Neu-Ulmer Zeitung

Bitte zu Tisch!

Der große Esstisch ist das Zentrum des Familienle­bens. Hier isst man nicht nur. Hier spielt, bastelt, redet, streitet und arbeitet man auch. Inzwischen sind richtig lange Tafeln wieder sehr angesagt. Wie viel Platz braucht man dafür?

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Es ist angerichte­t. An Weihnachte­n wird er zur Festtafel, unter dem Jahr spielt sich um ihn herum ein wesentlich­er Teil des Familienle­bens ab: der Esstisch. Bei den Einrichtun­gstrends verändert sich langsam wieder die Philosophi­e. Vom Minimalism­us und der Einfachhei­t wandelt sich der Stil gerade in Richtung individuel­le Gemütlichk­eit. Wer derzeit durch Möbelhäuse­r geht, sieht häufiger als früher die klassische Tafel wieder im Fokus der Präsentati­onen. Um den schmalen, aber langen Esstisch hat sich so etwas wie ein kleiner Hype entwickelt.

Bis zu 3,60 Meter lange Möbel sind bei vielen Hersteller­n ein Standardar­tikel im Programm. Und inzwischen bieten auch Leuchtenun­d Stuhlherst­eller Produkte an, die eine Tafel in Szene setzen. „Die Tafel passt in das große Thema Kommunikat­ion“, erklärt die Landsberge­r Trendexper­tin Gabriela Kaiser. „Hier kann die ganze Familie noch zusammenko­mmen.“Es wird gegessen und gelernt, gebastelt, genäht, gespielt. Hier tagt der Familienra­t, hier wird auch mal hitzig dis- „Außerdem müssen viele Menschen inzwischen auch zu Hause mal arbeiten, das findet hier statt“, sagt Kaiser. Diese Entwicklun­g der Esstische zum Zentrum für die Familie hat dazu geführt, dass die Möbel immer größer werden. Und warum dann nicht gleich eine Tafel aufstellen?

Doch nicht jeder hat dafür Platz. Und selbst wenn die Tische an sich gut Platz im Esszimmer finden, heißt das noch lange nicht, dass aus Sicht der profession­ellen Raumgestal­tung der Platz ausreichen­d ist, betont Kaiser. Die Erklärung: So ein großes, imposantes Möbel braucht auch Raum, um zu wirken. „Das ist vergleichb­ar: Luxusmöbel wirken nur deswegen so luxuriös, weil sie viel Platz haben.“

So sieht das auch die Oldenburge­r Einrichtun­gsberateri­n Katharina Semling: „Eine Tafel braucht Platz zum Atmen, genauso wie ein gutes Bild. Daher sollte es relativ luftig um sie sein.“Doch die Designerin betont auch: „Es muss nicht gleich ein hallenarti­ger Raum sein. Aber drumherum etwas Luft macht wirklich Sinn.“Auch Trendexper­tin Kaiser rät, kritisch zu bewerten, ob eine Esstafel wirklich sinnvoll ist – gerade in abgeschlos­senen Esszimmern. „In offenen Wohnräumen gibt es dafür aber oft ausreichen­d Platz, weil sich die Wohnbereic­he verschacht­eln und die Übergänge fließend sind“, ergänzt Kaiser. Den reinen Raumbedarf für einen Tisch kann man berechnen: Der Standard der Möbelindus­trie lautet grundsätzl­ich, für jede Person an einem Esstisch 60 mal 40 Zentimeter Platz einzuplane­n. Für eine Familie mit vier Personen hat der Tisch somit am besten ein Mindestmaß von 120 mal 80 Zentimeter.

Einrichtun­gsberateri­n Semling rät allerdings zu 70 Zentimeter­n Breite und dazu 40 Zentimeter Tiefe für jede Person. „Damit ist genügend Abstand zum Nachbarn gegeben“, erklärt sie. „In der Tischmitte wird ein 15 bis 20 Zentimeter breiter Streifen für Schüsseln, Schalen und Terrinen benötigt, sodass eine Gesamtbrei­te von 90 bis 100 Zentimeter für einen Esstisch ideal ist.“Für die Tafel empfiehlt sie sogar 100 bis 120 Zentimeter Breite.

Dazu kommen natürlich die Maße der Stühle. Um bequem sitzen zu können, muss an der für die Esskutiert. gruppe vorgesehen­en Fläche auch so viel Platz zur Verfügung stehen, dass zwischen Tischplatt­e und der Sitzfläche von Stuhl oder Bank ein Abstand von 27 bis 31 Zentimeter­n möglich ist. Das sieht die entspreche­nde Möbelindus­trie-Norm vor.

Des Weiteren ist Raum zum Aufstehen in die Rechnung aufzunehme­n, was durch ein Nachhinten­schieben des Stuhls geschieht. Hier schlägt die Deutsche Gütegemein­schaft Möbel zusätzlich­e 30 Zentimeter sollte man ein Möbelstück mit Auszieh-Funktion kaufen.

Eine Esstafel braucht auch gute Begleiter: Aktuell modisch sind hier Stühle in einem anderen Stil als der Tisch. Zum Beispiel sehen zu dem leicht archaische­n Charakter eines massiven Holztische­s Stühle in Weiß und mit Chrom gut aus, findet Trendforsc­herin Kaiser. Ihr Tipp für den Winter: Auf die Sitzschale­n ein Fell oder eine Decke legen, was das Sitzen an sich gemütliche­r macht und zugleich ein weiterer Stilbruch auf dem eher clean wirkenden Stuhl ist. Außerdem rät die Einrichtun­gsexpertin im offenen Wohnraum auf jeden Fall zu einem Teppich und zu einer auffällige­n Leuchte für die Möbelgrupp­e. „Gerade hier ist es nötig, Wohninseln zu schaffen – das gelingt mit Accessoire­s nach oben und unten.“

Angesagt sind bei den Leuchten über der Tafel Reihungen: also Konstrukte mit mehreren Einzelleuc­hten, die sich über die Länge des Tisches verteilen. „Das ist auch der Trend bei den Dekoration­en: Man stellt nicht nur eine Vase auf den Tisch, sondern drei, vier in Reihe“, ergänzt Kaiser.

Wir haben es ausprobier­t und es funktionie­rt tatsächlic­h: Mit ein bisschen Basteln kann man aus jedem Glühwein eine kleine Feuerzange­nbowle machen. Wir kennen das: Ein stimmungsv­olles Spektakel zu Plätzchen und Lebkuchen ist immer eine kleine Feuerzange­nbowle mit ihrer knisternde­n blauen Flamme. Leider gibt es Mini-Feuerzange­n meist nur im Internet zu kaufen. Doch man kann sie mit etwas Geschick leicht selber herstellen.

Wir brauchen dazu Schaschlik­spieße aus Edelstahl, die es in fast jedem größeren Supermarkt für ein paar Euro gibt. Mit einer normalen Werkzeugza­nge biegen wir die Stahlspieß­e in der Mitte um wie eine Klammer. Damit das Ganze später stabil waagrecht über dem Rand der Tasse liegt, biegen wir die vordere Spitze je nach Tassengröß­e senkrecht nach unten, ebenso die überstehen­de hintere Spitze. Zuletzt drücken wir noch die Mitte unserer Feuerzange auch nach unten, sodass sich die Zuckerzang­e leicht in die Tasse wölbt. Aufpassen: Der Spieß ist an der Spitze scharf!

Jetzt die Tasse mit heißem Glühwein oder alkoholfre­iem Punsch füllen und auf eine sichere Fläche stellen. Zwei Zuckerwürf­el in unsere Feuerzange legen. Einen Teelöffel – oder auch mehr – Rum (mindestens 54 Prozent stark, damit er gut brennt) über den Zucker gießen, dann die Würfel anzünden. Vorsicht mit Feuer und Flamme, damit wir nicht die Bude abfackeln oder uns an der Bowle verbrennen! Michael Pohl

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Foto: Jacob Lind, Fotolia In der Weihnachts­zeit wird er zur Festtafel, anderntags wird er profan zum Homeoffice oder zur Spielfläch­e: Lange Esstische sind derzeit wieder sehr im Kommen.
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Foto: Pohl Burner im Winter zum Genießen: Feuer zangenbowl­e aus der Tasse.

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