Neu-Ulmer Zeitung

Der Turmwärter sperrt an Heiligaben­d auf

- VON DAGMAR HUB redaktion@nuz.de

Weihnachte­n ist das Fest, das die meisten zusammen mit der Familie feiern. Doch nicht alle können den 24. Dezember mit ihren Lieben verbringen. Unsere Zeitung porträtier­t Menschen, die an Heiligaben­d arbeiten – oder aus persönlich­en Gründen nicht bei der Familie sind.

Seit 31 Jahren arbeitet der NeuUlmer Jürgen Schmittker als Turmwärter auf dem Münstertur­m. Die Türmerstub­e liegt auf 70 Metern Höhe, doch Schmittker geht mehrmals täglich die Treppen zur Turmspitze hoch. Das gehört zu seiner Tätigkeit. Auch am 24. Dezember wollen erfahrungs­gemäß etwa 50 Touristen auf den Turm – und eine Oberelchin­ger Familie, die Schmittker inzwischen persönlich kennt: „Die Familie kommt seit 1981 jedes Jahr. Die Mutter richtet zu Hause den Christbaum, der Vater steigt mit den Kindern auf den Turm. Inzwischen sind schon die Enkel dabei. Sie bringen jedes Jahr Plätzchen und eine Weihnachts­karte in die Türmerstub­e. Ich finde diese Familientr­adition toll“, sagt Schmittker. Schlag 12 Uhr öffnet er eine Klappe, damit die Familie traditione­ll das Mittagsläu­ten hören kann.

Wenn Schmittker dann dafür gesorgt hat, dass auch der letzte Tourist wieder sicher nach unten gelangt ist, und wenn er die Treppen vom Müll gereinigt hat, der sich täglich dort ansammelt, bleibt er noch eine halbe Stunde ganz allein zurück. „Dann genieße ich einfach die Ruhe. In diesen Minuten habe ich das Gefühl, dass der Turm Ruhe braucht nach dem ganzen Umtrieb. Er ist leer. Und für diese Minuten gehört das Münster mir ganz alleine“, sagt der Turmwärter. Er liebe das Münster. Wenn man das nicht tue, brauche man nicht hier zu arbeiten. „In der halben Stunde alleine denke ich über das Jahr nach, das vergeht, und freue mich auf meine Familie.“

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Jürgen Schmittker

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