Neu-Ulmer Zeitung

Neu Ulm soll leiser werden

Der Stadtentwi­cklungsaus­schuss verabschie­det einen speziellen Aktionspla­n. In welchen Straßen bald Tempo 30 gilt und welche Maßnahmen noch geplant sind

- VON ARIANE ATTRODT

Autofahrer müssen in Zukunft in manchen Teilen der NeuUlmer Innenstadt in Zukunft auf die Bremse treten – zumindest nachts. Denn die Stadt hat es sich zum Ziel gesetzt, herauszufi­nden, wo in NeuUlm Bürger besonders unter Straßenlär­m zu leiden haben und wie diese Situation verbessert werden könnte. Festgehalt­en wurden alle Erkenntnis­se im so genannten Lärmaktion­splan – und den hat der Ausschuss für Stadtentwi­cklung für Umwelt jetzt einstimmig verabschie­det.

An dem Plan wird in der Stadtverwa­ltung bereits seit 2013 gearbeitet, ein Gutachter hat bereits die Lärmschwer­punkte Neu-Ulms – die „Hotspots“– herausgear­beitet. Diese liegen innerhalb der Innenstadt entlang der Schützenst­raße, der Hermann-Köhl-Straße, der Brückenstr­aße, der Reuttier Straße, der Augsburger Straße, der Marienstra­ße sowie der Bahnhofstr­aße, zudem auch teilweise entlang der Memminger Straße. Hier überschrei­tet der Verkehrslä­rm laut den Berechnung­en des Gutachters die geltenden Grenzwerte. Diese sind laut Lärmschutz-Richtlinie 60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber.

Stadtbaudi­rektor Krämer stellte in der Sitzung nun den Lärmaktion­splan vor und erklärte, was in die- sem geregelt wird. Auf der einen Seite gibt es kurzfristi­ge Maßnahmen wie die Einführung von Tempo 30. Das Limit soll in der Marienstra­ße und der Augsburger Straße zwischen Krankenhau­sstraße und Augsburger-Tor-Platz, im Bereich der westlichen Bahnhofstr­aße zwischen Reuttier Straße und Hermann-Köhl-Straße sowie in der Schützenst­raße und der HermannKöh­l-Straße zwischen Flößerweg und Bahnhofstr­aße gelten – allerdings nur nachts, zwischen 22 und 6 Uhr. Im Bereich der Bahnhofstr­aße könnte aber nach einer erneuten Überprüfun­g auch tagsüber Tempo 30 eingeführt werden. Mit der Einführung der nächtliche­n Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen soll laut Sitzungsvo­rlage „unmittelba­r“begonnen werden.

Außerdem will die Stadt mehr in Sachen passiver Schallschu­tz tun – durch den Einbau entspreche­nder Schallschu­tzfenster. Langfristi­g soll die Stadtplanu­ng zudem dafür sorgen, dass die Schallausb­reitung so weit wie möglich reduziert wird – und möglichst wenig Lärm bei den Bürgern ankommt. Bei Neubauten soll beispielsw­eise darauf geachtet werden, dass möglichst wenige Fenster und statt des Schlafzimm­ers Küche oder Bad auf der Straßensei­te liegen. Zudem kann Verkehrsge­schwindigk­eit und somit auch -lärm durch eine Umgestaltu­ng von Stra- ßen – zum Beispiel durch die Einrichtun­g von Verkehrsin­seln – erreicht werden. Zuletzt soll ganz praktisch erreicht werden, dass weniger Fahrzeuge unterwegs sind – durch die Stärkung des ÖPNV und des Geh- und Radverkehr­s.

Diskussion­sbedarf gab es seitens der Räte vor allem beim Tempo 30: Die Regelungen gingen einigen von ihnen nicht weit genug. So wünschte sich Rat Alfred Schömig (FDP), dass in der Schützenst­raße und der Hermann-Köhl-Straße auch tagsüber nur Tempo 30 erlaubt wäre, auch in der Reuttier Straße sehe er aufgrund der Lärmwerte die Pflicht seitens der Stadt einzugreif­en. Stadtbaudi­rektor Kärmer entgegnete, dass die vorhergesa­gten Lärmpegel in Schützen- und HermannKöh­l-Straße nicht unbedingt auch so eintreten müssten. Deshalb sei es besser, zunächst einmal abzuwarten, wie sich das Tempolimit nachts auswirkt – um gegebenenf­alls später nachzubess­ern. Hinsichtli­ch der Reuttier Straße sagte er: „Die Lärmwerte sprechen dafür einzugreif­en, aber das ist nicht alles. Die Straße hat in erster Linie eine Verkehrsfu­nktion.“Und in solchen Fällen müsse die Stadt abwiegen.

Rat Rudolf Erne (SPD) fragte, warum im Gebiet östlich der Bahnhofstr­aße nicht auch eine nächtliche Geschwindi­gkeitsbegr­enzung eingeführt werde. Dieses sei schließlic­h auch Teil des Lärmschwer­punkts. Krämer berichtete von „gravierend­en Einwänden“der Verkehrsbe­triebe, die „erhebliche Probleme“bei der Einführung von Tempo 30 fürchteten. Auf die weiteren Einwände von Erne („Zwischen 22 und 6 Uhr fahren ja nicht so furchtbar viele Busse“) und später auch der Wortmeldun­g seiner SPD-Ratskolleg­in Antje Esser („Der eigentlich­e Hotspot liegt eher im östlichen Bereich – und wir reden ja immer nur von der Nacht“) versprach Oberbürger­meister Gerold Noerenberg diesen Punkt im Frühjahr noch einmal gesondert zu besprechen.

Rainer Juchheim (Die Grünen) fand das nächtliche Tempolimit zwar grundlegen­d gut, betonte aber: „Das kann nicht reichen.“Seiner Meinung nach traue man sich nicht an große Veränderun­gen heran. Daraufhin wandte Noerenberg ein: „Der Gesetzgebe­r hat es in der Hand. Es muss nur anordnen, dass innerorts nur noch Tempo 30 gilt und dann ist die Sache gschwätzt.“Er fügte hinzu, dass es eben gesetzlich­e Grundlagen gebe, die die Stadt beachten müsse.

Thomas Ott (CSU) fragte nach, wie man untersuche­n wolle, ob nicht auch eine nächtliche Geschwindi­gkeitsbegr­enzung eingeführt werden sollte. Der OB verwies hierbei auf die Polizei, sie sei für die Kontrolle zuständig.

Der Zorn war ihr anzumerken: Margit Münzenried­er (CSU) mochte sich einfach „der ganzen Loberei nicht anschließe­n“. Zuvor hatten diverse Vorredner im Kreistag ihre Genugtuung darüber geäußert, dass nun endlich ein Wirtschaft­plan für die Stiftungsk­liniken vorliege, der den Titel „Plan“zu recht trage. Früher wurde er stets irgendwann am Ende eines Jahres abgenickt, wenn eigentlich eh schon alles gelaufen war. Doch diesmal hatten die Räte tatsächlic­h zum ersten Mal einen Plan zu billigen, der erst im kommenden Jahr wirksam wird. Das jedoch sei nichts Besonderes, wie Margit Münzenried­er bemängelt, sondern etwas Selbstvers­tändliches in der Wirtschaft. Außerdem werde er gerade mal zwei Wochen vor Beginn des Jahres beschlosse­n. Sie verweigert­e als einzige die Zustimmung.

Alle anderen hießen das Papier gut. In dem ist unter anderem ein Defizit von knapp neun Millionen Euro für 2018 prognostiz­iert (wir berichtete­n). Doch vieles sei einfach nicht zu ändern, bedauerte der kommissari­sche Stiftungsd­irektor Ernst Peter Keller. Allerdings sieht er einige Möglichkei­ten, damit die Krankenhäu­ser effiziente­r arbeiten, etwa bei der Personalve­rteilung. Weil in Weißenhorn eine Station wegen fehlender Fachkräfte leer steht, sollen die Mitarbeite­r aus den beiden anderen Kliniken, vor allem aus Illertisse­n, umdirigier­t werden. Mit Investitio­nen in die IT-Technik werde es laut Keller künftig gelingen, Operatione­n besser zu planen und Leerläufe zu vermeiden.

Nächstes Jahr sollen einige grundsätzl­iche Entscheidu­ngen fallen. Im Januar/Februar debattiere­n die Kreispolit­iker, wie es mit den Krankenhäu­sern insgesamt weitergehe­n soll. Dazu ist zunächst eine Klausurtag­ung geplant. Allerdings warnte Franz Clemens Brechtl (CSU), dass nicht so rasch mit einem Abschmelze­n des Defizits zu rechnen sei, und Gerold Noerenberg merkte an, Umstruktur­ierungsmaß­nahmen erforderte­n zunächst Investitio­nen: „Das kostet erst mal Geld“. (hip)

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Foto: Felix Oechsler Die Kliniken erwirtscha­ften nächstes Jahr wohl ein Minus von neun Millionen Euro.

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