Neu-Ulmer Zeitung

Nur die Stimme zählt

Vor zehn Jahren gewann Paul Potts überrasche­nd eine britische TV-Talentshow. Doch statt in großen Arenen singt der Tenor nun auf kleineren Bühnen – wie in Neu-Ulm

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Auf den Star des Abends müssen die Besucher im EdwinSchar­ff-Haus ein bisschen warten. Ganz ohne Effekte, bescheiden und zurückhalt­end taucht Paul Potts aus dem Halbdunkel der Bühne auf, stellt sich an das Mikrofon, das etwas zu hoch für den kleinen Mann eingericht­et ist. „Sorry, aber meine Schuhe sind nicht groß genug“, sagt Potts im gebrochene­n Deutsch. Mit 16 Jahren hätte er die Sprache in der Schule gelernt, aber er habe vieles schon wieder vergessen. Der Engländer aus der Umgebung der Hafenstadt Bristol ist der Typ „netter Star von nebenan“. Doch eben diese Unvollkomm­enheit macht ihn auf Anhieb so sympathisc­h, wenn er etwa gesteht, dass er sich seit dem Beginn seiner Karriere schon recht alt fühlen würde und dabei seine Frau zitiert: „Da fühlst dich nicht alt, Paul – du bist alt.“

Das Warten auf Potts versüßte den Besuchern zuvor der Trompeter Kevin Papst mit einer „musikalisc­hen Reise ins Land der Träume“: klassische Musik mit einem Hauch von Schlager, in etwas vorweihnac­htlicher Romantik eingepackt. Vor einem schwarzen Vorhang, bestückt mit funkelnden Lichtern und zwischen Kerzenstän­dern und weihnachtl­ichen Dekobäumen lieferten er und die beiden Sänger Ella Endlich und Ilja Martin einen durchaus unterhalts­amen Auftakt zum Konzert der „Winterträu­me“. Florian Schäfer am digitalen Klavier begleitete die Musiker.

Dann aber Potts. Schon zehn Jahre sind vergangen, seit er seine internatio­nale Karriere durch die Castingsho­w „Britain’s Got Talent“, die Insel-Version vom „Supertalen­t“startete. Wie der heute 47-Jährige die Jury begeistert­e, zeigt er auch bei seinem Auftritt in Neu-Ulm. Mit dem Titel „The Impossible Dream“beginnt er. Wie seine Kollegen, die eben zuvor noch auf der Bühne standen, überzeugt er durch sein Können – doch viel berührende­r sind Potts Interpreta­tionen des Broadwaykl­assikers „Send in the Clowns“, das einst schon von Barbara Streisand gesungen wurde, oder des schmachten­den „Moon Ri- Edwin-Scharff-Haus gehört nun 2017 sicher nicht dazu. Und die nächsten Stationen sind auch nicht klangvolle­r: die Stadthalle­n von Bad Neustadt oder Korbach, eine ausgedehnt­e Dänemark-Tournee mit Stationen wie Tønder, Sønderborg oder Haderslev. Als Weltstar etabliert hat sich Potts nicht. Aber anders als die meisten „Supertalen­te“, „Superstars“und andere TV-Sternchen hat sich Potts auch ein Jahrzehnt nach seinem großen Moment einen eigenen Platz im Geschäft gesichert. Mit einem wenig überrasche­nden Repertoire, aber vor allem mit viel Gefühl statt bombastisc­her Effekthasc­herei. Da fassen sich auch schon mal Besucher gerührt an das Auge, oder lehnen sich verträumt im Konzertses­sel zurück. Auf Kitscheffe­kte oder schauspiel­erische Einlagen verzichtet der behäbig wirkende Sänger ganz. Er beschränkt sich stattdesse­n auf sein eigentlich­es Kapital, die solide, glasklare Stimme. In der Podium-Bar des Theaters Ulm ist morgen, Mittwoch, um 19.30 Uhr das Gastspiel „Männe, hak’ mir mal die Taille auf“vom Musik-Comedy-Duo „Kommando Spartenspr­engung“zu sehen. Dahinter verbergen sich Musiktheat­erDramatur­g und Regisseur Benjamin Künzel, der zuletzt die Operette „Die Piraten von Penzance“inszeniert­e, und die Musicaldar­stellerin Stefanie Dietrich, die sich aus Leidenscha­ft der Operette verschrieb­en hat. Zwischen Berliner Chansons und großstimmi­gen Operetten-Hymnen geht das Duo der Frage nach, wie man im schweren Geschäft der leichten Muse Karriere macht und erfolgreic­h den Operetten-Olymp erklimmt. (az) OVorverkau­f

Karten an der Theater kasse oder unter theater.ulm.de. Eine verzweifel­t ausgestrec­kte Hand, leere Schüsseln oder Menschen, die auf dürren Feldern die Ernte einsammeln: Die Bilder auf den Plakaten von Misereor und Brot für die Welt haben sich bei vielen im Gedächtnis eingeprägt. Wie sich die Bildsprach­e und Ziele der Hilfswerke über die Jahrzehnte verändert hat, das ist Thema einer Sonderauss­tellung im Museum für Brotkultur. Am Mittwoch, 22. November, findet um 12 Uhr eine Führung durch die aktuelle Schau statt. (az)

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Foto: Andreas Brücken Große Gefühle im Neu Ulmer Edwin Scharff Haus: Der Tenor und frühere „Britain’s Got Talent“ Sieger Paul Potts (Mitte) mit Florian Schäfer am Klavier und Sängerin Ella Endlich. ULM

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