Ein Hauch von „Basta!“
Kann der Landrat nicht kämpfen? Lässt er die Dinge einfach so laufen? In der Nuxit-Debatte meldeten sich zumindest in den vergangenen Wochen einzelne Stimmen, die Thorsten Freudenberger genau das vorwarfen. Er solle mehr Engagement zeigen, um ein Auseinanderbrechen des Landkreises doch noch zu verhindern. Seinem Vorgänger Erich Josef Geßner wäre so etwas nicht passiert, war auch schon zu hören. Wirklich? Nur weil er ein autoritärer Basta-Politiker mit kleinmonarchischen Zügen war? Er hätte sicherlich mehr temperierte Luft bewegt, doch auch er hätte letztlich nichts gegen die sich ausbreitende Lust am Separatismus unternehmen können, der sich unter den Politikern der Großen Kreisstadt breitmacht. Dem Landrat sind nun mal per Gesetz die Hände gebunden, denn die Entscheidungsgewalt liegt ausschließlich bei den Neu-Ulmern und der Staatsregierung. Es entspricht zudem nicht der ruhigen, auf größtmöglichen Ausgleich bedachten Art von Freudenberger, das politische Rumpelstilzchen zu geben. Ein Einheits-Werbefeldzug zwischen Oberelchingen und Kellmünz und dabei zu singen „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe (zu Neu-Ulm) nicht“wäre purer Aktionismus, denn die Kreisbürger dürfen nicht mitentscheiden.
Damit könnte er auch nicht die Abtrünnigen in der Großen Kreisstadt erweichen, denn mittlerweile beginnen die Fronten sich zu verhärten. Das zeigte sich in der gestrigen Kreistagssitzung. Freudenberger hatte keine große Lust auf übertriebene Adventsharmonie unterm Weihnachtbaum, der dem nüchternen großen Sitzungssaal im Landratsamt ein wenig festlichen Glanz verlieh. Er will den Nuxit nicht – und es schwebte ein Hauch von „Basta!“in der Luft.
Schärfe in die Debatte brachte allerdings Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg, der selbst gute und stichhaltige Argumente stets durch ein verbales Säurebad laufen lässt. Freundlich-verbindlich geht bei ihm halt nicht, er befindet sich ständig im Angriffsmodus. Hinzu kommt noch eine gewisse Empfindlichkeit. Doch gerade wegen dieser polarisierenden Art hat er Grund, einen möglichen Bürgerentscheid zum Nuxit zu fürchten: Seine Gegner werden das Votum auch zu einer Abstimmung über und gegen ihn machen. Und am Ende werden nicht Argumente siegen, sondern Emotionen – und die kochen gerade heftig hoch.