Neu-Ulmer Zeitung

Ihr Kinderlein kommet

Christine Schweizer ist Pflegemutt­er von sieben Buben und Mädchen. Um die dreht sich bei der 60-Jährigen an Weihnachte­n alles. Doch manchen muss sie erst den Sinn des Festes erklären

- VON DORINA PASCHER

Was wäre aus Jesus geworden, wenn Maria psychisch krank und Josef gewalttäti­g gewesen wäre? Würde die Christenhe­it am 24. Dezember Weihnachte­n feiern? Nicht immer können Eltern ihren Söhnen und Töchtern ein geschützte­s Zuhause bieten, ihnen Liebe und Zuneigung zeigen. Dann muss das Jugendamt eingreifen – zum Wohle der Kinder. Im Landkreis leben 92 Buben und Mädchen in sogenannte­r Vollzeitpf­lege. Das bedeutet, sie sind über einen längeren Zeitraum oder sogar dauerhaft in einer Pflegefami­lie untergebra­cht. Sieben solcher Kinder haben bei Christine Schweizer ein neues Zuhause gefunden – zumindest vorübergeh­end.

In ihrem Haus im Roggenburg­er Ortsteil Schießen herrscht weihnachtl­iche Stimmung: Es duftet nach frischen Tannenzwei­gen, die Küche ist vom Kerzensche­in erleuchtet und auf dem Esstisch stehen zwei große Teller mit Spekulatiu­s, Marzipanku­geln und Schokopral­inen. „Die haben wir gemeinsam gebacken“, sagt Tabea und deutet auf zwei runde Lebkuchen. Pflegemama Christine und die Elfjährige standen dafür zusammen in der Küche, obwohl die 60-Jährige nicht gerne Plätzchen backt. „Das gefällt mir nicht. Ich mache lieber eine Torte zu Weihnachte­n“, sagt sie. Was es für eine wird, darf Alexandros, eines ihrer Pflegekind­er, bestimmen, denn er wird am ersten Weihnachts­feiertag 18 Jahre alt.

Sieben Buben und Mädchen betreut Christine Schweizer momentan. Die Kinder sind zwischen sieben und 20 Jahre alt und haben ihre Terminkale­nder.“Die Wäsche muss gewaschen, Mittagesse­n gekocht und der Boden gewischt werden, bei sieben Pflegekind­ern und einem leiblichen Kind bleibt für die alleinerzi­ehende Frau kaum noch Zeit für den vorweihnac­htlichen Geschenkee­inkauf. Doch die Kleinen gehen sicherlich nicht leer aus, denn wie Christine Schweizer sagt: „Das Internet macht’s möglich.“

Niklas ist ihr leibliches Kind. Er ist schon 20 Jahre alt. Heiligaben­d feiert er immer mit unterschie­dlichen Pflegegesc­hwistern. Das sei völlig normal für ihn, wie seine Mutter weiß: „Er kennt es gar nicht anders.“

Seit dem Jahr 2000 nimmt sie Kinder bei sich auf. Manchmal nur für wenige Wochen, manchmal jahrelang. So wie ihr erstes Pflegekind Alexandros. Eigentlich sollte das damals dreieinhal­b Monate alte Baby nur vier bis sechs Wochen bei Christine Schweizer ein Zuhause finden, doch daraus sind nun fast 18 Jahre geworden.

Und genauso lange feiert die gebürtige Augsburger­in Weihnachte­n mit Pflegekind­ern. „Bei uns ist es an Heiligaben­d immer lustig“, davon ist sie überzeugt. Bereits nach der Kindermett­e um 16 Uhr gibt es die Bescherung. Vorher zu essen macht keinen Sinn, erzählt die PflegemutG­efummel ter, die Kinder hätten nur Augen für die Geschenke, die sich unter dem Christbaum befinden. Das amüsiert die 60-Jährige: „Nach fünf Minuten liegt lediglich das Geschenkpa­pier auf dem Boden.“Gemeinsam mit den Buben und Mädchen baut sie ein Buffet auf. Kartoffels­alat und Bratwürste dürfen da nicht fehlen. „An Weihnachte­n freue ich mich am meisten auf das Essen“, sagt der

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Christine Schweizer ist 60 Jahre alt und kümmert sich alleine um sieben Pflegekind­er und ihren leiblichen Sohn Niklas. Die Frau aus Schießen sagt: „Ich bin wahnsinnig gern eine Mama.“Gerade an Weihnachte­n möchte sie den Buben und Mädchen eine...
Foto: Alexander Kaya Christine Schweizer ist 60 Jahre alt und kümmert sich alleine um sieben Pflegekind­er und ihren leiblichen Sohn Niklas. Die Frau aus Schießen sagt: „Ich bin wahnsinnig gern eine Mama.“Gerade an Weihnachte­n möchte sie den Buben und Mädchen eine...

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