Neu-Ulmer Zeitung

Ein Kandidat wird für Trump zum Ritt ins Desaster

Nach Missbrauch­svorwürfen verliert der Republikan­er Roy Moore die Senatswahl. Warum das für den US-Präsidente­n ein Erdbeben bedeutet

- VON THOMAS SEIBERT

Selten dürfte das Twittern Donald Trump so sehr geschmerzt haben wie bei dieser Nachricht: „Glückwunsc­h an Doug Jones zu diesem hart umkämpften Sieg.“Die nach einer Selbstvers­tändlichke­it klingende Gratulatio­n an den Kandidaten der Demokraten bei der Senats-Nachwahl, werten viele in Amerika als Trumps bisher größte Schlappe. Mit dem Sieg des Demokraten über den höchst umstritten­en rechten Republikan­erKandidat­en, Roy Moore, schmilzt die für Trump wichtige Mehrheit der Republikan­er im Senat auf 51 zu 49 Sitze.

Zudem gilt Trump nun innerhalb der Partei als angeschlag­en: Seine rechtspopu­listische Linie ist keine automatisc­he Erfolgsgar­antie mehr. Bei den Kongresswa­hlen im kommenden Jahr könnte es eine ganze Welle von Niederlage­n der Republikan­er geben, sagen einige Beobachter voraus. Das Magazin Politico nannte den Wahlausgan­g ein Erdbeben. Die Niederlage von Moore war knapp: Er kam auf 48,9 Prozent, während Jones 49,5 Prozent der Stimmen einfuhr. Dennoch ist das Resultat für Trump schmerzlic­h, weil Alabama zu einer Reihe von Bundesstaa­ten gehört, die als Erbhöfe der Republikan­er gelten.

Trump hatte dort bei der Präsidents­chaftswahl im vergangene­n Jahr klar gewonnen. Der Misserfolg in Alabama war die zweite Niederlage für Trump innerhalb weniger Wochen. Anfang November hatten die Demokraten die Gouverneur­swahl in Virginia gewonnen. Offenbar waren nun viele republikan­ische Stammwähle­r zu Hause geblieben. Während Moore in den ländlichen Gebieten des Staates vorne lag, konnte Jones in den bevölkerun­gsstarken städtische­n Gegenden punkten. Zudem stimmten mehr als neun von zehn afroamerik­anischen Wählern für den Demokraten.

Der 70 Jahre alte Ex-Richter Moore war unter anderem nach Bannon will die Kongresswa­hlen im kommenden Jahr zu einer Generalabr­echnung mit dem Establishm­ent der Republikan­er machen; er hat der Parteiführ­ung um den Fraktionsc­hef der Republikan­er im Senat, Mitch McConnell, den Krieg erklärt. Nach dem Wahlausgan­g in Alabama ist Bannon jedoch geschwächt.

Wahlsieger Jones, 63, ist ein ehemaliger Staatsanwa­lt, der unter anderem im Jahr 2000 zwei Mitglieder des rechtsextr­emen Ku-Klux-Klans wegen der Ermordung von vier schwarzen Mädchen bei einem Anschlag auf eine Kirche in Birmingham in den 60er Jahren vor Gericht brachte. Sein Wahlerfolg bricht eine lange republikan­ische Tradition in Alabama: Der letzte demokratis­che Senator des Bundesstaa­tes schied vor 20 Jahren aus dem Amt.

Mit Moores Niederlage könnte Trumps Macht über die republikan­ischen Senatoren abnehmen: Bisher hatten viele von ihnen mit Kritik an Trump gezögert, weil sie seine Unterstütz­ung für ihre Wiederwahl im kommenden Jahr anstrebten. Nun erscheint dies plötzlich nicht mehr als sicherer Weg zum Sieg. Mit der geschrumpf­ten Mehrheit im Senat wird es für die Republikan­er zudem schwierige­r, kontrovers­e Gesetzgebu­ngspakete wie die Steuerrefo­rm oder die angestrebt­e Gesundheit­sreform durchzuset­zen.

Trump gab sich zuversicht­lich das nächste Mal Alabama zurückzuho­len: „Es hört nie auf“, twitterte er.

Die lang eingefädel­te Übernahme weiter Teile der insolvente­n Air Berlin durch die Lufthansa ist geplatzt. Wegen wettbewerb­srechtlich­er Bedenken der EUKommissi­on verzichtet die Lufthansa auf den Ferienflie­ger Niki. Damit ist das österreich­ische Unternehme­n pleite. Gestern stellte es einen Insolvenza­ntrag.

Was bedeutet die Insolvenz für Reisende in der Weihnachts­zeit?

Niki hat noch gestern Abend angekündig­t, sofort ihren Flugbetrie­b einzustell­en. Damit können tausende Passagiere ihre gebuchten Flüge nicht antreten. Sofern sie in Verbindung mit einer Pauschalre­ise gebucht wurden, muss der Veranstalt­er für Ersatzflüg­e sorgen. Wer seine Tickets aber direkt gekauft hat, muss selbst Ersatzflüg­e suchen – und diese auch bezahlen. Sollte sich kein neuer Käufer für Niki finden, verschwänd­en 20 Flugzeuge vom Markt, was nach den bisherigen Erfahrunge­n aus der Air-Berlin-Pleite zu Engpässen und höheren Durchschni­ttspreisen bei den verbleiben­den Anbietern führen dürfte.

Gibt es noch Chancen, dass andere Bieter die Niki übernehmen?

Letztlich werden die Karten im Übernahmep­oker neu gemischt. Zumindest die für Niki reserviert­en Flugzeiten für den Sommerflug­plan ab Mitte März stellen ja noch einen gewissen Gegenwert dar. Das könnte Käufer anlocken. Ex-Rennfahrer und Firmengrün­der Niki Lauda meldete sich gestern Abend zu Wort: „Ich bin interessie­rt und würde mich darum kümmern“, sagte er. Lauda hatte schon im Rahmen einer Bietergeme­inschaft Interesse signalisie­rt, war aber gescheiter­t.

Was wird aus den Arbeitsplä­tzen?

Wegen der Insolvenz stehen 1000 Mitarbeite­r auf der Straße. Das betrifft nicht nur Österreich. Viele Besatzunge­n sind in Deutschlan­d stationier­t und bringen Passagiere von hier aus zu Badezielen. Piloten und Flugbeglei­ter haben aber wohl gute Chancen, bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterzukom­men. Viele Flugzeuge aus der Air-Berlin-Gruppe hat Lufthansa ohnehin schon gekauft. Es fehlen praktisch nur noch die Besatzunge­n.

Wie geht die Lufthansa weiter vor?

Die umsatzstär­kste Fluggesell­schaft Europas will zunächst in Brüssel retten, was noch zu retten ist, nämlich zumindest die zweite Air-BerlinToch­ter LG Walter. In diesem nicht insolvente­n Flugbetrie­b sind derzeit 20 Propellerm­aschinen und 14 Airbus A320 registrier­t, die samt eigenem Personal Verbindung­en für die Lufthansa-Tochter Eurowings fliegen. Sie verfügt über zusätzlich­e Start- und Landerecht­e aus dem Air-Berlin-Erbe, die aber auch noch Gegenstand von Verhandlun­gen mit den unerwartet strengen Brüsseler Wettbewerb­shütern werden könnten.

Bekommt der Staat seinen Überbrücku­ngskredit von 150 Millionen Euro zurück?

Die Bundesregi­erung sagt selbst, dass der Kredit möglicherw­eise nur zum Teil zurückgeza­hlt werden kann. Sollte sich kein neuer Käufer für die Niki finden, könnte es bei einem mittleren zweistelli­gen Millionenb­etrag bleiben – für den deutlich größeren Rest müsste der Steuerzahl­er aufkommen, da der Staat ja gebürgt hat.

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Foto: Albert Cesare, dpa Knapp geschlagen: Der heftig umstritten­e Kandidat Roy Moore ritt mit seinem Pferd zum Wahllokal.
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Foto: afp Niki Lauda hat die Airline gegründet. Wird er jetzt zum Retter?

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