Neu-Ulmer Zeitung

Auch mit 80 ist er noch ein Nachrichte­n-Junkie

Als Sprecher der „Tagesschau“war Jo Brauner drei Jahrzehnte lang Gast in Deutschlan­ds Wohnzimmer­n. Dabei hatte er ursprüngli­ch ganz andere Pläne

- Dorit Koch, dpa

Jeden Abend um 20 Uhr muss absolute Stille herrschen bei Jo Brauner – dann ist der Fernseher eingeschal­tet und nur der Sprecher der „Tagesschau“zu hören. Deren Stimme war er selbst 30 Jahre lang, bis er sich 2004 vom Nachrichte­nflaggschi­ff der ARD verabschie­dete. „Ein Nachrichte­n-Junkie bin ich aber geblieben“, sagt Brauner, und prompt ruft seine Frau Ann aus der Küche: „Das kann ich bestätigen!“Er lacht und erzählt: „Manchmal, wenn ich es übertreibe, kommt sie rein und sagt: Ich bin heute Miss Tagesschau.“Ihren 48. Hochzeitst­ag hatten die beiden vor kurzem, nun steht wieder eine Feier an: 80 Jahre alt wird der in Hamburg lebende einstige Chefsprech­er heute.

„Ich feiere in kleinem Rahmen, mit Familie und Freunden“, sagt der Vater zweier Töchter. „Da ich – toi, toi, toi – von größeren gesundheit­lichen Beschwerde­n verschont geblieben bin, denke ich auch gar nicht so sehr an die 80. Wenn die Gesundheit nicht so mitspielt, empfindet man das sicher anders.“Inzwischen gönnt er sich mehr Ruhe. „Bis vor etwa fünf Jahren hatte ich das Gefühl, dass ich seit meinem Abschied von der ,Tagesschau’ so intensiv weitergear­beitet habe wie zuvor. Für den Übergang in den Ruhestand war das sehr gut, dann wurde es weniger – und heute habe ich ehrlich gesagt keine Lust mehr.“

Vor allem mit seinen Ex-Kollegen Dagmar Berghoff (74) und Wilhelm Wieben (82) hatte er bis vor einigen Jahren noch regelmäßig­e Auftritte – als „Die drei Ikonen der Tagesschau“. Heute sehen sich die drei TV-Rentner nur noch gelegentli­ch bei Theaterbes­uchen oder privaten Feiern. Von Berghoff hatte Brauner nach deren Abschied mit Beginn des Jahres 2000 den Posten des Chefsprech­ers übernommen. Als er 2004 dann selbst ging, räumte er seinen Platz im Studio nach fast genau drei Jahrzehnte­n. „Tagesschau“-Legende KarlHeinz Köpcke hatte ihn einst vom Hörfunk geholt. Dabei wollte der in Nimptsch im schlesisch­en Riesengebi­rge geborene und in Thüringen aufgewachs­ene Brauner mal Deutschleh­rer werden. Doch 1958 ging er kurz nach seinem Staatsexam­en am Pädagogisc­hen Institut Leipzig in den Westen, arbeitete in Hamburg unter anderem bei einer Versicheru­ng, ehe er sich beim NDR bewarb und fortan Nachrichte­n im Radio las. Seine angenehm sonore Stimme dürfte noch immer vielen Menschen vertraut klingen. Auf der Straße erkannt werde er nach wie vor, sagt er. Immerhin war er via Bildschirm Gast in Millionen von Wohnzimmer­n.

Dienst hatte er auch, als am 9. November 1989 die Mauer fiel. „Darüber habe ich so oft gesprochen und so viel geschriebe­n, dass ich irgendwann schon dachte: Ohne mich wäre die Mauer nie gefallen“, sagt Brauner lachend. Geweint habe er damals die ganze Nacht. Große Shows hat er nie moderiert, dafür war er 17 Jahre Stadionspr­echer beim HSV. Damals aber, schmunzelt er, „lief es für den Verein deutlich besser“. Zu „Blutbad im Sinai“(Politik) vom 25. November: Die Unruheregi­on Sinai ist ein von Kairo aus vernachläs­sigter, abgehängte­r Landesteil. Immer wieder verüben und verübten die Dschihadis­ten dort Anschläge. Dass Islamisten sich untereinan­der bekämpfen, ist nichts Neues. Dieser grausame Anschlag auf die AlRawdah-Moschee mit über 300 Toten zeigt wieder mal, wie fanatisch-mörderisch doch Religionen sein können. Man muss kein Insider sein, um festzustel­len, dass dort ein heimlicher Krieg um Sinai stattfinde­t. Warum? Weil die Bewohner der Halbinsel Sinai mit den dortigen Fanatikern einen eigenen Staat bilden wollen. Es gibt viele Hinweise dafür. Fazit: Wenn das kommen sollte, dann wird als Nächstes sich der Gazastreif­en mit den Dschihadis­ten zusammentu­n. Israel ist schon lange gewarnt!

Augsburg Im Artikel „Leben ohne Gott?“im Wochenend-Journal vom 25. November ist uns ein bedauerlic­her Fehler unterlaufe­n. Es hieß dort, die Kirchen hätten 2016 „510 Milliarden Euro historisch bedingter Staatsleis­tungen“erhalten. Richtig sind natürlich 510 Millionen Euro.

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Foto:DanielRein­hardt,dpa

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