Wie wählen Unis künftige Ärzte aus?
Martina Kadmon ist Dekanin der neuen Augsburger Medizin-Fakultät. Was sie zum Numerus clausus sagt und warum für sie mehr Studienplätze die Chancengleichheit nicht erhöhen
Was müssen Bewerber mitbringen, um Medizin studieren zu können?
Genau das ist die Kernfrage bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Eignung der Bewerber muss bei der Auswahl der Medizinstudierenden im Vordergrund stehen. Andere Kriterien dürfen nur nachrangige Bedeutung haben. Die Eignung zu prüfen ist auch deshalb so wichtig, weil mehr Bewerber Medizin studieren möchten, als es Plätze gibt. Es müssen die ausgewählt werden, die das Potenzial haben, die Arbeitslast im Medizinstudium zu bewältigen und es erfolgreich abzuschließen – für eine gute medizinische Versorgung.
Wie lässt sich die Eignung messen?
Die Abiturnote ist bislang stärkstes Zulassungskriterium, an dem Bewerber gemessen werden. Sie ist ein wichtiger Faktor, weil sie sehr gut den Studienerfolg voraussagt. Aber sie sollte nicht das einzige Kriterium sein. Es gibt zusätzliche Möglichkeiten, zu testen, ob ein Bewerber sich für das Medizinstudium eignet. Sehr gut ist der fachspezifische Test für medizinische Studiengänge. Er prüft kein Wissen, weil das durch das Abitur abgedeckt ist, sondern das Verständnis für naturwissenschaftliche und medizinische Problemstellungen, wie man sie in Studium und Beruf bewältigen muss. Solche Tests gibt es seit Jahrzehnten, sie werden aber noch nicht an allen Universitäten eingesetzt.
Welche Fähigkeiten sind noch wichtig?
Neben kognitiven Fähigkeiten sollten Bewerber soziale, kommunikative und Teamkompetenzen haben. Diese Qualifikationen sollten stärker in die Auswahl einbezogen werden, weil auch sie für ein Medizinstudium und den Arztberuf wichtig sind. Mediziner müssen heute gut zuhören und analysieren können, mit Patienten und deren Angehörigen kommunizieren und mit Kollegen zusammenarbeiten.
Wie wird festgestellt, ob Bewerber über diese Qualifikationen verfügen?
Kommunikationsfähigkeit und Sozialkompetenz lassen sich in Interviews messen, aber nur in sehr standardisierter Form. Es gibt Interviewformen, in denen Bewerber an mehreren Stationen klar strukturierte Aufgaben erfüllen. Das können Rollenspiele sein, in denen Kandidaten Situationen gemeinsam meistern müssen, oder Szenen mit Schauspielern, die Patienten verkörpern. Damit Ergebnisse vergleichbar sind, be- obachten und bewerten Prüfer nach einem klaren, einheitlichen Bewertungsschema. Sie ziehen daraus Schlüsse, wie gut angehende Studenten den Umgang mit Patienten meistern. Den brauchen sie nicht erst im Arztberuf, sondern schon vorher. Warum werden die Auswahlverfahren noch nicht angewendet?
Die sogenannten multiplen Mini-Interviews sind extrem aufwendig. Für Universitäten sind sie schwer zu organisieren, weil die Konzeption viel Zeit beansprucht und auch die Durchführung nur in einem Zeitfenster zwischen der Bewerbungsfrist Mitte Juli und der Zulassung Mitte September möglich ist – genau in der Hauptferienzeit. Universitäten müssen es sich leisten kön- nen und wollen, denn der Personalaufwand bei solchen Interviews ist enorm. An der Medizinischen Fakultät in Hamburg werden fast 60 Interviewer gebraucht, um Bewerber auf diese Weise zu testen. Internationale Studien gehen davon aus, dass Kosten bis zu 250 Euro pro Bewerber anfallen. Würden Interviews bundesweit eingesetzt, müsste man eine hohe sechsstellige Summe einplanen. Müssen soziale Fähigkeiten unbedingt mündlich abgefragt werden?
Es gibt durchaus auch schriftliche Verfahren, mit denen soziale Kompetenz getestet wird. Mit Fragebögen oder Videos im Multiple-Choice-Format wird ermittelt, wie sich Bewerber in bestimmten Situationen verhalten. Dabei handelt es sich um Dilemma-Situationen, Konflikte oder kommunikativ schwierige Situationen. Mit diesen Testformaten kann man mehr Bewerber prüfen als in Interviews. Wir stehen in Deutschland mit diesen Verfahren aber noch am Anfang. Sie müssen weiterentwickelt werden, um sie als Auswahlkriterien nutzen zu können. Wie agieren bayerische Fakultäten bei der Zulassung zum Medizinstudium?
Neben der Abiturnote nutzen bayerische Fakultäten das Ergebnis im Medizinertest und bonieren eine medizinnahe Ausbildung in Gesundheitsberufen. In Würzburg und Regensburg werden Bildungspreise wie Jugend forscht, ein abgeleisteter Dienst und in Regensburg herausragende sportliche Erfolge berücksichtigt. In Augsburg werden wir 2019 für die Zulassung der ersten Studenten
Angesichts des AfD-Vorhabens zur Gründung einer parteinahen Gustav-Stresemann-Stiftung hat sich der Enkel des ehemaligen deutschen Reichskanzlers empört gezeigt. „Wir werden alle rechtlichen Schritte prüfen, um das zu unterbinden“, sagte der 62-jährige Walter Stresemann der Stuttgarter Zeitung. Seine Schwester und er seien „schockiert“von den AfD-Plänen. Christina Stresemann leitet am Bundesgerichtshof einen Zivilsenat. Weder er noch seine Schwester seien unterrichtet worden. „Wir hätten das natürlich abgelehnt“, betonte er. „Das ist derart dreist, was diese Partei da plant.“Stresemann fügte hinzu: „Was mein Großvater schließlich aus Überzeugung vertrat, steht ja fundamental gegen das, was die AfD verkörpert.“
Zuvor hatte AfD-Chef Alexander Gauland der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von dem Gründungsvorhaben einer parteinahen Stiftung berichtet. „Ich würde es begrüßen, wenn sie Gustav-Stresemann-Stiftung heißen würde“, sagte er. Der Staatsmann stehe für das nationalliberale Erbe Deutschlands. „Diesem Erbe sieht sich die AfD verpflichtet“, fügte Gauland hinzu.
Auch die FDP reagierte empört. Der stellvertretende Parteivorsitzende und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki bezeichnete das Vorhaben als „makaber“und „geschichtslos“. Er sprach von einer kalkulierten Provokation Gaulands. Eine AfD-nahe Stiftung könnte laut FAZ jedes Jahr mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag aus Steuergeldern rechnen. Derzeit erhalten alle parteinahen Stiftungen zusammengenommen jährlich deutlich über 500 Millionen Euro.