Verliert Polen sein Stimmrecht in der EU?
Die Kommission setzt das Mitgliedsland mit beispiellosem Verfahren unter Druck. Doch Warschau reagiert demonstrativ gelassen
Zum ersten Mal zieht die EU ihre schärfste diplomatische Waffe gegen einen Mitgliedstaat: Polen soll wegen Rechtsstaat-Verstößen seine Stimmrechte auf europäischer Ebene verlieren. Doch Warschau reagiert gelassen. Schließlich ist unsicher, ob der Beschluss überhaupt umgesetzt werden kann.
Frans Timmermans klang am Mittwoch entmutigt. „Zwei Jahre haben wir alles Menschenmögliche versucht“, sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission. Das Thema Rechtsstaatlichkeit gehört zu seinem Ressort in der obersten EU-Behörde. Dreimal gingen Warnungen und blaue Briefe an die Regierung nach Warschau, weil Gesetzesvorhaben schon vorher nüchtern, es sei „das Vorrecht der Europäischen Kommission, das Verfahren einzuleiten“.
Tatsächlich hat die oberste EUBehörde Polen noch drei weitere Monate Schonfrist eingeräumt und konkret vorgegeben, was die Regierung tun könne, um das Verfahren zu stoppen: Die geplanten Änderungen des Pensionsalters für oberste Richter müssen entfallen. Richter sollen weiter aus den eigenen Reihen gewählt werden – anstatt per Beschluss des Justizministers ins Amt zu kommen. Die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtshofes muss sichergestellt sein. Außerdem sollen sich Regierungsmitglieder aller Äußerungen enthalten, die die Legitimität der Justiz untergraben könnten. Brüssel bezieht sich mit dieser