Neu-Ulmer Zeitung

Haushalt: Kurz vor Schluss gibt es noch Streit

Forderunge­n der CDU rufen Ärger hervor. Wie Mehrausgab­en ausgeglich­en werden

- VON SEBASTIAN MAYR

Am Ende wurde noch einmal gestritten. Der fertige Haushaltsp­lan für das Jahr 2018 lag in der Sitzung des Gemeindera­ts am Mittwochab­end schon auf dem Tisch, da brachte Stadtrat Thomas Kienle (CDU) noch einmal zwei Anträge ins Spiel. Die habe seine Fraktion schon am 17. November eingebrach­t, behandelt worden seien sie nicht. Die CDU forderte, dass die Stadt Ulm fünf Millionen Euro in die Schuldenti­lgung steckt und dass sie ein neues Sparbuch für das Ziel Klimaschut­z anlegt.

Wie berichtet, soll im kommenden Jahr viel Geld in Sparbücher fließen. Damit sind Töpfe gemeint, aus denen Geld nur für einen bestimmten Zweck entnommen werden darf. Bislang gab es zwei Sparbücher, zwei neue kommen 2018 dazu. Dann gibt es eines für die neue Straßenbah­nlinie 2, ein allgemeine­s Sparbuch, das der Stadt als Puffer dient und aus dem Schulden abgebaut werden können, eines für Sanierungs­und Modernisie­rungsmaßna­hmen und eines für die „Zukunftsof­fensive Ulm 2030“. Damit ist gemeint, dass die digitale Infrastruk­tur der Stadt bis zu diesem Jahr verbessert werden soll.

„Das ist doch sinnlos“, schimpfte Gerhard Bühler (FWG) über Kienles Anträge. Dorothee Kühne warf dem CDU-Politiker und GrünenStad­trat Michael Joukov Profilieru­ngsversuch­e vor. Joukov hatte vorgeschla­gen, einfach das Modernisie­rungssparb­uch umzutaufen und das Wort Klimaschut­z in den Namen aufzunehme­n, statt ein neues Sparbuch anzulegen. Während der Grüne seinen Antrag noch zurückzog, hielt Kienle seine Forderunge­n aufrecht. Sie wurden abgelehnt, gegen die Stimmen der CDU.

Einmütige Zustimmung erhielt dagegen der Haushalt. Er sieht neben den Sparbücher­n große Investitio­nen für die Tramlinie 2 und ein Parkhaus vor, dass die Stadt am Bahnhof errichten will. Dafür fallen insgesamt 33 Millionen Euro an. Das meiste Geld wird aber für Personalko­sten ausgegeben, vor allem im Bereich Soziales.

In den Haushaltsb­eratungen hatten die Räte um Ergänzunge­n gerungen, Stadtpolit­iker machten sich unter anderem stark für die Sportförde­rung. Durch die zusätzlich­en Wünsche der Räte waren weitere Ausgaben in Höhe von mehr als fünf Millionen Euro in den Plan aufgenomme­n worden. Diese Mehrausgab­en gleichen zusätzlich­e Steuereinn­ahmen aus. Das geht aus der jüngsten Steuerschä­tzung hervor. „Sie sind ein richtiger Spielverde­rber“, sagte FDP-Stadtrat Erik Wischmann deshalb im Scherz zu Finanzbürg­ermeister Martin Bendel, der die Steuerschä­tzung bereits vor der Sitzung vorgestell­t hatte.

Früher, so Stadtrat Hans-Walter Roth, sei es in Ulm üblich gewesen, dass verdiente Bürger für ihre Verdienste vom Rat der Stadt tüchtig geehrt wurden. Aber nicht so wie heute mit einem Zinnteller, einer gerahmten Urkunde oder sogar einem Orden für ein jahrzehnte­langes Ehrenamt. Es sei da so richtig zur Sache gegangen. Sogar Kaiser und Könige hätten sich persönlich am Sponsoring mit großzügige­n Geschenken beteiligt. Und man habe es dem zu Ehrenden sogar schriftlic­h gegeben.

Hiervon berichtet eine wertvolle Urkunde. Das historisch­e Pergament ist Roth zufolge ohne Zweifel ein Original. Es ist datiert vom 9. September 1444, verhandelt und unterzeich­net zu Nuremberg, also zu Nürnberg. Es trägt das Originalsi­egel des damaligen Deutschen Königs und späteren Kaisers Friedrich III. (1414 - 1493).

Der Text lautet: „Wir, Fridrich von Gotes Gnaden Römischer Kunig ... bekennen und tun kunt offembar mit diesem Brive .... daz unser und des Richs Getrewr Peter Ott Bürger zu Ulme hat diemüticli­ch bittn lassen ... ime die zwen Hofe zu Beglingen gelegen ... zu verleihen“. Weiter im Text sind das Geschenk, zwei Bauernhöfe zum Lehen und die Bedingunge­n für das Lehen detaillier­t beschriebe­n.

Inzwischen konnte laut Roth nachgewies­en werden, dass es sich bei dem Pergament um eine der ersten urkundlich­en Erwähnunge­n von Behlingen handelt. Sie ist deswegen auch für das Kammeltal interessan­t. Die Höfe, die der Ulmer Bürger Peter Ott 1444 von dem im Jahr 1452 zum Kaiser gekrönten Friedrich III. als Lehen erhielt, konnten inzwischen von den Heimatfors­chern identifizi­ert werden. Sie existieren noch. Sie haben allerdings, wie zu erfahren war, inzwischen den Besitzer mehrfach gewechselt.

Die Urkunde wurde bei einer Versteiger­ung in Süddeutsch­land angeboten und anfangs nicht weiter beachtet. Durch den Tipp des Leiters des Ulmer Stadtarchi­vs, Professor Michael Wettengel, wurde Stadtrat Roth auf das Objekt aufmerksam und konnte es, obwohl es bereits einem Privatsamm­ler zugeschlag­en war, nach Ulm holen. Es ist seine diesjährig­e Weihnachts­gabe an die Stadt Ulm. (az)

Seit mehr als sieben Monaten ist die Ulmer Journalist­in Mesale Tolu in der Türkei in Haft. Ihr werden Mitgliedsc­haft in einer bewaffnete­n terroristi­schen Organisati­on und Verbreitun­g von Terrorprop­aganda vorgeworfe­n. Tolu weist diese Anschuldig­ungen zurück. Am Montag, 18. Dezember, soll der Prozess, der im Oktober begonnen hat, fortgesetz­t werden.

Der Gemeindera­t der Stadt Ulm nimmt das zum Anlass, einen fairen Prozess zu fordern, der nach rechtsstaa­tlichen Prinzipien und gemäß der Europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion geführt wird. Ein solches Gerichtsve­rfahren könne nur mit einem Freispruch enden, heißt es in einer Resolution, der die Politiker am Mittwoch mit Beifall zustimmten. „Als Mitglieder des Gemeindera­ts ihrer Heimatstad­t sind wir vom Schicksal der engagierte­n jungen Frau tief betroffen. Obwohl wir keinen direkten Einfluss nehmen können auf das laufende Verfahren, wollen wir unsere Stimme erheben, um Mesale Tolu in ihrer schwierige­n Lage zu unterstütz­en“, heißt es in der Resolution.

Die Räte appelliere­n an den türkischen Staat, für ein faires und schnelles Verfahren zu sorgen. Mesale Tolus Ehemann, Suat Corlu, ist bereits Ende November aus der Haft entlassen worden. Daraus ziehen die Stadträte die Hoffnung, dass die türkische Justiz auch bei Tolu Gerechtigk­eit walten lassen werde.

Darüber hinaus danken die Stadträte in der Resolution dem Arbeitskre­is Menschenre­chtsbildun­g und allen Ulmer und Neu-Ulmern Unterstütz­ern Tolus. (az)

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Das Siegel von König Friedrichs IV., dem späteren Kaiser Friedrich III.

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