Nur die Stimme zählt
Vor zehn Jahren gewann Paul Potts überraschend eine britische TV-Talentshow. Doch statt in großen Arenen singt der Tenor nun auf kleineren Bühnen – wie in Neu-Ulm
Auf den Star des Abends müssen die Besucher im EdwinScharff-Haus ein bisschen warten. Ganz ohne Effekte, bescheiden und zurückhaltend taucht Paul Potts aus dem Halbdunkel der Bühne auf, stellt sich an das Mikrofon, das etwas zu hoch für den kleinen Mann eingerichtet ist. „Sorry, aber meine Schuhe sind nicht groß genug“, sagt Potts im gebrochenen Deutsch. Mit 16 Jahren hätte er die Sprache in der Schule gelernt, aber er habe vieles schon wieder vergessen. Der Engländer aus der Umgebung der Hafenstadt Bristol ist der Typ „netter Star von nebenan“. Doch eben diese Unvollkommenheit macht ihn auf Anhieb so sympathisch, wenn er etwa gesteht, dass er sich seit dem Beginn seiner Karriere schon recht alt fühlen würde und dabei seine Frau zitiert: „Da fühlst dich nicht alt, Paul – du bist alt.“
Das Warten auf Potts versüßte den Besuchern zuvor der Trompeter Kevin Papst mit einer „musikalischen Reise ins Land der Träume“: klassische Musik mit einem Hauch von Schlager, in etwas vorweihnachtlicher Romantik eingepackt. Vor einem schwarzen Vorhang, bestückt mit funkelnden Lichtern und zwischen Kerzenständern und weihnachtlichen Dekobäumen lieferten er und die beiden Sänger Ella Endlich und Ilja Martin einen durchaus unterhaltsamen Auftakt zum Konzert der „Winterträume“. Florian Schäfer am digitalen Klavier begleitete die Musiker.
Dann aber Potts. Schon zehn Jahre sind vergangen, seit er seine internationale Karriere durch die Castingshow „Britain’s Got Talent“, die Insel-Version vom „Supertalent“startete. Wie der heute 47-Jährige die Jury begeisterte, zeigt er auch bei seinem Auftritt in Neu-Ulm. Mit dem Titel „The Impossible Dream“beginnt er. Wie seine Kollegen, die eben zuvor noch auf der Bühne standen, überzeugt er durch sein Können – doch viel berührender sind Potts Interpretationen des Broadwayklassikers „Send in the Clowns“, das einst schon von Barbara Streisand gesungen wurde, oder des schmachtenden „Moon Ri- Edwin-Scharff-Haus gehört nun 2017 sicher nicht dazu. Und die nächsten Stationen sind auch nicht klangvoller: die Stadthallen von Bad Neustadt oder Korbach, eine ausgedehnte Dänemark-Tournee mit Stationen wie Tønder, Sønderborg oder Haderslev. Als Weltstar etabliert hat sich Potts nicht. Aber anders als die meisten „Supertalente“, „Superstars“und andere TV-Sternchen hat sich Potts auch ein Jahrzehnt nach seinem großen Moment einen eigenen Platz im Geschäft gesichert. Mit einem wenig überraschenden Repertoire, aber vor allem mit viel Gefühl statt bombastischer Effekthascherei. Da fassen sich auch schon mal Besucher gerührt an das Auge, oder lehnen sich verträumt im Konzertsessel zurück. Auf Kitscheffekte oder schauspielerische Einlagen verzichtet der behäbig wirkende Sänger ganz. Er beschränkt sich stattdessen auf sein eigentliches Kapital, die solide, glasklare Stimme. In der Podium-Bar des Theaters Ulm ist morgen, Mittwoch, um 19.30 Uhr das Gastspiel „Männe, hak’ mir mal die Taille auf“vom Musik-Comedy-Duo „Kommando Spartensprengung“zu sehen. Dahinter verbergen sich MusiktheaterDramaturg und Regisseur Benjamin Künzel, der zuletzt die Operette „Die Piraten von Penzance“inszenierte, und die Musicaldarstellerin Stefanie Dietrich, die sich aus Leidenschaft der Operette verschrieben hat. Zwischen Berliner Chansons und großstimmigen Operetten-Hymnen geht das Duo der Frage nach, wie man im schweren Geschäft der leichten Muse Karriere macht und erfolgreich den Operetten-Olymp erklimmt. (az) OVorverkauf
Karten an der Theater kasse oder unter theater.ulm.de. Eine verzweifelt ausgestreckte Hand, leere Schüsseln oder Menschen, die auf dürren Feldern die Ernte einsammeln: Die Bilder auf den Plakaten von Misereor und Brot für die Welt haben sich bei vielen im Gedächtnis eingeprägt. Wie sich die Bildsprache und Ziele der Hilfswerke über die Jahrzehnte verändert hat, das ist Thema einer Sonderausstellung im Museum für Brotkultur. Am Mittwoch, 22. November, findet um 12 Uhr eine Führung durch die aktuelle Schau statt. (az)