Auf neuer Strecke zum alten Bahnhof
Durch die Verzögerungen bei den Bauarbeiten am Knotenpunkt in der Landeshauptstadt wird nun die Forderung nach früherer Freigabe des Ulmer Abschnitts laut
Die Neubaustrecke über die Alb von Ulm bis Wendlingen liegt offenbar voll im Plan. Ganz im Gegensatz zum Bahnknotenpunkt „Stuttgart 21“. Nun verlangt der Ulmer Landtagsabgeordneter Jürgen Filius (Grüne) in einem Schreiben an den Bahn-Vorstand eine vorzeitige Inbetriebnahme: „Ich fordere die Deutsche Bahn AG auf, schnellstens ein Fahrplan- und Nutzungskonzept für die Neubaustrecke vorzulegen, sodass eine vorzeitige Inbetriebnahme in 2021 vorangetrieben werden kann.“Dabei müsse auch der neue Bahnhof „Merklingen – Schwäbische Alb“eingebunden werden, heißt es in einer Presseerklärung weiter. Aus einer Antwort von Verkehrsminister Winfried Hermann auf eine Anfrage von Jürgen Filius gehe hervor, dass der Landesregierung derzeit noch keine entsprechenden Szenarien der Bahn vorliegen.
Die Bahn zeigt sich auf Nachfrage unserer Zeitung reserviert: „Ob es tatsächlich möglich ist, die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm vor dem neugeordneten Bahnknoten Stuttgart in Betrieb zu nehmen, müsste ausführlich geprüft werden“, sagt ein Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm. Die Analyse der Termin- und Kostensituation an der Wendlingen-Ulm sei Bestandteil eines Gutachtens, das eine Wirtschaftsberatungsgesellschaft sowie eine Ingenieurgruppe im Auftrag des Prüfungs- und Compliance-Ausschusses und des Vorstands der Deutschen Bahn erstellt hätten.
Über die Ergebnisse des Gutachtens werde der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn im Rahmen seiner nächsten Sitzung im Januar abschließend beraten. „Dem können und wollen wir nicht vorgreifen“, so der Bahn-Sprecher.
Laut Gutachten wird die Neuordnung des Stuttgarter Bahnknotens womöglich bis zu 7,6 Milliarden Euro kosten und drei Jahre später als geplant 2024 in Betrieb gehen wird.
Zudem fordert Filius in dem Brief an die Bahn, eine zweigleisige Anbindung der Neubaustrecke an das Streckennetz bei Wendlingen. In den derzeitigen Planungen sei für die Ableitung des Güterverkehrs von der Neubaustrecke eine eingleisige Anbindung an das bisherige Streckennetz bei Wendlingen vorgesehen. Diese könne auch vom Fern- und Nahverkehr befahren werden. „Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit – gerade auch bei Störungen im weiteren Streckenverlauf – ist es jedoch dringend geboNeubaustrecke ten, die Anbindung zweigleisig umzusetzen“, schreibt Filius. Die Bahn müsse endlich zugeben, dass „Stuttgart 21“erst Jahre nach der Neubaustrecke von Ulm nach Wendlingen in Betrieb gehen kann. Und sie müsse endlich erklären, wie sie mit diesen bekanntgewordenen Verzögerungen umgehen will.
Die Bahn sei verpflichtet Sorge dafür tragen, dass die Bürger über eine leistungsfähige Anbindung der Neubaustrecke an die Neckartalbahn Fahrgäste von kürzeren Fahrzeiten profitieren können und die viel befahrene Filstalbahn entlastet werde. Schließlich zahle das Land für die Neubaustrecke – und damit die Bürger – freiwillig 950 Millionen Euro.
Durch die Neubaustrecke wird die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm im Fernverkehr auf eine halbe Stunde nahezu halbiert – und auch im Regionalverkehr sind Reisende zukünftig nur noch 41 Minuten unterwegs. Die Hälfte der etwa 60 Kilometer langen Strecke führt durch neun Tunnel, ansonsten folgt sie in enger Bündelung der parallelen Autobahn 8. Darüber hinaus entstehen rund 40 Eisenbahn- und Straßenüberführungen, darunter die beiden herausragenden Filstalbrücken über den Neckar bei Wendlingen und über das Filstal bei Mühlhausen im Täle.
Einen Tag nach der Ankündigung des israelischen Pharmakonzerns Teva, weltweit 14000 Stellen zu streichen, versuchte am Freitag nun die Geschäftsleitung des Ratiopharm-Standorts Ulm, um Interimschef Christoph Stoller, die Gemüter per Rundmail zu beruhigen. Das Unternehmen sei in Deutschland und Österreich gut aufgestellt, man arbeite bereits hoch effizient. 2017 sei der Standort wiederum sehr erfolgreich gewesen. „Hilft uns das in der jetzigen Situation?“, fragt die Chefetage rhetorisch, um gleich darauf zu antworten: „Wir sind der Überzeugung: Ja.“Allerdings machen die Unterzeichner Stoller, Hermann Allgaier, Andreas Burkhardt, Miran Denac sowie Sascha Glanemann klar, dass es auch in Deutschland – und somit Ulm – zu Budgetkürzungen und Stellenstreichungen kommen werde. Doch der Standorte werde in einer besseren Verhandlungsposition sein, als andere Teva-Niederlassungen. Und weiter: „Wir gehen unruhigen Zeiten entgegen.“
Es müsse dennoch klar gestellt werden, dass die Zahlen und Prozentsätze, die von Teva in Isreal genannt wurden, globale Werte sind und nicht einfach auf einzelne Standorte umgerechnet werden könnten. Konkrete Ziffern für den Standort Ulm gebe es derzeit nicht. Die Leiter der einzelnen Bereiche gehen laut dem Brief der Geschäftsleitung jetzt mit ihren jeweiligen europäischen oder globalen Vorgesetzten in die Abstimmung, wie die neuen Strukturen hierzulande umgesetzt werden.
Ziel sei es, dass im Laufe des Januars entsprechende Jahrespläne für 2018 vorliegen. Erst dann werde die Belegschaft in Ulm darüber Klarheit haben, welche Kürzungen tatsächlich in Deutschland umgesetzt werden. Vorher könne es keine Entscheidungen zu Stellenstreichungen in Deutschland geben. Sämtliche Maßnahmen würden nach Abschluss der Planungen mit dem Betriebsrat abgestimmt. (heo)