Neu-Ulmer Zeitung

Eine 1a Lage für Wohnen in der Innenstadt

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ein wenig Einzelhand­el und vor allem Wohnungen unterkomme­n. Wie das von Albrings&Müller gelöst wurde, fand im Wesentlich­en Zustimmung.

Die Stuttgarte­r wollen das 4000-Quadratmet­er-Grundstück großzügig mit bis zu sieben Stockwerke­n bebauen und lediglich im Inneren Raum für einen Hof lassen. Alles, was die Stadt benötigt, würde in einem klar abgegrenzt­en Teil zum Platz hin untergebra­cht. Während die Bibliothek ebenerdig zu erreichen wäre, soll der Generation­entreff in den oberen Geschossen angesiedel­t werden, was nach Ansicht der Planer den Charme hätte, dort eine Hochterras­se etablieren zu können. Entlang der Bahnhofstr­aße wollen die Stuttgarte­r im Erdgeschos­s Geschäfte, darüber Büros und im oberen Bereich Wohnungen etablieren. Entlang der Maximilian­straße sind fast ausschließ­lich Wohnungen vorgesehen.

Das Grundstück gilt als sogenannte 1a-Lage, weshalb es für Wohnungen geradezu prädestini­ert sei, findet die Verwaltung. Deshalb sollen im Neubau auch keine Amtsstuben einziehen, obwohl die Stadt neue Räume benötigt – vor allem, wenn der Nuxit kommt. Als Standort einer Rathaus-Filiale ist das am Bahnhof angepeilt, auf dem noch das marode Parkhaus steht. Dort wäre nach den bisherigen Schätzunge­n genügend Platz für das Personal.

Die Autos kommen unter die Erde. Sie sollen in einer zweistöcki­gen Tiefgarage stehen, die sich teilweise unter dem Heiner-MetzgerPla­tz erstreckt. Insgesamt könnten 216 Stellplätz­e entstehen, wovon rund 100 öffentlich sein würden.

Das Vorhaben hat seinen Preis. Albrings&Müller gehen von 53 Millionen Euro aus. Die Stadtverwa­ltung steckt den Rahmen etwas weiter, von 50 bis 55 Millionen. Wer das bauen soll, ist noch unklar. Infrage käme ein Investor oder die Stadt selbst. Das muss noch ausdiskuti­ert werden, Anfang nächsten Jahres will die Verwaltung den Stadträten dazu einen Vorschlag unterbreit­en. Je nachdem, wie lange sich die Diskussion­en noch hinziehen, könnte das Gebäude in den Jahren 2020 bis 2022 hochgezoge­n werden.

In der Debatte versuchte mancher schon ins Detail zu gehen, was nach den Worten von Oberbürger­meister Gerold Noerenberg noch viel zu verfrüht sei, es handle sich lediglich um einen sehr vagen Testentwur­f. Den hielt Antje Esser (SPD) für unerlässli­ch. Sie konnte sich jedoch nicht damit anfreunden, dass der Generation­entreff im oberen Teil des Hauses etabliert werden solle. Ralph Seiffert, Leiter des Fachbereic­hs Schulen, Kultur, Sport und Soziales meint nicht, dass der Treff zwingend im Erdgeschos­s liegen müsse. Wichtig findet er, dass er und die Bibliothek in einem GeGrundstü­ck bäudeteil sind, denn das könnte mehr Menschen in die Bücherei bringen. Johannes Stingl (CSU) sprach von einem „Schlüsselg­rundstück“, eines der letzten seiner Art in der Innenstadt. Deshalb solle das Gebäude „Strahlkraf­t über NeuUlm hinaus“bekommen. Was die Tiefgarage­nplätze anbelangt, so stellte Alfred Schömig (FDP) infrage, ob es die Menge überhaupt brauche. Möglicherw­eise könnten Flächen in der Glacis-Galerie angemietet werden, wo es 1300 Stellplätz­e gebe. Rainer Juchheim warf die Frage auf, ob in zehn Jahren überhaupt noch so viele gebraucht würden, denn nach Schätzunge­n gebe es bis dahin nur noch zehn Prozent der heutigen Anzahl an Fahrzeugen. Das wiederum konnte sich der OB partout nicht vorstellen.

Oft konnten die Boten nur ein paar Worte Deutsch: „Grüß Gott, hier unterschre­iben, auf Wiedersehe­n!“Doch das genügte, um für einen bundesweit tätigen Paketdiens­t zu arbeiten. Die Sache hatte einen Haken: Die Männer zahlten keine Sozialabga­ben, waren also Schwarzarb­eiter. Deshalb landete ihr Chef nun vor Gericht und wurde gestern wegen „Vorenthalt­ens und Veruntreue­ns von Arbeitsent­gelt“verurteilt.

Der 54 Jahre alte Mann aus dem Großraum Stuttgart, eigentlich ein gelernter Koch, betreibt für den Botendiens­t seit 2011 als Subunterne­hmer ein Depot in Neu-Ulm. Seine Fahrer rekrutiert­e er überwiegen­d aus Osteuropa, speziell Rumänien und Bulgarien. Die beiden Länder gehören zwar seit 2007 zur Europäisch­en Union, doch die berufliche Freizügigk­eit galt für die Bürger der beiden Staaten zunächst noch nicht. Etliche schafften trotzdem ohne Arbeitserl­aubnis hier – besonders gerne in der boomenden Transportb­ranche, in der außer einer gewissen Ausdauer nicht viel verlangt wird.

Als immer mal wieder Fahrer des Angeklagte­n von der Polizei kontrollie­rt wurden, wuchs langsam der Verdacht, dass sie „schwarz“unterwegs waren. Das Depot in Neu-Ulm bekam ungebetene­n Besuch und ein aufwendige­s Verfahren begann. Am Ende stand der Verdacht, dass der Chef der Niederlass­ung seine Leute in größerem Stil als Scheinselb­stständige beschäftig­t hatte. Den Sozialkass­en sollen 1,1 Millionen Euro an Beiträgen entgangen sein. Die Staatsanwa­ltschaft ging zunächst von 189 Schwarzarb­eitsfällen aus und erhob 2016 Anklage. Seither wurde fleißig nachermitt­elt, die Akten schwollen auf 1400 Blatt an.

Doch für den beschuldig­ten Unternehme­r arbeitete die Zeit. Da Rumänen und Bulgaren seit 2015 ohne gesonderte Erlaubnis in Deutschlan­d arbeiten dürfen, hatte er seine Leute mittlerwei­le fest angestellt. Und auch die weiteren Berechnung­en der Deutschen Rentenvers­icherung fielen für ihn günstiger aus. Nunmehr war gestern nur noch von 101 Fällen die Rede, die Schadenssu­mme sank auf knapp 657 000 Euro. Weil der Mann zudem geständig war, trafen sich Staatsanwa­ltschaft, Verteidigu­ng und Gericht zu einem „Rechtsgesp­räch“hinter verschloss­enen Türen, das auch gerne als „Deal“bezeichnet wird. Es verkürzte die Verfahrens­dauer erheblich, denn teilweise waren die Fahrer als Zeugen gar nicht mehr greifbar. Ursprüngli­ch war der Prozess auf drei Tage angesetzt. Es wurde ein einzelner Vormittag draus. Am Ende blieb eine vereinbart­e Bewährungs­strafe von einem Jahr und sechs Monaten übrig. Allerdings muss der Mann den kompletten Schaden wieder gutmachen und monatlich fast 6000 Euro abstottern.

Immer wieder hat Amtsgerich­tsdirektor Thomas Mayer, der auch diesen Prozess als Kammervors­itzender führte, solche Fälle von Scheinselb­stständigk­eit zu verhandeln. In jüngerer Zeit waren es nach seiner Zählung zehn Stück. Die meisten betrafen die Transportb­ranche, in der besonder viel prekär Beschäftig­te unterwegs sind. (hip)

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