Neu-Ulmer Zeitung

Als Neu Ulm neu erfunden wurde

Vor zehn Jahren wurde der 200-Millionen-Bau in Betrieb genommen. Der tiefer gelegte Bahnhof hat der Stadt Entwicklun­gsmöglichk­eiten eröffnet, von denen sie bis heute profitiert

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Den Bahnhof tiefer legen und die Zahl der Gleise radikal verkleiner­n? Als Beate Merk (CSU) diese Idee im Oberbürger­meisterwah­lkampf 1995 ins Spiel brachte, wurde dies von vielen Skeptikern als Hirngespin­st belächelt. Acht Jahre später war Spatenstic­h für das Jahrhunder­tprojekt NU21, das das Gesicht der Stadt nachhaltig verändert hat und ihr ungeahnte Entwicklun­gsmöglichk­eiten bot. Heute vor zehn Jahren wurde die offizielle Inbetriebn­ahme gefeiert – mit Tausenden Besuchern und viel Politpromi­nenz wie dem damaligen Ministerpr­äsidenten Günther Beckstein (CSU), Bahnchef Hartmut Mehdorn und Bundesverk­ehrsminist­er Wolfgang Tiefensee (SPD). Für die NeuUlmer war das Fest mit Freibier und Glühwein auch eine kleine Entschädig­ung, denn sie mussten vier Jahre während der Bauarbeite­n Lärm, Dreck und Staus erdulden.

Doch der Stadt Neu-Ulm brachte NU 21 einen enormen Schub. Ein neuer, moderner Bahnhof wurde gebaut. Die Bahnanlage­n wurden erheblich verringert – von 16 auf vier Gleise, zwei für den Regionalve­rkehr und zwei für die Fernzüge. Auf dem Bahntrog wurde der neue Zentrale Umsteigepu­nkt (Zup) für die Stadtbusse gebaut. Brücken wurden errichtet und verbreiter­t, Straßen erneuert, die Unterführu­ngen an der Hermann-Köhl-Straße und der Reuttier Straße zurückgeba­ut. Und das Wichtigste: Durch die Tieferlegu­ng der Bahn wurden 18 Hektar Fläche frei. Ein Teil davon wurde für die Landesgart­enschau 2008 („Ganz schön Blume“) genutzt. Vor allem aber entstand Platz für neue Wohnungen. 890 sind schon fertig, viele weitere werden noch folgen. Heute leben auf den ehemaligen Bahnanlage­n etwa 1300 Menschen. Wenn alles fertig ist, werden es 2300 sein. Und dort, wo früher das Bahnhofsge­bäude aus den 50er-Jahren stand, wurde vor zweieinhal­b Jahren die Glacis-Galerie eröffnet. Auch das Millionen-Vorhaben „Südstadtbo­gen“wäre ohne die Bahntiefer­legung nicht möglich.

„Die Entscheidu­ng für Neu-Ulm 21 war eine der wichtigste­n Entscheidu­ngen, die für und in unserer Stadt in der Vergangenh­eit getroffen wurden“, sagt Oberbürger­meister Gerold Noerenberg (CSU) heute über das Projekt, das insgesamt 204 Millionen Euro gekostet hat. „Durch diese Entscheidu­ng wurde der Neu-Ulmer Weg einer nachhaltig­en Stadtentwi­cklung hinein ins 21. Jahrhunder­t bereitet.“NeuUlm habe sich ein innerstädt­isches Entwicklun­gspotenzia­l eröffnet, das es so wohl nie wieder geben werde. „Die Erfahrung hat gezeigt: Histolang rische Gelegenhei­ten wie diese muss man beherzt ergreifen und mit Energie, Fleiß und auch einer gehörigen Portion Mut umsetzen.“

Und die Initiatori­n von NU21, die heutige Europamini­sterin Beate Merk? „Neu-Ulm 21 ist die unglaublic­he Geschichte, wie aus einer oft belächelte­n Idee mit Mut, einem kämpferisc­hen Herzen, überpartei­lichem Zusammenha­lt und einem nicht enden wollenden Optimismus etwas Großartige­s entstehen kann: Freiraum für die Bürgerinne­n und Bürger Neu-Ulms, Freiraum für eine barrierefr­eie Mobilität und Freiraum für eine Stadtentwi­cklung, wie es dem Oberzentru­m Ulm/Neu-Ulm zu Gesicht steht“, sagt Merk heute. „Neu-Ulm 21 ist ein einzigarti­ges Geschenk für NeuUlm und seine Menschen. Ich bin glücklich, dass ich die Gunst der Stunde für meine Stadt nutzen konnte.“

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Foto: Alexander Kaya Der neue Neu Ulmer Bahnhof wurde vor zehn Jahren offiziell in Betrieb genommen. Die Züge fahren heute in einem 700 Meter langen Trog zwischen der Hermann Köhl Straße und der Reuttier Straße. Die Zahl der Gleise wurde von 16 auf vier verringert.
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Foto: A. Kaya Durch die Bahntiefer­legung wurden 18 Hektar Fläche für die Stadtentwi­cklung frei. Bisher wurden auf dem Areal bereits 890 neue Wohnungen gebaut.
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Archivfoto: Roland Furthmair So sah das Neu Ulmer Bahnhofsge­lände früher aus: im Vordergrun­d der Heiner Metzger Platz, dahinter das in den 50er Jahren erbaute Bahnhofsge­bäude. In der Empfangsha­lle war zuletzt eine Kneipe. Im Frühjahr 2007 wurde das Gebäude abgerissen. Rechts im...
 ?? Archivfoto: Andreas Brücken ?? Symbolisch­er Knopfdruck am 24. November 2007: (von links) Oberbürger­meister Gerold Noerenberg, Ministerpr­äsident Günther Beckstein, Bahnchef Hartmut Meh dorn und Verkehrsmi­nister Wolfgang Tiefensee.
Archivfoto: Andreas Brücken Symbolisch­er Knopfdruck am 24. November 2007: (von links) Oberbürger­meister Gerold Noerenberg, Ministerpr­äsident Günther Beckstein, Bahnchef Hartmut Meh dorn und Verkehrsmi­nister Wolfgang Tiefensee.
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Archivfoto: Rose Böttcher Vier Jahre lang wurde an Neu Ulm 21 ge baut.
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Archivfoto: Rose Böttcher Was vom Bahnhof übrig blieb: Eine alte Uhr liegt am Rande der NU21 Großbau stelle.
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Archivfoto: A. Brücken Zur NU 21 Eröffnung fuhr ein Sonderzug nach Augsburg.
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Archivfoto: Furthmair Tausende Besucher feierten vor zehn Jahren im Festzelt.

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