Neu-Ulmer Zeitung

Merkel verurteilt Alleingang des Agrarminis­ters

Auch die Kanzlerin rüffelt Schmidt. Gefährdet er die Neuauflage der GroKo?

- VON MARTIN FERBER

Christian Schmidt gegen alle – und alle gegen Christian Schmidt. Vier Jahre lang fiel der Agrarminis­ter in Berlin kaum auf, doch nun hat der nur noch geschäftsf­ührend amtierende CSU-Mann mit seinem Alleingang in Brüssel bei der Entscheidu­ng über die weitere Zulassung des Unkrautver­nichters Glyphosat ein politische­s Beben ausgelöst, dessen Folgen noch nicht absehbar sind.

Nicht nur der potenziell­e Koalitions­partner SPD übt massive Kritik am Verhalten des Mittelfran­ken und stellt sogar die Große Koalition infrage auch in einer geschäftsf­ührenden Regierung „genauso einzuhalte­n“. Allerdings machte Merkel auch deutlich, dass sie die Entscheidu­ng selbst für gerechtfer­tigt halte. Sie sei in der Sache „anders als Frau Hendricks mehr bei Herrn Schmidt.“

Der Agrarminis­ter selbst hatte zuvor bereits eingeräumt, dass er die Kanzlerin vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Sein Votum habe er nicht mit der Regierungs­chefin abgestimmt: „Ich habe die Entscheidu­ng für mich getroffen und in meiner Ressortver­antwortung.“Dadurch habe er eine Reihe von Auflagen und Anwendungs­beschränku­ngen für Glyphosat durchsetze­n können. Mit einer Enthaltung in Brüssel, so Schmidt weiter, „hätten wir de facto den Kommission­svorschlag ohne die Möglichkei­t dieser Verbesseru­ngen durchgewun­ken.“

Diese Argumentat­ion stößt in der SPD auf massive Kritik. Mehr noch: Der potenziell­e Koalitions­partner geht auf Distanz und stellt die Frage, ob man unter diesen Umständen überhaupt noch mit der Union über die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen sprechen könne. SPDFraktio­nschefin Andrea Nahles und andere führende Sozialdemo­kraten sprachen von einem „schweren Vertrauens­bruch“, einem „Schlag ins Kontor“und einer „Belastung“. Vereinzelt ertönte sogar der Ruf nach einer Entlassung Schmidts.

Umweltmini­sterin Hendricks sprach von einem „Affront“und forderte die Kanzlerin auf, auf die SPD zuzugehen. Merkel müsse dafür sorgen, dass der „wirklich große Vertrauens­verlust, der jetzt eingetrete­n ist, geheilt wird“. Sonst hätten Gespräche über eine gemeinsame Regierungs­bildung „keinen Zweck“. Schmidt habe zwar versucht, sich bei ihr zu entschuldi­gen. „Aber ich hab ihm gesagt, dass man so blöd eigentlich nicht sein könnte.“

Mit der Aufregung um Schmidt beschäftig­t sich auch der

Weitere Fakten und Hintergrün­de finden Sie in der

Mit Umweltpräm­ien von mehr als einer Milliarde Euro will die Bundesregi­erung Fahrverbot­e in deutschen Großstädte­n verhindern. Entscheide­nd sei nun, dass die Fördermitt­el zügig und unbürokrat­isch verfügbar gemacht würden, betonte Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl gegenüber unserer Zeitung. Wörtlich sagte er: „Dieselfahr­verbote schränken die Mobilität der Menschen ein und sind nur die Ultima Ratio. Deshalb ist das Sofortprog­ramm in Höhe von einer Milliarde Euro zur Umsetzung von Maßnahmen zur Luftreinha­ltung ein wichtiger Schritt.“

Ob Logistik-Konzepte, Angebote für Carsharing oder Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s: Die Entlastung­en für die Luftreinha­ltung, so Gribl, müssten möglichst kurzfristi­g wirken. Auch die Autoindust­rie bleibe in der Verantwort­ung für technische Verbesseru­ngen. Bei einem Spitzentre­ffen von Bund, Ländern und Kommunen hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel weitere Finanzhilf­en über die bereits beschlosse­ne Milliarde hinaus zugesagt. Eine solche „Verstetigu­ng“der Förderung werde sie in die Verhandlun­gen zur Bildung einer neuen Regierung einbringen. Lesen Sie dazu auch den von Bernhard Junginger und einen Bericht in der Haben Sie Fragen und Anregungen? Sprechen Sie mit der Redaktion. Heute ist für Sie zwischen 14 und 15 Uhr am Telefon:

Sarah Schierack (Wirtschaft)

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