Hoffnung auf höhere Löhne
Weil die Wirtschaft im kommenden Jahr noch stärker wachsen soll, könnten die Einkommen steigen. Doch die ausgezeichnete Lage muss nicht anhalten
Die deutsche Wirtschaft setzt trotz der schleppenden Regierungsbildung in Berlin ihren ungewöhnlich langen Aufschwung fort und geht mit Volldampf ins nächste Jahr. Davon sollen auch die Beschäftigten profitieren: Die Einkommen legen nach aktuellen Konjunkturprognosen im Schnitt zu, auch der Beschäftigungsboom hält an. Gleichzeitig gibt es Warnungen vor den Risiken eines Umschwungs. Die Produktionskapazitäten seien bereits mehr als ausgelastet.
„Die deutsche Wirtschaft brummt“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Wirtschaft befinde sich auf dem Weg in die Hochkonjunktur. Ähnlich äußerten sich die Experten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). „Die deutsche Wirtschaft fährt unter Volldampf“, sagte Konjunkturchef Stefan Kooths. Die Wirtschaft habe aber ihren nachhaltigen Wachstumspfad verlassen. Damit steigen aus Sicht der Kieler auch die Risiken eines Konjunkturumschwungs.
Gleich mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute erhöhten ihre Konjunkturprognosen für das kommende Jahr. Die Ifo-Forscher erwarten nun statt wie bisher 2,0 Prozent ein Wachstum in Deutschland von 2,6 Prozent. Für das zu Ende gehende Jahr 2017 rechnen sie mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 2,3 Prozent.
Viele Branchen florieren. Tragende Stütze bleibt der private Konsum, der begünstigt werde durch mehr Beschäftigung, höhere Arbeitseinkommen und Steuerentlastungen. Auch in der Bauwirtschaft laufen die Geschäfte glänzend. Vor allem die Industrie profitiere von verbesserten Konjunkturaussichten der Weltwirtschaft.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft rechnet im kommenden Jahr nun mit 2,5 Prozent Wachstum. Die renommierten Ökonomen hatten mehrfach vor den Gefahren einer Überhitzung der Konjunktur gewarnt. „Ein Boom mag sich gut anfühlen, er trägt aber den Keim der Krise in sich“, sagte IfW-Experte Kooths. „Je weiter die ökonomische Aktivität über das Normalmaß hinaus zulegt, desto größer werden die Risiken für eine Anpassungsrezession.“Denn für Unternehmen werde es zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden. „Die Anzahl der Betriebe, die dadurch ihre Produktion beeinträchtigt sehen, ist auf ein Rekordniveau gestiegen“, heißt es im IfW-Bericht. Auf der Gewinnerseite finden sich die Arbeitnehmer, deren Effektivlöhne um drei Prozent steigen dürften. „Wegen zunehmender Knappheiten sitzen immer mehr Beschäftigte bei Lohnverhandlungen am längeren Hebel und können sich so über merkliche Kaufkraftzuwächse freuen“, sagte Kooths.
Die gute Entwicklung wird auch dadurch begünstigt, dass „Abwärtsrisiken“an Bedeutung verloren hätten. So sei ein befürchteter Wachstumseinbruch in China ausgeblieben, und bei Wahlen in Europa hätten Rechtspopulisten weniger Stimmen geholt als befürchtet, sagte IfoKonjunkturexperte Timo Wollmershäuser. Nach wie vor gebe es aber Risiken. Dazu zählten eine wirtschaftliche Abschottung der USA sowie ein „harter Brexit“– ein Bruch zwischen Großbritannien und der EU, etwa ohne eine Zollunion. Ifo-Chef Fuest warnte eine neue Regierung davor, die Staatsausgaben zu erhöhen. Die Versuchung der Politik, „Geschenke“an die eigene Klientel“zu verteilen, sei groß. Stattdessen müsse die „Gunst der Stunde“für steuerliche Entlastungen genutzt werden, vor allem unterer und mittlerer Einkommen. Notwendig sei auch eine Unternehmens-Steuerreform.
Und wie sieht die konjunkturelle Lage in der Region aus? Auf alle Fälle noch besser als im Bundesdurchschnitt, wie entsprechende Umfragen der Wirtschaftskammern ergeben. So beurteilen quer über alle Branchen hinweg 92 Prozent der schwäbischen Handwerksbetriebe ihre wirtschaftliche Lage als „gut“oder „befriedigend“– ein ausgezeichneter Wert. Der Optimismus der Firmen ist ungebrochen. Gerade Betriebe, die vom Bauboom profitieren, rechnen mit guten Geschäften. Das bestätigt die letzte Konjunkturumfrage der schwäbischen Industrie- und Handelskammer. Großer Gewinner ist die Bauwirtschaft. Insgesamt beurteilen 61 Prozent der Firmen die Geschäftslage als „gut“. Der Pudding „Grand Desserts – Double Nut“der Molkerei Ehrmann darf nach einer Entscheidung des Münchner Oberlandesgerichts so heißen, Verbraucher würden nicht in die Irre geführt. Genau das findet aber der Bundesverband der Verbraucherzentralen und war vor Gericht gezogen. Auf dem Deckel steht: „Double Nut mit Levantiner Haselnüssen“. Im Gesamtinhalt von 200 Gramm weist das Produkt dann 0,5 Prozent Haselnüsse auf. Die Verbraucherschützer bemängeln, dass der Kunde den Eindruck gewinne, der Pudding beinhalte einen höheren Anteil an Levantiner Haselnüssen. Das Landgericht Memmingen sah das nicht so und hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die amerikanische Telekommunikations-Aufsicht FCC hat die strikten Regeln zur Gleichbehandlung von Daten im Internet abgeschafft. Drei Mitglieder der fünfköpfigen Kommission stimmten am Donnerstag einem Vorschlag zu, der die Aufhebung der bisherigen Umsetzung der sogenannten Netzneutralität vorsieht. Diese besagt, dass Daten gleich behandelt werden müssen. Bislang war es Netzbetreibern untersagt, bestimmten Datenverkehr zu blockieren oder zu verlangsamen, um anderen Inhalten Vorrang im Netz zu geben. Nach dem neuen Prinzip könnten Webdienste nun für eine bevorzugte Behandlung bezahlen. Disney will sich X-Men und die Simpsons einverleiben und damit Streaming-Diensten wie Netflix und Amazon Prime Paroli bieten: Der US-Unterhaltungsriese bietet 52,4 Milliarden Dollar (44,3 Milliarden Euro) für große Teile des Unterhaltungskonzerns 21st Century Fox von Medienunternehmer Rupert Murdoch. Auch die 39-Prozent-Beteiligung Murdochs am europäischen Bezahlsender Sky will Disney kaufen.