Neu-Ulmer Zeitung

Am Augsburger Lampen-Desaster sind nicht die Chinesen schuld

Investoren aus Asien wollen ein früheres Osram-Werk schließen. Doch der Standort stirbt seit über zehn Jahren – und das geht auf Missmanage­ment zurück

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Wenn ein Werk vor dem Aus steht, tritt rasch ein emotionale­r Ausnahmezu­stand ein. Schließlic­h geht es um Menschen und deren Familien. Existenzie­lle Fragen stellen sich: Wie zahle ich mein Haus weiter ab? Kann ich meinen Kindern noch ein Leben wie bisher bieten? Und vor allem: Finde ich einen neuen Job?

Augsburg ist wieder Ort eines solchen emotionale­n Ausnahmezu­stands geworden. Nach Insolvenze­n wie der des Druckmasch­inenherste­llers Manroland und des Versandhän­dlers Weltbild werden nun die Nerven der 650 Mitarbeite­r des früheren Augsburger OsramWerke­s auf die Probe gestellt. Dem Standort droht das Aus. Die chinesisch­en Eigentümer wollen ihn schließen. Auch wenn es hier anders als bei Manroland und Weltbild nicht um eine Pleite geht, ist der Fall weit über Augsburg hinaus von Interesse. Denn zu schnell machen dann Schuldzuwe­isungen die Runde. Dabei läge es nahe, bei den chinesisch­en Investoren die Verantwort­ung abzuladen. Damit würde die Empörung bei den falschen Adressaten landen. Denn die Asiaten sind erst ab 2016 eingestieg­en.

Der Augsburger Lampen-Standort stirbt aber schon lange. Sein Niedergang währt über zehn Jahre. Als die Chinesen das klassische Lampengesc­häft von Osram gekauft haben, war die Lage schon düster. Zu lange spielten für das Werk verantwort­liche deutsche Manager ein peinliches Spiel. Wenn sich Mitarbeite­r-Vertreter an sie wandten und neue Technologi­en für den Erhalt von Arbeitsplä­tzen einfordert­en, wiesen die Arbeitgebe­r-Vertreter allzu oft jede Schuld von sich und sprachen von Versäumnis­sen ihrer Vorgänger. Wenn eine solche Wegduck-Politik immer weiter fortgesetz­t wird, ist Arbeitspla­tzabbau die logische Konsequenz.

So waren einmal mehr als 2000 Frauen und Männer für Osram in Augsburg tätig. Über die Jahre ging es stetig bergab, weil HightechPr­odukte kaum und wenn doch viel zu spät nach Augsburg vergeben wurden. Der Skandal besteht also darin, dass erst unter dem neuen chinesisch­en Eigentümer zumindest eine Produktion­slinie für Leuchtstof­fröhren auf die moderne LED-, also Leuchtdiod­en-Technik umgerüstet wurde. Dagegen bestimmen bis heute immer noch klassische Leuchtstof­fröhren die Produktion in dem Lampenwerk.

So bleibt die Frage: Warum haben Manager nicht früher umgesteuer­t? Dass die LED-Technologi­e die Zukunft darstellt, ist seit über zehn Jahren bekannt. Was diesen abschrecke­nden Augsburger Missmanage­ment-Fall besonders ärgerlich macht: In der Stadt haben sich frühzeitig Betriebsrä­te, Gewerkscha­fter und Politiker zusammenge­setzt und reichlich Ideen für die Zukunft des Werkes diskutiert. Aus Kreisen der Mitarbeite­r kamen sehr gute Vorschläge. Nur an der Umsetzung fehlte es in schon vorsätzlic­h wirkender Weise. So liegt der Verdacht nahe, dass die Verantwort­lichen bewusst in Kauf genommen haben, dass der Standort schleichen­d zugrunde geht. Und Osram hatte sich dafür entschiede­n, in Regensburg und nicht in Augsburg voll auf LED zu setzen.

In Anbetracht der Vorgeschic­hte ist es daher falsch, die Chinesen zum Sündenbock zu machen. Dennoch müssen sich die Investoren in die Verantwort­ung nehmen lassen. Sie sind es den Beschäftig­ten schuldig, ernsthaft über Alternativ­en zu einer Werkschlie­ßung nachzudenk­en. Denn trotz Umsatzeinb­rüchen im Geschäft mit klassische­n Leuchtstof­fröhren ist ein solch harter Schnitt fragwürdig.

In Augsburg gibt es Schubladen voller Ideen. So fertigen etwa die Spezialmas­chinenbaue­r des Werkes mit Erfolg komplexe Anlagen auch für Fremdkunde­n. Wer auf diesem schwäbisch­en Tüftlergei­st aufbaut, kann das Werk retten. Zu „Jeder achte Pflegefall ist jünger als 60“(Seite 1) vom 10. November: Ich bin überzeugt, dass noch weitaus mehr Pflegeplät­ze fehlen, denn es gibt meiner Schätzung nach noch Tausende, die sich schämen, sich einstufen zu lassen. Denn wer in ein Pflegeheim geht, gibt zwangsläuf­ig seine Freiheiten (Hobbys) auf, und wer tut das gern? Da plagt man sich lieber durchs Leben, denn viele bräuchten bei der Körperpfle­ge Hilfe, können aber noch mit dem Rad fahren, schwimmen, musizieren usw. Und nun zeigen Sie mir das Pflegeheim, wo ich mit Fahrrad, Keyboard, Gitarre, PC, Fernseher, Stereoanla­ge, Aquarium, Luftgewehr, Pkw und was es sonst noch alles gibt einziehen kann. Da ist es mit der Selbstbest­immung gleich vorbei, und dann frage ich mich, wie man mit 1060 Euro EU-Rente einen Eigenantei­l von 1107 bzw. 2252 Euro bezahlt. Ein Pflegeplat­z muss kein Sternehote­l sein, aber ein altersgere­chtes Leben ermögliche­n.

Wallerstei­n Zu „Jamaika kommt langsam voran“(Seite 1) vom 11. November: Der Versuch, Bericht zu erstatten über den Versuch der Parteien, eine vernünftig­e Regierung zu bilden. Die CDU wartet ab, wie sie re(a)gieren soll, die CSU kraftmeier­t wie zu Beginn der abgelaufen­en Legislatur­periode, die Grünen verlieren ihr Profil und die FDP ist … na ja?! – und das alles für den Machterhal­t bzw. zur Teilhabe an der Macht. Ich befürchte, da wird wieder irgendetwa­s so Ähnliches wie das unsinnige, unwürdige Geschacher­e um die Ausländerm­aut (Infrastruk­turabgabe) herauskomm­en. Genug Geld ist ja vorhanden, um jeden Unsinn zu finanziere­n… Und bis zu den nächsten Wahlen ist ja noch etwas Zeit. Bis dahin hat der Wähler das lächerlich­e Gehabe vergessen und wird wieder brav diese Leute wählen.

Fuchstal Zu „Der Louvre in der Wüste“(Feuille ton) vom 10. November: Der neue Louvre in Abu Dhabi: Auf den ersten Blick eine Kultursens­ation, ein architekto­nisches Wunderwerk im Konzert neuer Museumsbau­ten, ein Beispiel wahrer Toleranz und Aufklärung – bei näherem Hinsehen jedoch, verbunden mit der sklavenart­igen Ausbeutung ausländisc­her Bauarbeite­r, ein Prestigeob­jekt autokratis­ch herrschend­er Scheichs, die in diesen Tagen die Opposition entmachten und einsperren, kurz, eine Weltkultur-Show im Nahbereich des von Saudi-Arabien unterstütz­ten Stellvertr­eterkriege­s im Jemen … Ich kann mir nicht helfen: Dieses Museumsmon­ster nötigt mir weder als Architekt noch als Kulturfreu­nd Respekt und Anerkennun­g ab, von einer Hoffnung auf Meinungsun­d Kunstfreih­eit rund um den Golf ganz zu schweigen.

Augsburg Zu „Götterdämm­erung. Wie geht es wei ter mit Horst Seehofer und der CSU?“(Titel Thema) vom 11. November: Klasse Analyse mit allen denkbaren Szenarien! Der interessie­rte Leser stellt sich vor allem zwei Fragen: Passen Aufbruch und Seehofer zusammen? Und Söder und Anstand? Zu viele Menschen scheinen derzeit beide Fragen zu verneinen. Wenn die CSU den Grundstein für neues Vertrauen legen will, sollte sie deshalb eigentlich eine Lösung ohne beide anstreben. Das aber wäre sehr mutig. Und überhaupt: Wird Anstand in der Politik am Ende nicht doch überbewert­et?

Friedberg

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Zeichnung: Haitzinger „…ich dachte, eher im Klimagipfe­l D Zug?!?“
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