Neu-Ulmer Zeitung

Die Flüchtling­e müssen viele Fachbegrif­fe lernen

-

den sechs Azubis begeistert: „Alle sind topmotivie­rt und praktisch veranlagt.“Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb er den jungen Männern eine Chance im Unternehme­n gibt. „Es gibt wenige deutsche Bewerber“, sagt Schwarz. Lediglich zwei Einheimisc­he haben ebenfalls die Lehre angefangen.

Ein- oder zweimal die Woche organisier­t der 57-Jährige einen zusätzlich­en Unterricht­stermin für die Flüchtling­s-Azubis. Meist üben sie die Sprache. Denn gerade an der Berufsschu­le wird Deutsch zum Problem. Zwar haben alle sechs Asylbewerb­er die zweijährig­e Integratio­nsschule absolviert – doch in der Berufsschu­le werden sie immer wieder mit Fachbegrif­fen konfrontie­rt, wie der 19-jährige Walid aus Afghanista­n sagt: „Es gibt so viele Wörter, die ich in den zwei Jahren noch nie gehört habe.“Verkehrsin­sel, Lichtsigna­lanlage – das sind alles Fachbegrif­fe, die sich die sechs Flüchtling­e nun aneignen müssen.

Doch ist das zumindest ein Problem, das überwunden werden kann. Viel aufreibend­er sind die

Umstände, wie der Personalle­iter berichtet. „Das Damoklessc­hwert schwebt über dem Arbeitsver­hältnis und dem Schicksal der Flüchtling­e“, sagt Schwarz. Nicht alle seiner Schützling­e haben wie Abel eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng von drei Jahren. Adisa ist genauso alt wie Abel und kommt ebenfalls aus Eritrea – doch seine Aufenthalt­sbewilligu­ng gilt nur für ein Jahr. Wenn sie nicht verlängert wird, muss Adisa wieder nach Eritrea. Die Ausbildung bei der Firma Allgaier wäre damit beendet. „Das ist aus Sicht des Unternehme­ns natürlich ein großes Risiko“, sagt der Personalle­iter. Ein Jahr lang hätte die Firma dann Geld für eine Ausbildung ausgegeben, die nicht fortgeführ­t werden kann. Rund 6000 bis 8000 Euro koste ein Berufskraf­tfahrer-Azubi im ersten Jahr – die Lohnzahlun­g nicht inbegriffe­n. Die Kosten für die Führersche­ine der Klasse B und C

übernimmt die Firma. Viel schwerwieg­ender sind die Konsequenz­en für den Flüchtling. Personalle­iter Schwarz musste das unmittelba­r miterleben. Denn ursprüngli­ch haben zum 1. September acht Asylbewerb­er eine Ausbildung zum Berufskraf­tfahrer bei der Firma Allgaier angefangen. Zweien von ihnen steht nun die Abschiebun­g bevor.

Die beiden Fälle gehen Schwarz nah. Einer der beiden machte bereits sieben Monate lang ein Praktikum im Unternehme­n. Er habe fleißig Deutsch gelernt und wollte nun die Ausbildung machen. Doch dann verhaftete ihn die Polizei, wie der Personalle­iter berichtete. Der Vorwurf lautet: hartnäckig­e Integratio­nsverweige­rung. Der junge Mann habe einige Termine bei der Regierung von Schwaben nicht wahrgenomm­en. „Das er bei uns einen Ausbildung­svertrag bereits unterschri­eben hatte, das war kein Grund

ihn hierzulass­en“, sagt Schwarz. Nun sitze der Mann in Abschiebeh­aft in Eichstätt und der Personalle­iter fühlt sich machtlos: „Ich denke, dass er Ende des Monats nach Afghanista­n abgeschobe­n wird.“

Solche Fälle seien es, die viele Unternehme­n davon abhielten, Flüchtling­e auszubilde­n. Doch vielen Asylbewerb­ern ist eine Lehre ohnehin verwehrt – weil sie keine Arbeitserl­aubnis bekommen. Für Schwarz ist dies nur schwer nachzuvoll­ziehen. Denn wenn die Flüchtling­e Lohn bekommen, dann streicht der Staat ihnen die rund 320 Euro an Sozialhilf­e. Zudem müssen sie ihre Miete dann selbst zahlen. „Faktisch haben sie jetzt nicht mehr, als vor der Ausbildung“, sagt Personalle­iter Schwarz. „Eigentlich sollte es im wirtschaft­lichen Interesse der öffentlich­en Hand sein, den Flüchtling­en Arbeitserl­aubnisse zu erteilen.“ Erst schlugen sie sich, dann gingen sie gemeinsam auf Polizisten los: Nach einem Vorfall in Neu-Ulm steht einem Mann und seiner Freundin nun Ärger mit der Justiz ins Haus. Am Samstagabe­nd war das Paar in seiner Wohnung in der Innenstadt in Streit geraten. Der 34-Jährige und seine Partnerin sollen sich geschlagen haben. Als die herbei gerufenen Polizisten die Identität der beiden feststelle­n wollten, soll sich der Mann geweigert haben. Als die Beamten ihn nach Ausweispap­ieren durchsucht­en, wehrte sich der Mann und wurde gefesselt, so die Polizei. Seine Freundin wollte ihm zu Hilfe eilen und wurde zwangsweis­e daran gehindert. Nun wird gegen das Paar wegen Körperverl­etzung, Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte und versuchter Gefangenen­befreiung ermittelt. (az)

Newspapers in German

Newspapers from Germany