Weihnachten weckt Erinnerungen
Adventliche Lieder bringen Licht in das Dunkel von Demenzpatienten. In Vöhringen erleben Betroffene und Betreuer in diesen Tagen berührende Momente
Die Stimme ist leicht brüchig – aber wenn Hermann „Oh Tannenbaum“singt, verändert er sich. Klar artikuliert er die Worte, lässt keine Strophe aus. Dann lehnt er sich zurück und taucht wieder in die Nacht des Vergessens ein. Hermann ist dement. Der 82-Jährige weiß nicht, wer er ist und wo er ist, weiß nicht mehr, dass er 20 Jahre in Afrika gelebt hat und dort immer Weihnachten wie in Deutschland gefeiert hat. Aber Sabine Schillinger und Ursula Rogg wissen es. Sie sind im Caritas-Centrum im „beschützten Bereich“für 22 Menschen da, die an Demenz leiden. Für die zwei Frauen eine besondere Aufgabe. Aber diesen schweren Dienst haben sie freiwillig gewählt, stützen sich dabei auf eine profunde Ausbildung und haben ein großes Herz und vor allem die Gabe der Geduld.
An diesem Tag hat sich eine kleine Runde zusammengefunden, die an einem Tisch zusammensitzt. Anna ist eine von ihnen. Sie ist 95 Jahre alt und stets guter Dinge. „Eigentlich ist sie glücklich dran“, meint Bereichsleiterin Sabine Schillinger. „Sie erkennt ihre Situation nicht mehr.“Fragt man Anna nach Weihnachten, dann sprudelt es nur so aus ihr heraus. Es sind Erinnerungen an die alte Heimat im Sudetenland. Alles ist in ihr lebendig geblieben. „Wir durften den Tannenbaum erst sehen, wenn die Kerzen brannten. Es gab auch ein schönes Essen, ja auch einen Ausflug haben wir dann unternommen. Ein Mann hat uns fotografiert.“Dann bricht sie plötzlich ab und wendet sich abrupt Ursula Rogg zu. „Wann kann man die Bilder sehen?“Aber das bringt die Betreuerin nicht aus der Fassung: „Bald“, sagt sie nur. Etwas anderes zu erklären, wäre zwecklos, Anna würde es nicht verstehen. Aber die 95-Jährige hat ein gewisses Gespür dafür, wenn etwas anders in ihrer Umgebung ist als sonst.
An diesem Nachmittag betritt eine kleine Gruppe junger Frauen den Raum. Sie wollen Weihnachtslieder singen. Die jugendlichen Stimmen erklingen und füllen den Raum. Dann geschieht etwas Merkwürdiges: Die Menschen, die bisher teilnahmslos am Tisch saßen, beginnen zögernd mitzusingen, zuerst sind es nur einzelne, dann sind es alle, einschließlich Nahil, deren Heimat die Türkei war. Mit fester Stimme besingt sie den immer grünen Tannenbaum. Die Gesichter der Menschen, von Alter und Krankheit gezeichnet, sehen in diesem Augenblick fast glücklich aus. Es sind nur kurze Augenblicke, in denen sich der Nebel des Vergessens lichtet. Aber für Sabine Schillinger und Ursula Rogg sind es Momente, die ihnen auch nach vielen Berufsjahren ans Herz gehen, wie sie sagen.
Überhaupt geben sie die Probleme ihres Berufs nicht an der Türe ab, wenn sie das Caritas-Centrum verlassen. „Das geht nicht, man kann den Schalter nicht einfach umlegen“, sagt Schillinger. „Dieser Beruf ist Teil meines Lebens. Wer ihn ausübt, muss Geduld haben und die Menschen so akzeptieren, wie sie sind.“Denn jeder der Senioren habe seine Geschichte, seine Vergangenheit. „Für uns ist aber das Hier und Jetzt wichtig. Die Menschen sollen Geborgenheit spüren.“Ursula Rogg ergänzt: „Wir gehen mit erwachsenen Menschen um, es sind keine Kinder. Also sich nicht verstellen, selbst authentisch sein.“Dass sich ihre Schützlinge nur noch bruchstückweise meist an Kleinigkeiten erinnern, die gefühlsbetont waren, erklärt Sabine Schillinger so: „Erinnerung geht verloren, nicht aber Gefühle und Emotionen.“
Weihnachten im beschützten Bereich soll besonders schön gefeiert werden. Deshalb werden die Bewohner gefragt, was sie sich denn wünschen. Gertrud wünscht sich einen Schal, Rosa hat keinen Wunsch. Oder doch? Die Betreuerinnen wissen Bescheid, sie schenken etwas Süßes. Die Geschenke – ob ein Haarspray oder ein Kissen mit Kirschkernen gefüllt – liegen am Heiligen Abend unter dem Weihnachtsbaum. Es gibt eine richtige Bescherung mit einem Krippenspiel und vielen Liedern. Die Päckchen, die liebevoll verpackt wurden, werden dann geöffnet. Mancher vermag das nicht
mehr selbst zu tun. Die Feinmotorik der Hände erlahmt, „eine Folge der Demenz“, wie Schillinger erklärt.
Weihnachten ist ein Fest, an dem sich Vergangenes Bahn bricht. Helle Momente werden durch Musik ausgelöst. Mediziner haben dafür eine Erklärung: Lieder aus der Kindheit sind im Großhirn einprogrammiert, man kann auch sagen festgeschrieben.
Hubert gehört auch in die Runde, aber er summt die Lieder nur mit, er spricht nicht. Dann blickt er auf die Hände, die sich nun um seine legen. Dass er diese Berührung mag, ist an seinem Gesicht abzulesen. Für die Besucher wie für die Pflegerinnen ist es eine Stunde des Glücks. Und wohl auch für die betroffenen Menschen – auch wenn sie sich nach einer halben Stunde nicht mehr daran zu erinnern vermögen. Wegen Silvester und des Feiertages Neujahr verschiebt sich die Abholung der Gelben Säcke in der Kernstadt Senden und den Stadtteilen. In Ay, Senden und Hittistetten werden sie statt Dienstag, 2., am Mittwoch, 3. Januar, geholt. In Senden, Aufheim, Wullenstetten und Witzighausen wird die Abfuhr von Mittwoch, 3., auf Donnerstag, 4. Januar, verlegt. (az) Zwei Ausfahrten veranstaltet der Skiklub Illerberg/Thal in den kommenden Wochen. Am Samstag, 20. Januar, gibt es eine Tagesfahrt nach Damüls-Melau im Bregenzerwald. Abfahrt ist um 6.45 Uhr am alten Sportheim in Illerberg. Anmeldeschluss ist Sonntag, 14. Januar. Die Kids-Ausfahrt findet am Samstag, 3. Februar, statt. Sie bietet freies Fahren in der Gruppe mit Führer für Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 16 Jahren, die schon mehrere Ski- und Snowboardkurse gemacht haben. Abfahrt ist um 7.15 Uhr am alten Sportheim. Anmeldeschluss ist am Sonntag, 28. Januar. (az)