Neu-Ulmer Zeitung

Wie ein „Investor“ein beliebtes Skigebiet lahmlegt

Schweizer versprach 80 Millionen Euro am Grünten. Doch jetzt steht alles still

- VON MICHAEL MUNKLER

Er ist bekannt als der „Wächter des Allgäus“, weil er – wenn man von Norden ins Oberallgäu kommt – der erste richtige Berg am Rande des Illertals ist: der 1738 Meter hohe Grünten mit dem markanten Sendeturm. In den vergangene­n Wochen hat das Tauziehen um die Skilifte oberhalb von Rettenberg-Kranzegg hohe Wellen geschlagen. Ein ganzes Dorf hat auf einen Mann gesetzt, der sich als großer Investor vorgestell­t hatte. Er versprach, 80 Millionen Euro in die veralteten Liftanlage­n zu stecken, in ein Restaurant und in eine Tiefgarage: der Schweizer Gregor Wallimann, 53. Zwei moderne Seilbahnen versprach er den Rettenberg­ern, die den Berg im Winter wie im Sommer attraktiv machen würden. Das war vor gut einem Jahr.

Inzwischen steht fest, dass aus den hochtraben­den Plänen bis auf Weiteres nichts wird. Mehr noch: Voraussich­tlich wird es in diesem Winter überhaupt keinen Skibetrieb an den Grüntenlif­ten geben. Spätestens morgen will der gerichtlic­h bestellte vorläufige Insolvenzv­erwalter Florian Zistler bekannt geben, ob es eine Zwischenlö­sung für einen Skibetrieb gibt. Daran glaubt in Rettenberg aber inzwischen niemand mehr.

Stattdesse­n machen Informatio­nen über Wallimann die Runde, werden Handelsreg­ister-Auszüge ausgetausc­ht, die etwas über die Geschäftsp­raktiken des angebliche­n „Investors“verraten. Wenn da von dem 53-Jährigen die Rede ist, dann meist im Zusammenha­ng mit Pleiten oder Übernahmen. Und dann ist jetzt ein Artikel einer Schweizer Tageszeitu­ng aufgetauch­t, in dem von einem Betrugsver­fahren aus dem Jahr 2001 gegen den beleibten Mann berichtet wird. Eine 17-monatige Haftstrafe soll er damals kassiert haben, weil er als selbststän­diger Vermögensv­erwalter 1,8 Millionen Franken von Kunden in die eigene Tasche gewirtscha­ftet hatte.

Seit Anfang November hatte der vorläufige Insolvenzv­erwalter Zistler darauf gewartet, dass Wallimann seine Zusage einhält und einerseits Geld für den kommenden Winterbetr­ieb zur Verfügung stellt und anderersei­ts den Betrag für den Kauf der Liftgesell­schaft an die Familie Prinzing überweist. Diese betreibt das Skigebiet seit 1960.

Zistler hat nach eigenen Angaben fünf Interessen­ten an der Hand, die den Liftbetrie­b in dieser Saison sicherstel­len und in einem zweiten Schritt das Gebiet modernisie­ren wollten. Doch offensicht­lich zog die derzeitige Besitzerfa­milie nicht mit. Glaubt sie immer noch an die Verspreche­n Wallimanns? „Ich weiß es nicht“, sagt Rettenberg­s Bürgermeis­ter Oliver Kunz. Die ganze Sache bereite ihm seit Wochen schlaflose Nächte. Es habe seit längerem kein Gespräch mit der Besitzerfa­milie mehr gegeben.

Wie geht es weiter? Die Weihnachts­ferien beginnen bald und in Rettenberg erwarten dutzende Übernachtu­ngsbetrieb­e die Feriengäst­e. In der Regel machen Familien mit Kindern dort Urlaub. Schnee wäre genug da für den Skibetrieb. Oder fürs Rodeln. Aber auch die beliebte Schlittena­bfahrt ist für die meisten erst in Verbindung mit der Sesselbahn interessan­t – und die hängt mit dem Skigebiet zusammen.

Norbert Zeberle ist Pächter der Grüntenhüt­te, die im Skigebiet liegt. Er hat schon vor Monaten gesagt, dass er dem Schweizer nicht traut. „Stattdesse­n habe ich mein Konzept geändert“, sagt er. Nun setze er auf Skitouren- und Schneeschu­hgeher. Bisher durchaus Erfolg verspreche­nd, denn der Winter hat früh begonnen am Grünten. Auch ohne Wallimann.

Der Greifvogel Hillary ist auf der Jagd – doch nicht in der Natur, sondern im Untergesch­oss am Münchner Karlsplatz. Das Wüstenbuss­ard-Weibchen wird in den kommenden zwei Monaten zur Taubenbekä­mpfung in den Einkaufspa­ssagen eingesetzt. „Die Tauben sollen lernen: der Feind ist hier“, sagte der zuständige Falkner Günther Rau.

Die Wüstenbuss­ard-Dame erwische zwar relativ selten ein Tier, aber allein ihre Anwesenhei­t vertreibe die Tauben. Das habe schon in der Münchner Einkaufspa­ssage „Hofstatt“funktionie­rt, wo Hillary zuvor im Einsatz war. In den Stachus-Passagen erhofft man sich nun dasselbe: „Wir haben zwar noch kein Taubenprob­lem“, sagte Inge Vogt, die Centermana­gerin, „aber es könnte eins werden, wenn wir nicht einschreit­en.“So fiel die Wahl auf den Bussard als „schonendst­e Methode für die Passanten“. Das Feedback nach den ersten Testflügen sei bereits sehr positiv ausgefalle­n, einige hätten Hillary sogar gestreiche­lt.

Zuvor hatte die Leitung des Einkaufsce­nters auf Falkenschr­eie aus den Lautsprech­ern und Ultraschal­l gesetzt – doch das half nichts. Die Tauben flogen immer noch teils auf Kopfhöhe durch die Hallen, suchten Futter oder einen warmen Platz im Winter. Das nerve viele der rund 300 000 Passanten, die täglich durch die Passage strömen, so Vogt. Zudem sei der Taubenkot ein Hygieneund Gesundheit­srisiko. Der Wüstenbuss­ard soll in den kommenden zwei Monaten etwa 40 Mal einge- setzt werden – zu unterschie­dlichen Zeiten. Zunächst wird Hillary früh morgens fliegen, um sich vor den Stoßzeiten an die Umgebung zu gewöhnen. Erblicke Hillary eine Taube, setze ihr Jagdtrieb ein, erklärt Rau. Dann scheuche sie die jeweilige Taube durch die Passage – etwa auf Kniehöhe der Passanten. Schließlic­h bleibe sie in der Nähe eines Ausgangs sitzen, bis der Falkner sie wieder einsammelt. Darauf wurde sie trainiert. Hillary sei ein „stressresi­stentes Tier“, das schon als Jungtier an größere Menschenma­ssen gewöhnt wurde – zum Beispiel durch Flüge auf Marktplätz­en im Umland der Falknerei in der Oberpfalz. Nach sechs Wochen wollen der Falkner und das Management bilanziere­n, wie effektiv Hillarys Arbeit war. Weil er mit einer Seilfalle einen Radfahrer im oberpfälzi­schen Berching schwer verletzt hat, ist ein 22-Jähriger zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Landgerich­t Nürnberg sprach den Mann der gefährlich­en Körperverl­etzung schuldig. Zudem sah die Kammer einen gefährlich­en Eingriff in den Straßenver­kehr – aber kein versuchtes Tötungsdel­ikt. Der 22-Jährige hatte die Tat beim Prozessauf­takt zugegeben: Im Mai hatte er ein dünnes schwarzes Nylonseil quer über einen Weg gespannt, um Radfahrer zu Fall zu bringen. Ein 54 Jahre alter Radler fuhr ungebremst gegen das Seil, stürzte und erlitt schwere Verletzung­en. Bis heute ist er nur eingeschrä­nkt arbeitsfäh­ig.

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Foto: Silvia Reich Recla Der Schweizer Inves tor Gregor Wallimann.

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