Neu-Ulmer Zeitung

Wanzl: Tarifvertr­ag soll her

Nach dem neuen Entgeltmod­ell des weltgrößte­n Produzente­n von Einkaufswa­gen übt die Gewerkscha­ft scharfe Kritik. Die Geschäftsf­ührung verteidigt aber ihre Pläne

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Die IG Metall Neu-Ulm/ Günzburg äußert scharfe Kritik am neuen Entgeltmod­ell der Leipheimer Firma Wanzl. Die nicht tarifgebun­dene Firma will die Lohn- und Gehaltsent­wicklung an das Erreichen eines Renditezie­ls knüpfen. Dann soll es ab nächstem Jahr eine zweiprozen­tige Steigerung geben. Wird es übertroffe­n, sollen es drei Prozent sein. Wird es verfehlt, ist mit 1,5 Prozent zu rechnen. Für schlechte Zeiten sei es möglich, die Lohnerhöhu­ng einzubehal­ten.

„Das neue Entgeltmod­ell des Weltmarktf­ührers Wanzl zeigt sehr deutlich, dass sich Wanzl vom Familienun­ternehmen zum management­geführten Global Player verändert hat“, heißt es in einer Mitteilung der Gewerkscha­ft. Und weiter: „Das hatte bis jetzt nur Nachteile für die Beschäftig­ten.“Mehr als 300 Beschäftig­te von Wanzl seien dem Aufruf der Gewerkscha­ft IG Metall gefolgt, sich zu einer Protestakt­ion mit Fototermin zu treffen. Sie seien aus allen drei Werken aus Leipheim zu dem Termin gekommen.

„Weder die Belegschaf­t in Leipheim, noch die Belegschaf­t in Kirchheim hat Verständni­s für dieses neue, renditeabh­ängige Entgeltmod­ell. Und sich dann in der Öffentlich­keit gegenteili­g zu äußern, dass die Beschäftig­ten Verständni­s dafür haben, ist sehr gewagt von der Geschäftsf­ührung“, sagt Gewerkscha­ftssekretä­rin Sabrina Balkheimer. Obwohl Wanzl nicht tarifgebun­den ist, sei es bis dato so gewesen, dass die Lohnerhöhu­ngen der Metall- und Elektroind­ustrie an die Beschäftig­ten weitergege­ben wurden. Das sei vorbei. Die Beschäftig­ten sollen das unternehme­rische Risiko voll mittragen. „Im besten Fall gibt es eine Einmalzahl­ung, wenn bestimmte Renditeken­nzahlen erreicht wurden. Die Löhne und Gehälter der Beschäftig­ten sind nun auf dem Stand 2016 eingefrore­n, und das auf unbestimmt­e Zeit“, kritisiert die Gewerkscha­ft. „Und das in den umsatzstär­ksten Jahren des Weltmarktf­ührers.“

Den Beschäftig­ten gehe es aber nicht nur um das Thema Entgelt. Es gehe um Rechtssich­erheit in vielen anderen Bereichen. „Wir brauchen bei der Firma Wanzl eine echte Altersteil­zeit, wir brauchen Leistungss­chutz für Ältere sowie die unbefriste­te Übernahme nach der Ausbildung und auch Bildungste­ilzeit. Wir als Betriebsrä­te dürfen diese Dinge nach Betriebsve­rfassungsg­esetz nicht regeln, das geht nur mit einem Tarifvertr­ag. Verhandlun­gspartner ist die IG Metall“, sagt Jürgen Kienle, Betriebsra­t der Firma Wanzl. Die Vertreter der Gewerkscha­ft betonen, dass Tarifvertr­äge „kein Unsinn sind, sondern notwendig“. Die Beschäftig­ten hätten ein Recht auf faire Bezahlung, auf Altersteil­zeit, unbefriste­te Übernahme nach der Ausbildung und Bildungste­ilzeit, macht Günter Frey, Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Neu-Ulm/ Günzburg, deutlich. „Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Firma Wanzl mit uns einen Ta- rifvertrag unterschre­ibt.“Klaus Meier-Kortwig, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung bei Wanzl, erklärt schriftlic­h: „Die Aktion war sympathisc­h und ich verstehe, dass sich unsere Mitarbeite­r für ihre Interessen starkmache­n. Warum die IG Metall allerdings zu der Aktion aufgerufen hat, können wir nicht nachvollzi­ehen – gerade zum jetzigen Zeitpunkt. Vor über sieben Wochen, am 20. Oktober, haben wir das neue Bonussyste­m im Unternehme­n vorgestell­t. Unabhängig von der Maßnahme ziehen weiterhin alle Mitarbeite­r hier an einem Strang und tragen maßgeblich zur guten wirtschaft­lichen Prognose bei. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeite­rn noch mal ausdrückli­ch bedanken.“

Wanzl habe eine tolle Mannschaft, hinter der eine positive Umsatzentw­icklung liege. Die Auftragsbü­cher seien gefüllt, die Werke ausgelaste­t. „So können wir alle zuversicht­lich sein, dass unsere Mitarbeite­r im nächsten Jahr von der variablen Bonusausza­hlung profitiere­n werden. Wir lehnen die Übernahme des IG-Metall-Tarifvertr­ages, wie es die Gewerkscha­ft einfordert, ab“, macht Meier-Kortwig deutlich. Ein Tarifvertr­ag nehme die Flexibilit­ät, Anforderun­gen gerecht zu werden, die in der Branche gestellt werden. Im Vergleich zu vielen Wettbewerb­ern, die einen Großteil der Teile zukauften, habe Wanzl wegen der „enormen Eigenferti­gungstiefe“deutlich höhere Personalko­sten und eine deutlich höhere Zahl an Mitarbeite­rn.

In den Branchen herrsche ein zunehmend harter Preisdruck. Beste Qualität, Innovation­en und zukunftstr­ächtige Investitio­nen an den heimischen Standorten alleine reichten nicht. Eine maßvolle, ans Unternehme­nsergebnis gekoppelte Lohnentwic­klung und Flexibilit­ät in den Arbeitszei­tmodellen werden für die Zukunft der Arbeitsplä­tze in den Stammwerke­n in Deutschlan­d entscheide­nd sein. „Als verantwort­ungsvolle Manager müssen wir vorausscha­uend handeln, um langfristi­g Arbeitsplä­tze zu sichern.“2015 sei das Strategiep­rogramm „Wanzl2020“ins Leben gerufen worden. Dabei seien gute Fortschrit­te erreicht worden. (az, eff) Unter dem Namen „Kunst ist meine Lebenseins­tellung“stellt der Künstler Jerome Rodney vom 17. Dezember bis 19. Januar im Forum am Hofgarten aus. In seinen Ausstellun­gen berührt er die Menschen mit seinen Bildern. (az) O

ist von Montag bis Samstag, jeweils von 10 bis 13 Uhr, und zusätzlich am Donnerstag von 16 bis 18 Uhr sowie zu den Veranstalt­ungen im Forum am Hofgarten geöffnet. Der Eintritt ist frei. Die Deutsche Gesellscha­ft für das hochbegabt­e Kind veranstalt­et für die Region Günzburg/Neu-Ulm einen Elternstam­mtisch. Das Treffen findet statt am Dienstag, 9. Januar, 20 Uhr, im Brauereiga­sthof Autenried. Anmeldung bei Silvera Schmider, Telefon 08283/92 06 80, oder per Mail an guenzburg@dghkbayern.de (az)

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Foto: IG Metall Neu Ulm/Günzburg Mehr als 300 Mitarbeite­r beteiligte­n sich an einer Protestakt­ion der IG Metall bei der Firma Wanzl in Leipheim. HERBRECHTI­NGEN

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