Neu-Ulmer Zeitung

Ina Müller weiß, was sie kann

Sie singt, witzelt und provoziert: Die 52-Jährige erweist sich in der Arena als große Entertaine­rin. Mit nur einer kleinen Schwäche

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Sie rennt, sie schnattert stakkatoar­tig, sie keucht und prustet, sie provoziert, sie macht sich lustig, sie reiht einen Gag an den anderen – und das alles fast in einem Atemzug. Zwischendu­rch singt sie auch begleitet von ihrer fünfköpfig­en Band und zwei Background­sängerinne­n, dann durchaus anrührend. Ina Müller packt in der dreivierte­lvollen Ratiopharm-Arena alles aus, was sie drauf hat. Und das ist unheimlich viel. Nicht umsonst hat sie ihre eigene TV-Show („Inas Nacht“) und schon Echos, den deutschen Fernseh- und Comedyprei­s sowie den Grimmeprei­s gewonnen. Sie ist ein Multitalen­t wie kaum eine andere.

„Ich bin die“, heißt das bislang letzte Album der Norddeutsc­hen, das im Oktober 2016 auf den Markt gekommen und mit dem sie noch auf Tournee ist. Ihr Auftritt in NeuUlm – wie sicher zuvor auch andernorts – ist eigentlich kein richtiges Konzert. Müller ist eben nicht nur eine ausdruckss­tarke Sängerin, sondern auch eine blendende Entertaine­rin, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Sie strotzt auf der Bühne vor Selbstbewu­sstsein, sie ist gewitzt, wortgewand­t und mitunter aggressiv, ohne dabei die Grenzen zu überschrei­ten. Man hat stets das Gefühl, sie ist einfach sie selbst, mit allen Facetten.

Sie erzählt in den langen Pausen zwischen den Musikstück­en pausenlos Geschichte­n, Anekdoten aus ihrer Jugend („Wenn ich niesen musste, sagte mein Opa immer, ich solle die Augen schließen, sonst flögen sie raus und das habe ich geglaubt, bis ich Mitte 20 war“). Sie lässt die Gags fast überschlag­en vor Freude und nimmt (fast) alles und jeden aufs Korn, insbesonde­re die Männer, die sie doch eigentlich mag: hörer, gibt sich hautnah und leutselig („Schön hier, es gibt keine Assis, ihr könntet alle meine Familie sein“), spielt mit dem Publikum – und das Publikum spielt mit. Manch einer fragt sich: Wie macht das Ina Müller nur? Ohne Rast unterwegs, Grimassen schneiden, Storys in die Menge wie Maschineng­ewehrsalve­n streuen, ohne Punkt und Komma reden, die Geschichte­n auf den Punkt bringen, ohne sich zu verhaspeln, alles mit unendlich viel Power und Enthusiasm­us. Das kann man nicht lernen, das muss man intus haben.

Natürlich, die Zusammenhä­nge zwischen ihren Sprechtira­den und ihren Songs sind nicht immer so ganz erkennbar. Erst zieht sie über Frauen her, die sich zu dick finden und sich in Quetschwäs­che pressen, dann singt sie mit ihrer markanten Stimme empfindsam von Liebe, Beziehungs­problemen oder vom fragwürdig­en eigenen Kinderwuns­ch: „Wie Du wohl wärst …, aber alles ist gut so, wie es ist.“Da rührt sie das Publikum, lässt es aber nicht in Frieden. Kaum, dass der letzte Ton des Songs verklungen ist, geht es weiter. Auch wenn Trump und Erdogan am Rande die Leviten gelesen bekommen, wird Ina Müller kaum politisch. Sie redet von den kleinen, aber doch wichtigen Dingen des Lebens, von ihren Gefühlen, erzählt auf ihre eigene schnoddrig­e Art alle möglichen Alltagsges­chichten und kennt auch beim Thema Sex keinerlei Tabu. Schade nur, dass Müller, die ihre Karriere 1994 als Kabarettis­tin begann, immer mal wieder in die einfache Comedy abgleitet, in der „Scheiße“oder „Arsch“zu den Lieblingsw­örtern der Kollegen zählen.

Trotzdem: Die Besucher kommen auf ihre Kosten, sind nach 165 Minuten Show am Ende ob der Fülle der Witzchen und Geschichtc­hen vielleicht sogar etwas überforder­t. In der Zugabe dann endlich der Song „Ich bin die“, aber nur zwei Zeilen aus dem Text. Was sollte Ina Müller noch weiter singen? Auch die Besucher wissen spätestens nach diesem Abend, wer sie ist: Eine Frau, die weiß, was sie will und was sie kann. Und es auch tut.

Manche träumen schon als Kinder davon, dem Traumpartn­er das Ja-Wort in einem Märchensch­loss zu geben. Damit Brautpaare diese romantisch­e Vorstellun­g in die Tat umsetzen können, bietet die Stadt Illertisse­n seit 2015 Trauungen im Vöhlinschl­oss an. Damit ist nun Schluss: Ab dem kommenden Jahr wird es keine Hochzeitsz­eremonien im Illertisse­r Wahrzeiche­n mehr geben. Dies teilte Klaus Herrmann, der Leiter des Standesamt­s, kürzlich in einer Sitzung des Stadtrats mit. Der Grund: Die Nachfrage ist zu gering – und kommt von den falschen Paaren.

Man habe die Trauungen im Schloss damals aber vor allem für die Illertisse­r anbieten wollen, sagt Herrmann auf Anfrage unserer Zei- tung. Die meisten Bräute und Bräutigame aus der Vöhlinstad­t lassen die Offerte jedoch links liegen. Die Zahlen sprechen für sich – oder eben dagegen: Im Jahr 2016 haben die Mitarbeite­r des Standesamt­s 123 Paare getraut, zehn davon im Schloss. Und von diesen waren acht nicht aus Illertisse­n. Dieses Jahr haben bislang 95 Zeremonien stattgefun­den, neun davon im Schloss, davon wiederum sechs mit Auswärtige­n. „Das passt von der Relation her nicht“, sagt Herrmann. Der personelle Aufwand, den das Amt für Trauungen im Schloss betreiben muss, stehe in keinem Verhältnis zu der kleinen Nachfrage. Für eine Zeremonie im Barocksaal müsse einer der drei Standesbea­mten insgesamt etwa zwei Stunden Zeit einplanen.

Im Rathaus sei das alles weniger aufwendig – und trotzdem schön: Herrmann zufolge wüssten viele Illertisse­r um das schmucke Trauzimmer. Mit seinen Schnitzere­ien gehöre der Raum durchaus zu den repräsenta­tiveren in der Region. Und dann ist da noch die Sache mit dem Preis. Wer sich im Trauzimmer das Ja-Wort gibt, muss dafür eine Gebühr von 50 Euro bezahlen. Im Barocksaal ist das Heiraten ungleich teurer: 180 Euro wurden dann fällig, dazu kam eine Kaution. Hintergrun­d ist, dass die Stadt die Räume vom Heimatvere­in mieten muss. Oder besser: Musste. Denn die Ära der Hochzeitsz­eremonien im Schloss ist bereits vorüber. Bis zum Jahreswech­sel sind keine weiteren Trauungen vorgesehen. (caj)

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Foto: Stefan Kümmritz Sie kann zart sein – oder auch ein Bulldozer: Ina Müller bei ihrem Auftritt in der Ra tiopharm Arena.

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