Ist der Ruf erst ruiniert
Hersteller, deren Kleidung gerne von Rechtsextremen getragen wird, haben ein immenses Imageproblem. Wie Neonazis ihre Marken auswählen und wie die Firmen reagieren
Seine Kunden kann man sich nicht aussuchen. Es braucht nicht viel, um die Falschen anzusprechen. Ein Lorbeerkranz als Logo, alte Schriftzeichen oder Camouflagemuster – darauf steht die rechtsextreme Szene in Deutschland. Ist eine Modemarke im Nazimilieu etabliert, leidet der Ruf. Imagekampagnen und Distanzierung zur rechten Szene können den Schaden bestenfalls eingrenzen. Wie gehen Unternehmen mit dem Image als Nazimarke um?
Mitte der 90er Jahre sieht man einige Nazis bei Aufmärschen in schwarzen Kapuzenpullis. „Pitbull Germany“steht da in runenartiger Schrift. Eine Anspielung auf den Markennamen „Lonsdale London“, erklärt Pitbull-Chef Kaya René Budak. Man habe sich an der bekannten Marke aus England orientiert, wollte ähnliche Kunden ansprechen. Kunden, die es eben „etwas martialischer, härter und militärisch“mögen, sagt Budak. „Aber wir wollten nie Mode für Nazis machen.“Dennoch wurden es immer mehr Rechtsextreme, die in den dunklen T-Shirts und Pullovern marschierten. Pitbull geriet in die Schlagzeilen, Schulen verboten die Marke im Unterricht. „Wir wurden damals in eine Ecke gedrängt, in die wir nie gehörten“, sagt der türkischstämmige Budak. Als Reaktion auf das Kleidungsverbot an Schulen schrieb er Briefe an Rektoren, in denen er sich klar von der rechten Szene distanzierte. Aber da sei es schon zu spät gewesen. „Das war Rufmord“, meint Budak. Auch zwanzig Jahre nach den Schlagzeilen möchte kaum jemand Werbung auf der Seite des Shops von Pitbull schalten, sagt Budak. „Ich habe damit abgeschlossen.“
Auf den ersten Blick sind viele Rechtsextreme heute nicht mehr als solche zu erkennen. Die Zeiten von Springerstiefeln, Bomberjacke und Seitenscheitel sind vorbei, erklärt Fabian Wichmann. Er ist Sprecher der Vereinigung Exit. Das Netzwerk sitzt in Berlin und hilft bundesweit rechten Aussteigern aus der Szene. Wichmann spricht von einer strategischen Öffnung: „Man wird heute nicht mehr so schnell als Nazi identifiziert.“Äußerlich geben sich Nazis nicht mehr zu erkennen. Basecaps, lange Haare oder Turnschuhe sind keine Seltenheit mehr. Dennoch gebe es nach wie vor Marken, die in der Naziszene besonders beliebt sind. Sneaker der Marke New Balance seien beispielsweise verbreitet – wegen des weißen Ns auf der Seite, das je nach Gesinnung des Schuhträgers für „National“stehen kann. „Marken können sich ihre Kunden nicht aussuchen“, sagt Wichmann. Obwohl sich der Turnschuhhersteller klar von der rechten Szene distanzierte, werden die Schuhe noch immer gerne von Rechtsextremen getragen. Auch andere Marken haben das Problem: Alpha Industries, Ben Sherman, Fred Perry – allesamt Marken, die aus der britischen Skinhead-Bewegung kommen und in Nazikreisen auftauchen. „Allerdings nicht mehr so extrem wie in den 90er Jahren“, meint Wichmann. Die Distanzierung der Marken habe Wirkung gezeigt.
Der britische Sportartikelhersteller Lonsdale engagiert sich schon seit Jahren gegen Rechts. Die Marke sponsorte den Christopher Street Day und führt Kampagnen wie „Laut gegen Nazis“oder „Lonsdale Loves All Colors“. Dennoch kämpft das Label mit den Buchstaben „NSDA“im Namen noch immer mit dem Image als Nazimarke. „Es fällt auf, dass Lonsdale da und dort immer noch für ein Symbol des Rechtsextremismus gehalten wird“, sagt Ralf Elfering, Sprecher der Modemarke. Dabei sei das Engagement gegen Rassismus und Rechtsextreviele mismus längst zur „DNA der Marke“geworden. Ein Nazi, der versuche, die Marke als Erkennungszeichen zu missbrauchen, würde sich in der Szene zum Deppen machen, der die eigenen Codes nicht beherrscht, sagt der Sprecher.
Doch es gibt auch Marken, die sich gegen die Vereinnahmung von rechts außen nicht wehren. Die Marke Thor Steinar gilt laut Verfassungsschutz als „identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten“. Zu den Vorwürfen, Mode für Nazis zu machen, möchte sich das Label nicht äußern. Eine Anfrage unserer Zeitung bleibt unbeantwortet. Telefonisch teilt man lediglich mit, dass man sich nicht dafür interessiere, wer die Kleidung kaufe. Ob das Unternehmen die politische Einstellung der rechtsextremen Kunden teilt, ist nicht zu sagen.
Klar ist aber, dass nicht jede Marke auf die Einnahmen durch den Verkauf in die Szene verzichten möchte.
„In was für einem Land leben wir, wenn wir uns dafür entschuldigen müssen, dass wir unsere Pflicht tun?“Wer jetzt an die AfD denkt, hat nicht unrecht, zu ähnlich sind die Wahlkampfparolen von Nina Schramm, der Parteivorsitzenden der „Neuen Patrioten“. Und wieder einmal hat der „Tatort“mit „Dunkle Zeit“bewiesen, dass er oft gesellschaftspolitisch mehr über Deutschland verrät als so manches sich ambitioniert gebende Fernsehspiel. Wenn dazu nicht vergessen wird, dass die Zuschauer am Sonntagabend aber auch einen Krimi erwarten, kann man Drehbuchautor und Regisseur Niki Stein, der schon über 15 „Tatort“-Geschichten inszenierte, nur ein Kompliment machen.
Die Realität ist greifbar und spannend erzählt. Nina Schramm und ihr Mann Richard werden mit Hassmails und Morddrohungen attackiert. Und tatsächlich wird Richard Schramm Opfer einer Autobombe. Oder war seine charismatische Frau Ziel des Anschlags? Wenn man „Dunkle Zeit“(Schauplätze Hamburg und Niedersachsen) etwas vorhalten kann, sind es die leicht holzschnittartig gearbeiteten Charaktere der Rechtspopulisten wie der Autonomen. Da ist die Post-Punk-Aktivistin Paula, die den blassen Techno-Freak Vincent mit sich herumschleppt. Einen Milchbubi, der nicht mal eine Bierflasche öffnen kann. Geht gar nicht. Da ist Gerhard, der Loser-Professor (Parallele zur AfD-Vergangenheit), der der Chefin nicht hart genug ist, und die lieber mit dem smarten Parteimann Benjamin ins Bett steigt, der eine Einladung zum Klub der Außenwirtschaft hat („PR-mäßig ist das natürlich splendid“).
Anja Kling, die immer besser wird, lässt ihre Nina Schramm fast schon kokett in der Opferrolle auftreten. Sie führt die überforderte Kommissarin Julia Grosz (Franziska Weisz) vor und legt sich auch mit dem Kollegen Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) an, der die Rechtspopulistin nicht ausstehen kann. Das Schönste: Falke und Grosz kommen sich so was von zaghaft näher, dass man sich auf neue Folgen freuen kann. Rupert Huber