Ein filmreifes Verbrechen
Zwei Profi-Skatspieler und der Fahrer eines Werttransporters inszenieren einen Überfall. Ein Teil der Millionenbeute fehlt noch immer. Welche Strafe der Staatsanwalt fordert
Zum Skat braucht man einen dritten Mann. So haben zwei professionelle Kartenspieler einen Mitspieler im Internet gesucht und gefunden. Beim Skat ist es nicht geblieben. Seit sieben Verhandlungstagen sitzt das Trio gemeinsam mit zwei weiteren Angeklagten vor der zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Ulm. Bei einem fingierten Raubüberfall, der schlichtweg filmreif war, haben sie sich eine Millionenbeute unter den Nagel gerissen. Auf die Männer warten möglicherweise hohe Gefängnisstrafen.
In einem sogenannten Saunaklub nahe Stuttgart hatten sich die drei Männer immer wieder in prickelnder Atmosphäre zu allerlei Spielchen getroffen. Zwei von ihnen lebten bis dahin vom Skatspiel und verdienten ihr Geld hauptsächlich im Internet. Zuletzt mehr schlecht als recht, sodass der dritte Mann ihnen wie ein Geschenk des Himmels vorkam. Er war Fahrer bei einer Stuttgarter Sicherheitsfirma und transportierte Millionenware. Weil auch der Fahrer Geld gebrauchen konnte, ließ er sich von den Skatprofis zu einem Coup überreden, der totsicher schien und die Männer auf einen Schlag zu Millionären machen sollte: ein fingierter Raubüberfall auf den Wertsachen-Transporter.
Wie der Staatsanwalt in seinem Plädoyer betonte, hatten die beiden Mitspieler des Fahrers den fingierten Überfall minutiös geplant. Zuvor hatte die Sicherheitsfirma den Auftrag bekommen, nach einer Ausstellung in einem Münchner Nobelhotel Schweizer Luxusuhren im Gesamtwert von mehreren Millionen Euro nach Stuttgart zu bringen. Dem Staatsanwalt zufolge waren die Uhren mindestens 4,9 Millionen Euro wert, ein vom Gericht beauftragter Gutachter sprach sogar von mehr als acht Millionen Euro. Dabei wurde eine der Uhr allein auf 650 000 Euro geschätzt.
Die Angeklagten wussten nichts vom Inhalt des Transports. Sie waren nur davon ausgegangen, dass es sich um eine wertvolle Fracht handeln musste. So war vor dem Abholtermin am 15. Januar dieses Jahres ein perfekt anmutender Plan ausgearbeitet worden. Tatort sollte der Parkplatz am Drackensteiner Hang auf der Autobahn A 8 sein.
der Beifahrer des Transports überredet worden war, sich zu beteiligen, war das letzte Hindernis für den Überfall beseitigt. Fahrer und Beifahrer packten die Ware in München in den mehrfach gesicherten Transporter und erreichten am späten Abend des 15. Januar den Rastplatz. Dort übernahmen die Hintermänner aus dem Stuttgarter Raum sowie aus Berlin und Köln das Kommando. Fahrer und Beifahrer ließen sich wie abgesprochen fesseln und in dem gepanzerten Transporter einsperren. Zuvor war die Beute in zwei Fahrzeuge umgeladen worden, die nach Berlin und Köln fuhren.
45 Minuten nach dem Überfall befreiten sich der Fahrer des Transporters und sein Beifahrer von den Fesseln, die beiden alarmierten die Polizei. Zwei der Drahtzieher wurden über den Mitteilungsdienst Whatsapp über den Verlauf infor- miert. Während ein Beutefahrzeug in Berlin ankam, machte sich der Kölner Autolenker mit zwei Dritteln der Beute aus dem Staub. Er wurde bis heute nicht gefunden. Sein Berliner Kompagnon nannte trotz mehrfacher Nachfragen während der Verhandlung den Namen des Abtrünnigen nicht. Der Rest der Beute war schon am Tag nach dem fingierten Überfall in einschlägigen Berliner Hehlerkreisen verkauft worden. Die Berliner Kriminalpolizei erfuhr durch einen Informanten von dem Coup, observierte den Verkäufer der Beute und nahm in wenig später fest. Kurz darauf saß die ganze Bande einschließlich der Fahrer hinter Gittern und konnte dem geplatzten Millionentraum nur noch hinterhertrauern.
Gleich am ersten Verhandlungstag räumten alle fünf Angeklagten ihre Schuld ein, in den Plädoyers ging es an den beiden letzten VerNachdem handlungstagen im Wesentlichen um die Höhe der Strafen. Der Staatsanwalt schöpfte aus den Vollen und beantragte hohe Freiheitsstrafen: von vier Jahren und sechs Monaten für den Fahrer und Beifahrer des Werttransporters und bis zu sieben Jahren für die Drahtzieher. Die Anträge der Verteidiger lagen zum Teil deutlich darunter. Eine Anwältin kritisierte in ihrem Plädoyer die mangelnden Sicherheitsstandards der Werttransportfirma: „Sie hat es den Tätern zu einfach gemacht“. Der Arbeitgeber der Fahrer trage eine Mitverantwortung für die Tat. Für ihren Mandanten, einen Angestellten des Unternehmens beantragte sie wegen Beihilfe zur Unterschlagung eine zweijährige Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, weil der Mann nicht vorbestraft ist.
Das Urteil wird am 23. November um 15 Uhr verkündet. Aus einem Streit in einem Zug hat sich eine körperliche Auseinandersetzung entwickelt. Das berichtet die Polizei. Ein 16-Jähriger und ein 17-Jähriger hatten in der Nacht auf Sonntag kurz nach Mitternacht offenbar ihre Füße auf Sitzen eines Regionalzugs mit dem Ziel Memmingen abgelegt. Der Zug stand abfahrbereit im Regionalbahnhof des Ulmer Hauptbahnhofs. Ein Mitarbeiter der Bahn ermahnte die Jugendlichen, welche ihre Füße von den Sitzen nahmen. Nach jetzigen Erkenntnissen mischten sich ein 51-Jähriger und ein 53-Jähriger in das Gespräch ein, beide waren alkoholisiert. Es entwickelte sich ein Streit mit den Jugendlichen. Dieser endete körperlich: Die beiden älteren Männer schlugen offenbar in Richtung des Kopfs des 16-Jährigen, der eine Rötung um das linke Auge erlitt. Die alarmierten Beamten nahmen alle Beteiligten mit auf Bundespolizeirevier, sodass der Zug abfahren konnte. Die beiden alkoholisierten Männer, die im Landkreis Neu-Ulm leben, müssen mit einem Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung rechnen. (az) O
Fahrgäste, die Angaben zum Hergang machen können, werden ge beten, sich bei der ermittelnden Bundes polizei unter der Telefonnummer 0731/140870 zu melden.