Als Neu Ulm neu erfunden wurde
Vor zehn Jahren wurde der 200-Millionen-Bau in Betrieb genommen. Der tiefer gelegte Bahnhof hat der Stadt Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet, von denen sie bis heute profitiert
Den Bahnhof tiefer legen und die Zahl der Gleise radikal verkleinern? Als Beate Merk (CSU) diese Idee im Oberbürgermeisterwahlkampf 1995 ins Spiel brachte, wurde dies von vielen Skeptikern als Hirngespinst belächelt. Acht Jahre später war Spatenstich für das Jahrhundertprojekt NU21, das das Gesicht der Stadt nachhaltig verändert hat und ihr ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten bot. Heute vor zehn Jahren wurde die offizielle Inbetriebnahme gefeiert – mit Tausenden Besuchern und viel Politprominenz wie dem damaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU), Bahnchef Hartmut Mehdorn und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Für die NeuUlmer war das Fest mit Freibier und Glühwein auch eine kleine Entschädigung, denn sie mussten vier Jahre während der Bauarbeiten Lärm, Dreck und Staus erdulden.
Doch der Stadt Neu-Ulm brachte NU 21 einen enormen Schub. Ein neuer, moderner Bahnhof wurde gebaut. Die Bahnanlagen wurden erheblich verringert – von 16 auf vier Gleise, zwei für den Regionalverkehr und zwei für die Fernzüge. Auf dem Bahntrog wurde der neue Zentrale Umsteigepunkt (Zup) für die Stadtbusse gebaut. Brücken wurden errichtet und verbreitert, Straßen erneuert, die Unterführungen an der Hermann-Köhl-Straße und der Reuttier Straße zurückgebaut. Und das Wichtigste: Durch die Tieferlegung der Bahn wurden 18 Hektar Fläche frei. Ein Teil davon wurde für die Landesgartenschau 2008 („Ganz schön Blume“) genutzt. Vor allem aber entstand Platz für neue Wohnungen. 890 sind schon fertig, viele weitere werden noch folgen. Heute leben auf den ehemaligen Bahnanlagen etwa 1300 Menschen. Wenn alles fertig ist, werden es 2300 sein. Und dort, wo früher das Bahnhofsgebäude aus den 50er-Jahren stand, wurde vor zweieinhalb Jahren die Glacis-Galerie eröffnet. Auch das Millionen-Vorhaben „Südstadtbogen“wäre ohne die Bahntieferlegung nicht möglich.
„Die Entscheidung für Neu-Ulm 21 war eine der wichtigsten Entscheidungen, die für und in unserer Stadt in der Vergangenheit getroffen wurden“, sagt Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) heute über das Projekt, das insgesamt 204 Millionen Euro gekostet hat. „Durch diese Entscheidung wurde der Neu-Ulmer Weg einer nachhaltigen Stadtentwicklung hinein ins 21. Jahrhundert bereitet.“NeuUlm habe sich ein innerstädtisches Entwicklungspotenzial eröffnet, das es so wohl nie wieder geben werde. „Die Erfahrung hat gezeigt: Histolang rische Gelegenheiten wie diese muss man beherzt ergreifen und mit Energie, Fleiß und auch einer gehörigen Portion Mut umsetzen.“
Und die Initiatorin von NU21, die heutige Europaministerin Beate Merk? „Neu-Ulm 21 ist die unglaubliche Geschichte, wie aus einer oft belächelten Idee mit Mut, einem kämpferischen Herzen, überparteilichem Zusammenhalt und einem nicht enden wollenden Optimismus etwas Großartiges entstehen kann: Freiraum für die Bürgerinnen und Bürger Neu-Ulms, Freiraum für eine barrierefreie Mobilität und Freiraum für eine Stadtentwicklung, wie es dem Oberzentrum Ulm/Neu-Ulm zu Gesicht steht“, sagt Merk heute. „Neu-Ulm 21 ist ein einzigartiges Geschenk für NeuUlm und seine Menschen. Ich bin glücklich, dass ich die Gunst der Stunde für meine Stadt nutzen konnte.“