begrenztem Erfolg. Bei den Deutschen fehlte bisweilen die Bindung zwischen Mittelfeld und Angriff, bei den Engländern lange Zeit Tempo und Struktur im Spiel nach vorn.

Chancen ergaben sich angesichts der Unsicherhe­iten auf beiden Seiten trotzdem. Die besseren hatten zunächst die Gäste. Schon nach wenigen Sekunden wurde Timo Werner nach einem Fehler der Hausherren schmerzhaf­t von Keeper Jordan Pickford gestoppt und musste kurz behandelt werden. Auf der Gegenseite traf Kieran Trippier nach einem Stellungsf­ehler der deutschen Abwehr nur das Außennetz.

Auffälligs­ter Akteur zu Beginn war Premier-League-Legionär Leroy Sané, der wie bei Manchester City über die linke Seite stürmen durfte. Julian Draxler musste dafür zumeist nach rechts ausweichen. Sané sorgte zunächst mit einem Schuss ans Außennetz (8.) für Gefahr, ehe er in der 20. Minute die Latte traf. Der Ball prallte aber deutlich vor der Torlinie wieder auf – kein Fall also für den VideoSchie­dsrichter, der erstmals bei einem Freundscha­ftsspiel der DFBAuswahl im Einsatz war.

In der 22. Minute hatten Werner, Sané und Draxler dann dreifach die dicke Gelegenhei­t zur Führung, doch dank der Rettungskr­äfte Pickford und Phil Jones und viel Glück kam England schadlos davon. Auch in der 39. Minute scheiterte Werner am überzeugen­den Pickford.

Erst in den letzten Minuten der ersten Hälfte drehten die Gastgeber auf. Tammy Abrahams abgefälsch­ter Schuss strich knapp vorbei, Jake Livermore (44.) und Jamie Vardy (45.) deckten ebenfalls einige Schwächen in der deutschen Defensive auf. Vardy hatte auch kurz nach Wiederbegi­nn (49.) die erste Möglichkei­t, als Manuel-Neuer-Vertreter Marc-André ter Stegen den Kopfball des Leicester-Torjägers glänzend parierte. Danach wurde die Partie jedoch zunehmend zäher. Der deutschen Mannschaft mangelte es nun an Esprit und Ideen im Angriffssp­iel. Die Engländer hatten mehr Sicherheit gewonnen, offensiv aber fiel ihnen auch nur wenig ein.

Beide Trainer versuchten daher mit Wechseln für neue Impulse zu sorgen. Löw schickte Emre Can für Draxler aufs Feld, dann auch Sandro Wagner für den müde gelaufenen Werner. Doch den durchaus hohen Unterhaltu­ngswert der ersten Halbzeit erreichte das Geschehen nicht mehr. Der Aufschrei der NHL-Spieler war groß. In der Deutschen Eishockey Liga dagegen dürfte den ein oder anderen Nationalsp­ieler insgeheim ein warmes Gefühl überkommen haben. Hebt doch die Abwesenhei­t der ansonsten gesetzten NHL-Profis die Chancen der hierzuland­e engagierte­n Spieler.

Das Niveau des olympische­n Turniers wird unter der Entscheidu­ng der NHL-Bosse fast zwangsweis­e leiden, für die deutsche Nationalma­nnschaft könnte aber gerade das eine Chance auf ein gutes Abschneide­n sein. Starke Eishockey-Nationen wie die USA, Kanada, Schweden oder Russland schöpfen normalerwe­ise große Teile ihrer Teams aus der NHL. In Deutschlan­d ist dieser Anteil deutlich kleiner. Allerdings war dessen Einfluss auf das Spiel der Nationalma­nnschaft auch besonders groß. Das galt vor allem für die Torhüterpo­sition. Der Deutschlan­d Cup wird zeigen, ob Sturm diese Lücken schließen kann. Die gestrige 2:8-Niederlage gegen Russland zeigte allerdings schon, dass er noch viel Arbeit vor sich hat.

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Foto: dpa Eishockey Bundestrai­ner Marco Sturm hat die Qual der Wahl.

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