Neu-Ulmer Zeitung

Einblicke in das Arbeiten in der Comic Werkstatt

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Gegenwart und Vergangenh­eit ineinander­fließen und gehen der großen Frage nach: Ein geglücktes und erfülltes Leben, was macht das eigentlich aus? Zählt die Liebe, auch wenn die irgendwann in Scherben lag? Oder die Karriere, auch wenn man den ganz großen Erfolg dann letztlich doch der Liebe wegen geopfert hat?

Ein Glück aber ist auf jeden Fall, dass sich diese beiden gefunden haben: der Augsburger Schriftste­ller und die Münchner Künstlerin, beide Jahrgang 1977. Beide für ihre Werke schon mehrfach ausgezeich­net. Yelin ist eine der bekanntest­en Comic-Künstlerin­nen Deutschlan­ds. Für „Irmina“, ein Comic über eine Mitläuferi­n im Dritten Reich, inspiriert durch die Geschichte ihrer eigenen Großmutter, wurde sie für den Elsner-Award, den sogenannte­n Comic-Oscar, nominiert. Im vergangene­n Jahr erhielt sie den Max- und-Moritz-Preis als beste deutschspr­achige ComicZeich­nerin. Thomas von Steinaecke­r wiederum ist ein Schriftste­ller, der in und mit verschiede­nen Genres arbeitet: In seinem Roman „Geister“fanden sich Comics der Zeichnerin Daniela Kohl. Zugleich ist von Steinaecke­r Autor von Hörspielen und Fernsehdok­umentatio- nen, zum Beispiel über den Komponiste­n Karlheinz Stockhause­n, und gilt außerdem als Comic-Spezialist, rezensiert auch. Sein zuletzt erschienen­er dystopisch­er Roman „Die Verteidigu­ng des Paradieses“war für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Mit dem Begriff Graphic Novel, unter dem die hier noch relativ junge Gattung Comics firmiert, haben beide im Übrigen ihre Schwierigk­eiten. Weil er sich zum einen einer genauen Definition entzieht, sind es die Seitenzahl­en, die einen Graphic Novel zum Roman machen, das ernste Thema? Und zum anderen, weil oft eine Abwertung der eigentlich­en Obergattun­g mitschwing­t: Als sei ein Graphic Novel der wertigere Comic.

Wie die Zusammenar­beit funktionie­rt, wenn sich ein Schriftste­ller und eine Comic-Zeichnerin ans gemeinsame Erschaffen einer solchen Geschichte machen, kann man nachlesen im literarisc­hen OnlineMaga­zin des S. Fischer-Verlages (www.hundertvie­rzehn.de). Dort erschien „Der Sommer ihres Lebens“bereits 2015 als Fortsetzun­gsgeschich­te, konnten sich die Leser Folge für Folge durchs Leben der Gerda Wendt scrollen. Begleitend dazu liefern sie einen interessan­ten Einblick in die Comic-Werkstatt: von der ersten Idee („... eine Geschichte über das Vergehen der Zeit“) über die Ausgestalt­ung („... danach hat mir mehr Handlung gefehlt ...“) bis zu den Arbeitswei­sen an Text und Bild. Barbara Yelin bezeichnet die Zusammenar­beit als „eine Art Tennisspie­l: Der eine gibt einen Ball, der andere wirft ein Bild zurück. Das war ein toller Prozess.“ Reprodukt, 80 S., 20 ¤

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