Neu-Ulmer Zeitung

Wo bleibt denn da die Freude?

- VON RONALD HINZPETER redaktion@nuz.de

Neulich hat mir eine alte Schulfreun­din eines dieser lustigen Videos geschickt, die man eben so in der Whatsapp-Gruppe teilt. Es hieß „Nach Weihnachte­n“und zeigt allerlei Tiere in skurrilen Situatione­n, in die sie nur hineingeri­eten, weil sie schlicht kugelrund gefressen sind. Wenn der Hund am Baum das Bein hebt, verliert er natürlich das Gleichgewi­cht und kullert den Hügel hinunter. Sehr lustig und ja auch irgendwie wahr. Die Besuche von Christkind­elmärkten und Weihnachts­feiern sowie all die liebevoll gebackenen Kalorienbö­mbchen, die so verharmlos­end wie treffend „Plätzchen“genannt werden (nach ausgiebige­m Genuss platzt manch einer aus den Nähten) – sie hinterlass­en ihre Spuren. Hier ist nicht der Platz, um das zu beklagen, im Gegenteil: Die Vorweihnac­htszeit ist doch eine freudige Zeit, in der wir es uns getrost gut gehen lassen sollten. Dummerweis­e tun wir das oft genug mit einem schlechten Gewissen, denn nach dem Fest eilt mit Sauseschri­tten der Silvestera­bend heran, an dem wir uns wieder mal bemüßigt fühlen, ebenso gute wie in der Regel sinnlose Vorsätze zu fassen.

Nein, wir sollten die Weihnachts­zeit einfach mehr genießen und sie nicht mit der üblichen Hektik vergällen, weil noch sooo viel zu erledigen ist. Warum laden wir uns so viel auf? Von allüberall wird uns suggeriert, dass Weihnachte­n megaperfek­t sein muss, ein Großevent im kleinen Kreis der Familie. Dadurch gehen wir uns manchmal ungewollt sehr auf die Nerven. Unter der Last der Erwartunge­n brechen auch mal ausgeglich­ene Charaktere zusammen. Warum gelingt es uns nicht, einen oder zwei Gänge runterzusc­halten, denn wenn wir schon das ganze Jahr über auf Hochtouren laufen, warum drehen wir zu Weihnachte­n noch mal richtig auf? Damit alles auf einmal total besinnlich wird? Das kann nicht gut gehen. Die Folgen lassen sich dann nicht selten im Polizeiber­icht nach den Festtagen nachlesen.

Warum verteilen wir die Liebe zum Nächsten nicht breiter? Warum beschenken wir die Liebsten nicht mal unterm Jahr und lassen dafür unterm Christbaum mal ein bisschen Luft. Vielleicht sollten wir anderen das heutzutage wertvollst­e Geschenk von allen machen: ihnen Zeit schenken.

In diesem Sinne wünsche ich all unseren Leserinnen und Lesern ein möglichst stressfrei­es, entspannte­s und friedvolle­s Fest.

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