Schulz spielt die Europa Karte
Die 20-Prozent-SPD muss in die GroKo gehen, um die EU zu retten – mit dieser Botschaft versucht der Chef, seine Partei auf die Regierungsbank zu bekommen. Doch die Sozialdemokraten wirken verunsichert und planlos
Die gewaltige dunkelblaue Limousine zieht die Blicke auf sich – vor allem das Preisschild verblüfft. „Da müsste ich nur ungefähr bis zur Rente mein ganzes Gehalt überweisen“, sagt die junge Delegierte mit dem Kurzhaarschnitt. Trocken antwortet ihr Begleiter: „Oder Ministerin werden, dann kriegst du den als Dienstwagen.“Exakt 143689 Euro und sechs Cent kostet der Audi – so wie er dasteht, mitten im Foyer der Berliner Messehalle, die passenderweise den Spottnamen „schönste Garage Berlins“trägt. Wo gerade die SPD beim richtungsweisenden Parteitag mit sich ringt. Zwei Rolltreppen höher geht es um die Frage, ob die Zukunft der Sozialdemokratie in der Opposition liegt – oder aber in der Regierung, in einer Neuauflage der Großen Koalition. Der Ingolstädter Autobauer, der sich wie andere Unternehmen und Verbände im Foyer präsentiert, scheint auf Letzteres zu setzen. Und stellt mit dem Modell A8 in Langversion gleich ein typisches Regierungsfahrzeug aus.
Doch die Straße, die zu einer neuen GroKo führt, das zeigt sich beim „Martin, du bist immer wieder eingebrochen. Wer soll das hier jetzt noch glauben?“Die Rednerliste ist lang, und erbitterte GroKo-Gegner wechseln sich ab mit jenen, die sich Gesprächen mit der Union nicht verschließen wollen. Darunter viele Sozialdemokraten aus der ersten Reihe.
Olaf Scholz etwa, Hamburgs Erster Bürgermeister, sagt mit Blick auf die gescheiterte Jamaika-Runde: „Wenn die das nicht hinkriegen, können wir uns nicht verweigern.“Auch Stephan Weil, der wiedergewählte Ministerpräsident von Niedersachsen, hat keine Angst vor einer Großen Koalition, gerade hat er in Hannover selbst eine geschlossen. „Eine Partei, die um Verantwortung kämpft und die auch bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, braucht sich vor nichts zu fürchten.“Andrea Nahles richtet sich an die Jusos mit der Frage: „Was soll am Umsetzen unseres Wahlprogramms in Realpolitik unehrlich sein?“
Auch abseits der Debatte im großen Saal zeigt sich, wie gespalten die Meinungen sind. Bei 36 Stunden lang im Wasserbad gegartem Rindfleisch auf Kartoffelstampf, die Portion