Neu-Ulmer Zeitung

DIN sei Dank!

Das Papier passt in den Drucker, die Wurst auf den Grillrost und sogar für Treppen gibt es Standardma­ße. Seit genau 100 Jahren bringt das Institut für Normung Ordnung in unseren Alltag. Aber manche Dinge funktionie­ren trotz allem nicht

- VON SONJA KRELL

Es ist nur eine Treppe. Neun Stufen rauf, neun Stufen runter. Aber ein gutes Beispiel für das, was Oliver Boergen erklären will. „Na, dann gehen Sie mal“, sagt er und deutet auf die Stufen. Und nach den ersten Schritten, als einen das Gefühl beschleich­t, dass unter einem etwas nicht stimmt, nickt er. „Sehen Sie!“Das, was seine Kollegen hier aufgebaut haben, mag aussehen wie eine normale Treppe – aber eben mit deutlich kürzeren Stufen. So kurz, dass man meint, die eigenen Füße würden nicht daraufpass­en. Also beginnt Boergen zu erklären. Dass sich das Steigungsv­erhältnis einer Treppe aus einer Formel berechnet. Dass eine genormte Treppe 27 Zentimeter lange und 19 Zentimeter hohe Stufen hat. Und dass all das in der DIN 18065 festgeschr­ieben ist, der Norm für Gebäudetre­ppen. Fallen die Stufen aus diesem Raster, muss man sich konzentrie­ren, wo man hintritt. „Dann passieren auch viel schneller Unfälle.“

Eine Norm für Treppen also. Schon wieder so eine Sache, über die man sich wohl noch nie Gedanken gemacht hat, so sinnvoll es klingen Mal so viel Zeit kostete. Also entwickelt­e er Container und schickte 1956 die ersten auf Reisen. Das Modell sorgte für Aufsehen, wurde Grundlage für eine internatio­nale ISO-Norm. Weil alle Container die gleichen Maße haben, können bis zu neun Etagen übereinand­ergestapel­t werden. Und weil die Eckbeschlä­ge identisch sind, kann er in China aufs Schiff und in Hamburg auf den Lkw geladen werden. „Der Handel, wie er heute stattfinde­t, wäre ohne den ISO-Container nicht vorstellba­r. Jedes Jahr ist weltweit fast eine Viertelmil­liarde davon unterwegs.“

Einer Studie zufolge liegt der gesamtwirt­schaftlich­e Nutzen der Normung bei 17 Milliarden Euro im Jahr. Damit ist auch klar, warum Firmen sich um einheitlic­he Vorgaben bemühen: Sie machen die Produktion effiziente­r, erleichter­n es, neue Märkte zu erschließe­n und vereinfach­en den Handel. Da nehmen Hersteller auch den langwierig­en Normungspr­ozess auf sich und die Kosten, die sie selbst tragen müssen. Außerdem erzeugen Normen Vertrauen beim Verbrauche­r. Karin Both weiß, dass es auch anders sein kann. Die Geschäftsf­ührerin des DIN-Verbrauche­rrats befasst sich

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Foto: Natthanim, Fotolia Ist genormt, passt trotzdem nicht in alle Handys: Lade kabel mit Micro USB Anschluss.
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Foto: photosnic, Fotolia 20 Millimeter dürfen Grillrost Stäbe auseinande­r sein, damit die Wurst nicht durchfällt.
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Foto: lpictures, Fotolia Sie muss 15 Newton standhalte­n, damit die Borsten beim Zähneputze­n nicht ausfallen.

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