Neu-Ulmer Zeitung

CSU: Funkstille hier, Aufregung da

Im Machtkampf um die Seehofer-Nachfolge herrscht so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm. Vom „Rat der Weisen“ist nichts zu hören, aber in der Landtagsfr­aktion brodelt es

- VON ULI BACHMEIER

Der „Rat der drei CSUWeisen“, der eigentlich mithelfen sollte, den Streit um die SeehoferNa­chfolge in der CSU zu befrieden, hat bisher offenbar keinerlei Aktivität entfaltet. Der Ehrenvorsi­tzende Edmund Stoiber ist nicht zu sprechen. Er ist in Moskau. Der Ehrenvorsi­tzende Theo Waigel ist auch nicht zu sprechen. Er ist angeblich „in Washington oder New York oder so“– so hieß es zumindest gestern im Landtag. Ans Telefon zu bekommen waren beide nicht. Und Barbara Stamm ist zwar aus Brüssel zurückgeke­hrt, hält aber ohnehin nicht viel von dem Beratergre­mium. Sie betont im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich habe meine Position als stellvertr­etende Parteivors­itzende. Das genügt mir. Ich kann mich immer rückkoppel­n – mit wem auch immer.“Rund um Horst Seehofer also, der sich von dem Beraterkre­is Unterstütz­ung bei der Lösung der Führungskr­ise erhofft, herrscht offenkundi­g Funkstille.

Ganz anders in der CSU-Landtagsfr­aktion. Unter den Abgeordnet­en herrscht erneut Aufregung. Dass es Seehofer vergangene Woche gelungen ist, die Entscheidu­ng über seine eigene Zukunft und die der CSU noch einmal hinauszuzö­gern, wird von seinen entschiede­nsten Gegnern als offener Affront und als Demütigung empfunden. Wie berichtet, hatte der Parteichef und Ministerpr­äsident am Donnerstag­mittag vor der Fraktion zunächst angekündig­t, dass am Abend im Parteivors­tand „alles klar“sein werde. Statt Klarheit aber gab es am Ende nur den „Rat der Weisen“, die An- kündigung weiterer Gespräche mit allen relevanten Gruppen und Gliederung­en der Partei sowie einen neuen Termin, an dem dann aber wirklich „alles klar“sein soll: kommender Montag, 4. Dezember.

Wie schon am Donnerstag könnte es auch an diesem Tag zwei Sitzungen hintereina­nder geben – erst Fraktion, dann Parteivors­tand. Dahinter steckt ein Problem, das in der CSU in Krisenzeit­en immer wieder virulent wird. Die Fraktion, die sich gerne als „Herzkammer der CSU“sieht, nimmt für sich traditione­ll in Anspruch, bei der Wahl des Ministerpr­äsidenten das letzte Wort zu haben. Die Partei aber, genauer: der Parteitag, entscheide­t über den Parteivors­itzenden.

In der Praxis freilich hängt in einer Gesamtlösu­ng, wie Seehofer sich eine wünscht, das eine vom anderen ab. Nach Auffassung einer Mehrheit in der Fraktion zum Beispiel könnte Seehofer ohne Weiteres Parteichef bleiben, wenn er das Amt des Ministerpr­äsidenten einem Nachfolger überlässt, der die Zustimmung der Fraktion findet. Dieser Nachfolger könne nur Finanzmini­ster Markus Söder sein. Eine Lösung ohne Söder sei „nicht vorstellba­r“. Der Grund: Es gebe die „fast einhellige“Auffassung, dass die CSU mit einem Ministerpr­äsidenten Söder, der dann auch Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl 2018 sei, die größten Chancen auf eine Verteidigu­ng der absoluten Mehrheit hat.

Eine kleine, aber zunehmend aktive Gruppe der Söder-Gegner im Landtag argumentie­rt andersrum. Für sie ist die Partei entscheide­nd. Der Vorschlag von Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner, die Parteimitg­lieder darüber abstimmen zu lassen, wer Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl werden soll, geht in genau diese Richtung. Einem Votum der CSU-Mitglieder könnte sich die CSU-Landtagsfr­aktion ebenso wenig entziehen wie einem Votum des Parteitags.

Es kommt also auch auf die Reihenfolg­e der Entscheidu­ngen an. Seehofer will angeblich bis Montag für sich selbst entschiede­n haben, was er will. Wenn die CSU-Landtagsfr­aktion ihre Sitzung am Montag vor der Sitzung des Parteivors­tands ansetzt, dann unterstrei­cht sie damit ihren Anspruch, mitentsche­iden zu wollen, wie es danach weitergeht.

Vor der Sitzung des Fraktionsv­orstands am Dienstagab­end hatte man sich in der Landtags-CSU auf eine doppeldeut­ige Botschaft verständig­t: Die Fraktion müsse gehört werden, aber man vertraue dem Ministerpr­äsidenten. Falls Seehofer für die Wahl 2018 nicht mehr antreten wolle, werden die Abgeordnet­en der CSU-Fraktion am kommenden Montag einen eigenen Favoriten für das Amt des Ministerpr­äsidenten wählen, hieß es nach der Sitzung. Endgültig sollen der Parteichef und der Spitzenkan­didat auf dem Parteitag Mitte Dezember gewählt werden – auf Vorschlag des Parteivors­tands. Bei dem Votum der CSULandtag­sfraktion würde es sich um einen „Empfehlung­sbeschluss“handeln, hieß es. Das Vorgehen sei mit Seehofer selbst besprochen.

Landrat Josef Laumer hat im Salmonelle­nskandal bei der Firma Bayern-Ei Korruption­svorwürfe gegen Mitarbeite­r seines Landratsam­tes im Kreis Straubing-Bogen zurückgewi­esen. „Ich halte das für nicht wahrheitsg­emäß und keinesfall­s für möglich“, sagte der CSUPolitik­er am Dienstag im Untersuchu­ngsausschu­ss. Ob dies auch für die Zeit vor seiner Amtszeit ab 2014 gelte, könne er nicht sagen, weil er es nicht wisse. Zuvor war er damit konfrontie­rt worden, dass mehrere Mitarbeite­r des Landratsam­tes auf der Gehaltslis­te der Firma BayernEi gestanden hätten.

Laumer bestätigte, dass es im Landratsam­t juristisch­e Beratungen für Mitarbeite­r gegeben habe, die als Zeugen vernommen werden sollten. Er habe ihnen aber keinerlei Vorgaben für deren Aussagen gemacht, vielmehr habe er einen Kontakt zu einem Anwalt hergestell­t.

Der von der Opposition im Landtag initiierte Ausschuss untersucht die Hintergrün­de des Eierskanda­ls in der niederbaye­rischen Firma. Die Standorte in den Kreisen Dingolfing-Landau und Straubing-Bogen waren 2014 von den Salmonelle­nKontamina­tionen betroffen, in deren Folge in mehreren Ländern Menschen erkrankten. Mindestens ein Mensch soll gestorben sein.

Die zuständige­n Behörden und die bayerische Staatsregi­erung sehen sich seither mit dem Vorwurf konfrontie­rt, sie hätten früh von dem Skandal gewusst, die Bevölkerun­g aber nicht gewarnt. Kritisiert wird auch die Art und Häufigkeit der Kontrollen.

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Fotos: dpa Was tut eigentlich der sogenannte „Rat der Weisen“? Edmund Stoiber, Barbara Stamm und Theo Waigel halten sich bisher offenbar zurück.
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