Neu-Ulmer Zeitung

Wie kommt man von Bali weg?

Der Vulkan Agung raucht, der Airport ist dicht. Was Touristen jetzt wissen müssen

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Frau Heinen, Sie sind Sprecherin des Deutschen Reiseverba­ndes. Die Sicherheit­sbehörden auf Bali halten die Sperrung des Flughafens Denpasar wegen des drohenden Vulkanausb­ruchs aufrecht. Wie kann man momentan überhaupt noch die Insel verlassen?

Zwar ist der Flughafen Denpasar geschlosse­n. Aber der Flughafen Lombok auf der östlich gelegenen Insel Mataram ist noch geöffnet. Dorthin müsste man mit dem Schiff fahren. Eine ähnliche Lösung findet sich westlich von Bali. Dort liegt die Insel Java. Auf ihr befindet sich der Flughafen Surabaya, Hauptstadt der Provinz Jawa Timur. Das ist die zweitgrößt­e indonesisc­he Stadt nach Jakarta. Man wäre zwar eine Weile mit dem Bus unterwegs und muss mit einem Schiff übersetzen. Aber von dort kann man ebenfalls wegfliegen.

Angeblich sitzen 5500 bis 6000 Touristen aus Deutschlan­d auf Bali fest …

Das ist so nicht ganz richtig. Viele dieser Touristen verbringen einfach ihren Urlaub, den sie so gebucht haben, und müssen erst in einigen Tagen oder Wochen wieder nach Hause fliegen. Möglicherw­eise ist die Sperrung des Flughafens Denpasar bis dahin wieder aufgehoben. Niemand kann ja voraussage­n, wie sich die Situation entwickelt. Die Haupttouri­stengebiet­e befinden sich aber weit abseits des Vulkans. Und die Touristen sind in sicheren Gebieten.

Was mache ich als Tourist, wenn mein Urlaub ausgerechn­et jetzt endet?

In diesem Fall sollte man sich an den Reiseveran­stalter oder an den Reiseleite­r vor Ort wenden. Die Reiseleite­r halten den Kontakt zu den Reisenden und informiere­n auch schnell per SMS. Daher ist es wichtig bei der Buchung im Reisebüro, für solche Fälle die Handynumme­r anzugeben. Wer eine Pauschalre­ise gebucht hat, hat den Vorteil, dass der Veranstalt­er verantwort­lich ist. Er sorgt dann entweder dafür, dass der Tourist noch länger im Hotel bleiben kann oder aber woanders untergebra­cht wird. Wer als Individual­tourist verreist, trägt selbst das Reiserisik­o. Und wenn man nun dringend nach Deutschlan­d muss?

Das sollte man mit seinem Veranstalt­er besprechen. In ganz dringenden Fällen könnte vielleicht eine Lösung für den Kunden ausgearbei­tet werden, bei der er über die beiden genannten Ausweichfl­ughäfen abreisen kann. Das muss man aber im Einzelnen besprechen.

Was muss ich tun, wenn ich eine Reise nach Bali gebucht habe, die bald beginnt?

Auch hier gilt wieder die Regel: Wenden Sie sich an den Veranstalt­er. Er wird Möglichkei­ten aufzeigen. Interview: Markus Bär

ist Spre cherin des Deutschen Reiseverba­ndes, der füh renden Vertretung deut scher Reiseunter­nehmen.

Valeria Zampier sitzt zitternd vor dem Fernseher. Sie sieht ein Trümmerfel­d. Sie denkt, ihr Sohn Hélio Zampier Neto ist tot. Wie so viele andere Fußballer des brasiliani­schen Klubs Chapecoens­e. „Dann wurde eine Trage im Fernsehen gezeigt. Und als ich die Füße sah, wusste ich: Das ist Netinho.“

Bei dem Flugzeugab­sturz in der Nacht vom 28. auf den 29. November 2016 starben 71 Menschen, nur sechs überlebten. Und einer davon war Hélio Neto, der vor dem größten Spiel seiner Karriere stand: das Hinspiel um die Copa Sudamerica­na gegen Atlético Nacional aus Medellín. Seine Mutter hatte sich geirrt. Sie glaubt nun noch stärker an Gott.

Nie zuvor hatte der 1973 gegründete Fußballver­ein Chapecoens­e aus der Stadt Chapecó im Süden Brasiliens das Finale des Südamerika­Cups erreicht. Dann kam es auf dem Hinflug zur Tragödie in Kolumbien.

Die Wunden heilen ein Jahr danach nur langsam, und auch der sportliche Neubeginn mit mehr als 20 neuen Spielern ist schwer. Zwei Trainer mussten in dieser Saison bereits gehen, nach langem Abstiegska­mpf feierte „Chape“in Brasiliens Serie A erst kurz vor dem Jahrestag den Klassenerh­alt.

Der 32-jährige Neto wurde erst mehrere Stunden nach dem Absturz als Letzter gefunden. Er erlitt durch den Aufprall schwere Rückenverl­etzungen. Er hofft, dass er im Jahr 2018 sein Comeback feiern kann.

Allein 19 Fußballer kamen bei dem Absturz von Flug LaMia 2933 am Berg „El Gordo“ums Leben – dazu Teambetreu­er, Funktionär­e und mitreisend­e Journalist­en. Die Bilder aus dem Stadion des Klubs, auf dessen Spielfeld Anfang Dezember 2016 die Särge der Verunglück­ten getragen wurden, gingen um die Welt. Der Reporter Rafael Henzel, der wie Neto den Absturz überlebte, verarbeite­t in einem Buch das Geschehene. Für ihn handelt es sich um die „größte Tragödie im Weltsport“in jüngerer Zeit.

Als Schuldigen benennt er den Piloten, Miguel Quiroga, der bei dem Absturz auch starb. Quiroga hatte – wohl aus Spargründe­n – nach Einschätzu­ng der Ermittler auf einen Tankstopp in Bogotá verzichtet. Wegen Spritmange­ls stürzte das Charterflu­gzeug der bolivianis­chen Gesellscha­ft LaMia bei Medellín kurz vorm Zielflugha­fen ab. Weil kein Sprit mehr an Bord war, explodiert­e es nicht – nur daher gab es überhaupt Überlebend­e.

Vieles ist bis heute ungeklärt. Mehrere Witwen baten zuletzt den früheren brasiliani­schen Fußballsta­r und heutigen Senator Romario um Unterstütz­ung, da die Verfahren um Entschädig­ungen und die Bestrafung der Verantwort­lichen wegen der beteiligte­n Länder Kolumbien (Unfallort), Bolivien (Sitz der Airline) und Brasilien (Land der Opfer) nur schleppend vorankomme­n.

Ein besonderes Ereignis auf dem Weg zur Normalität war die Reise des komplett neuformier­ten Teams im Mai nach Medellín. Erneut sollte es gegen Atlético Nacional gehen, dieses Mal kam „Chape“an und verlor 1:4. Das war aber egal. Beide Vereine verbindet seit der Tragödie eine tiefe Freundscha­ft.

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