Er hat nur seinen Job gemacht
Nicht mehr lang, und Deniz Yücel sitzt ein Jahr lang in der Türkei in Haft. Bis vor kurzem isoliert wie ein höchst gefährlicher Schwerkrimineller. Ihm wurde bisher keine Möglichkeit gegeben, sich gegenüber einem unabhängigen Gericht zu rechtfertigen. Er hat seinen Job gemacht, hat auch unbequeme Wahrheiten über die Türkei und ihren unumschränkten Führer Recep Tayyip Erdogan geschrieben. Das machte ihn in den Augen der türkischen Führung terrorverdächtig. Internationale Proteste prallen an ihr ab. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der in dem Fall angerufen wurde, wird von den Behörden in Ankara hingehalten.
Der Fall Yücel ist ein Skandal, genauso wie der der aus Ulm stammenden Journalistin Mesale Tolu und all der anderen in der Türkei unschuldig festsitzenden Deutschen. Wie lange sollen sie noch in der Haft leiden? teilt. „Natürlich ist es schön, dass es jetzt einen Menschen gibt, mit dem ich mich unterhalten kann“, schreibt Yücel.
In seinem Brief, in dem er auf viele Zuschriften persönlich eingeht, bedankt er sich unter anderem für Zuspruch und Unterstützung. Da er außer an seine Frau Dilek Mayatürk-Yücel, die er im April in Haft geheiratet hatte, keine Briefe versenden dürfe, wolle er mit dem öffentlichen Brief antworten. Einer Schreiberin versichert er: „Das hier ist keine Folterhölle“. Allerdings gebe es Schikanen, die kalt und steril seien. Aus seinem Gefängnis-Alltag berichtet Yücel etwa, dass er den Strom selber bezahlen müsse, der Friseurbesuch aber umsonst sei. Er habe seinen Schnauzbart abrasieren lassen, schaue am liebsten Naturfilme und versuche, seine Zelle mit getrockneten Chilischoten, Dill und Petersilie aufzuhübschen.
Die türkische Regierung hält die lange Untersuchungshaft für gerechtfertigt. Das geht aus einer türkischen Stellungnahme beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Maßnahmen gegen den Journalisten seien „notwendig und angemessen“, heißt es darin.
Der jüngst aus der Haft in der Türkei entlassene deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner wandte sich mit einem offenen Brief an den Journalisten. „Ich rufe dir zu: ,Du schaffst das!‘, heißt es darin unter anderem.