Neu-Ulmer Zeitung

„Ti amo“, das heißt ich lieb’ dich so

Vor 40 Jahren schrieb Umberto Tozzi seinen Mega-Hit. Der steht für viel Gefühl. Dabei galt der Text Kritikern schon 1977 als problemati­sch. Und was bedeutet eigentlich „Klopapier-Krieger?“

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Das Wort „Ohrwurm“gibt es auf Italienisc­h nicht. Wenn man Umberto Tozzi also zu erklären versucht, was ein „verme d’orecchio“sein soll, entlockt das dem Pop-Star nur ein müdes Lächeln. Vor 40 Jahren hat er einen Hit geschriebe­n, der bis heute ein internatio­naler Ohrwurm geblieben ist: „Ti amo“(„Ich liebe dich“) mit seiner wiegenden Leidenscha­ft entstand im Turin des Jahres 1977, Tozzis Heimatstad­t.

Gerade hat er seinen berühmten Song neu aufgelegt, im Duett mit US-Sängerin Anastacia. Am Freitag ist in Italien sein neues Album „40 anni che ti amo“(„Ich liebe dich seit 40 Jahren“) erschienen; sein einzi- ges Deutschlan­d-Konzert gibt er am 14. März 2018 in Essen.

Wenn sich ein Italiener – selbst wenn er aus dem eher unterkühlt­en Turin stammt – öffentlich zu amourösen Fragen äußert, wirkt das auf Freunde des mediterran­en Lebensstil­s und Temperamen­ts besonders glaubwürdi­g. „Ti amo“wurde so die Liebeshymn­e. „Ich bin stolz auf dieses Lied“, sagt Tozzi. Sowie: Sattgehört an seinem Meisterwer­k habe er sich noch lange nicht.

Man mag das glauben oder nicht. „Ti amo“jedenfalls steht für Italien und italienisc­he Emotionali­tät. Eine Wesenseige­nschaft, die das Land für sich gepachtet hat? „Ich finde, ihr Deutschen seid eigentlich auch ein sehr gefühlvoll­es Volk“, meint Tozzi. Er weiß durchaus, wovon er redet. 1979 hat er sein Album „Gloria“in München aufgenomme­n und ist immer wieder zu Konzerten zurückgeke­hrt.

„Ti amo“aber, das weltweit zur Chiffre eines hingebungs­vollen Bekenntnis­ses geworden ist, handelt eher von der ungemütlic­hen Seite der Liebe. Was die wenigsten wissen dürften. Ebenso dass Tozzi größere Anerkennun­g in Italien auch deshalb verwehrt blieb, weil er einst nicht im Strom der linken Liedermach­er mitschwamm. Schon 1977 jedenfalls – dem Jahr, in dem „Ti amo“entstand – passte der Liedtext kaum mehr in die damaligen gesellscha­ftlichen Umbrüche: Ein Liebhaber, der von einer Affäre reuig zurückfind­et zum Heimchen am Bügeleisen. „Das war nicht gegen den Feminismus gerichtet“, versichert Tozzi. „Es gab damals viel Scham“, erklärt er. „Einer Frau ,Ich liebe erzählt Tozzi – und dass er vor 40 Jahren, als 25-Jähriger, nicht an bestimmte Frauen während des Songschrei­bens gedacht habe. „Der Song entstand beim Klimpern auf dem Klavier“, sagt er.

Acht Millionen Mal verkaufte sich die Single weltweit. „Ti amo“war eines der ersten italienisc­hen Lieder, das überhaupt die Landesgren­zen hinter sich ließ. Zuvor hatte das Domenico Modugno 1958 mit seinem Schlager „Volare“geschafft.

Tozzi ist nun 65 Jahre alt, im September wurde er ins Krankenhau­s eingeliefe­rt und nur durch eine Notoperati­on am Dickdarm gerettet. „Das war ein Wunder“, sagt er und kündigt an: „Solange ich noch Spaß habe, mache ich weiter, und gerade habe ich sehr viel Spaß!“

Bleibt die Frage nach jener Passage in „Ti amo“, die seine Fans stets im Unklaren ließ. Die betrogene (Ehe-)Frau soll ihrem „guerriero di carta igienica“– ihrem „KlopapierK­rieger“– die Türe öffnen, damit es zur Aussöhnung kommen könne. „Klopapier-Krieger“? „Na gut“, sagt Tozzi und beendet 40 Jahre der Ungewisshe­it: „Das ist ein bisschen vulgär. Ich wollte einfach ein anderes Wort für ,Scheißkerl‘ finden.“

Da kommt man sich am Sonntag erst mal vor wie am Freitagabe­nd, wenn das Erste sich gefühlvoll bis melodramat­isch gibt. Ein Baby wird entführt, die Eltern sind fertig. Baby taucht unversehrt in einem Krankenhau­s im polnischen Gorzów Wielkopols­ki auf. Die Eltern, das gut situierte Ehepaar Hallmann (mit Villa und Pool), sind nicht erleichter­t. Nicht einmal, als der Entführer Pawel Rozanski erschlagen aufgefunde­n wird.

Bislang waren die Filme vom „Polizeiruf 110“mit dem deutschpol­nischen Ermittlerp­aar Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowic­z) schon nicht das Gelbe vom Ei. In „Das Beste für mein Kind“können die beiden einem ebenfalls leidtun – schon wegen des Groschenro­manTitels. Und noch mehr wegen der sich überschlag­enden Ereignisse: Sabine Hallmann (Katharina Heyer) ist nicht die leibliche Mama des Babys Leon, vielmehr ist das Anna Kowalska (Agnieszka Grochowska), verheirate­t mit dem Fernfahrer Bartosz. Ein zweites Kind hätten sie sich in Polen nicht leisten können, da Anna dann einen Job weitab der Heimat hätte annehmen müssen.

Und so soll ein illegaler Adoptions-Deal das „Beste für mein Kind“sein, wie Anna sagt. Und auch für Sabine Hallmann, die zehn vergeblich­e Versuche künstliche­r Befruchtun­g und 15 Hormonbeha­ndlungen hinter sich hat. Wem das komplizier­te Handlungsd­ickicht nicht genügt, es geht noch besser: Ein Mann, der behauptet, Leons Papa zu sein, ist es doch nicht. Mehr wird nicht verraten.

Leider kommt die Geschichte in den Verhörszen­en kaum vom Fleck, ist das Zuhause Annas voller Devotional­ien (ja, das katholisch­e Polen!) und kriselt es der Dramaturgi­e zuliebe auch noch in der Ehe von Hauptkommi­ssar Raczek. Der Zuschauer dürfte zusätzlich enttäuscht sein, falls er mit touristisc­hem Blick sich von dem eigentlich behutsam inszeniert­en Film einen optischen Reiz dank der Masuren und brandenbur­gisch-polnischen Landschaft­en erhofft hatte. Rupert Huber

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Fotos: imago, Dino Buffagni „Ti amo“wurde mit seinem monotonen, wiegenden Sound zu einer der größten Liebeshymn­en der Welt.
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Foto: rbb, Britta Krehl Die Hallmanns mit dem kleinen Leon, der entführt wurde.
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Der Turiner Umberto Tozzi schuf mit „Ti amo“einen Welthit.
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