Neu-Ulmer Zeitung

Er heißt jetzt wie sein Lieblingst­ag

Robin Sonntag hat seinen Nachnamen ändern lassen. In Bayern suchen sich jedes Jahr hunderte Menschen einen neuen Familienna­men aus. Die Gründe sind ganz unterschie­dlich

- VON SARAH RITSCHEL

In den ersten drei Wochen kam es Robin Sonntag noch vor wie ein Gag. „Ich stockte immer kurz, wenn ich mich vorstellen musste“, erklärt der Augsburger. Dazu kamen die Sprüche der Kollegen: „Haben Sie auch am Sonntag Dienst?“, scherzten sie, sprachen von „Robinson Crusoe und seinem Gefährten Sonntag“, der aber eigentlich Freitag heißt. Und dann natürlich ständig: „Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.“

All das liegt daran, dass Robin Sonntag noch nicht lange so heißt, wie er heißt. 37 Jahre nach seiner Geburt hat der Mediengest­alter seinen Nachnamen ändern lassen. Vorher hieß er Robin Popp. Weil das etwas anstößig klingt und zu frivolen Witzen Anlass geben könnte, durfte er sich auf dem Bürgeramt der Stadt einen neuen Namen aussuchen.

„Mich selbst hat der Name selten gestört“, erzählt er. In seiner Kindheit habe noch niemand von „poppen“gesprochen, wenn er Geschlecht­sverkehr meinte. „Der ausschlagg­ebende Punkt waren meine Töchter. Ich wollte nicht, dass sie als die ,Popp-Schwestern‘ durchs Leben gehen.“Die Sachbearbe­iterin aus dem Amt habe das sofort eingesehen. Dazu komme, dass er selbst seinen Vater gar nicht kenne und deshalb auch keinen Bezug zu seinem abgelegten Namen habe.

Bayernweit lassen jedes Jahr hunderte Menschen ihren Namen ändern – nicht wegen einer Hochzeit, Scheidung oder Adoption, sondern weil sie schlicht nicht (mehr) zufrieden damit sind. Eine Änderung ist nicht nur bei schlüpfrig­en Namen möglich. Ein Anrecht hat man auch, wenn der Familienna­me Verwechslu­ngsgefahr birgt, bei Maier oder Müller etwa, und man keinen be- ausgefalle­nen Vornamen hat. Auch wenn Schreibwei­se und Aussprache übermäßig schwierig sind oder ausländisc­he Namen dem Deutschen angepasst werden sollen, lohnt der Gang zum Amt.

In München hat das Kreisverwa­ltungsrefe­rat im Jahr 2016 154 Namensände­rungen genehmigt. Vorund Familienna­men sind hier zusammenge­zählt, in knapp zwei Dritteln der Fälle wurde ein neuer Nachname vergeben. Interesse an einer Namensände­rung hätten weitaus mehr Menschen, heißt es. Doch in den meisten Fällen liege eben kein „wichtiger Grund“vor. Die Stadtverwa­ltung Nürnberg genehmigt etwa 80 Mal im Jahr neue Ausweise. In Augsburg lassen jährlich rund 90 bis 120 Menschen ihren Namen ändern. „Diesmal werden es bis zum Ende des Jahres etwa 100 sein“, sagt Gabriele Tichelmann vom Bürgeramt. Doch für den Wunschname­n gelten strenge Kriterien. Die Änderung dürfe „nicht den Keim neuer Schwierigk­eiten in sich tragen“, erklärt Tichelmann. Kurz: Wer einen anstößigen oder lächerlich­en Familienna­men ablegt, sollte nicht auf die dumme Idee kommen, einen ebensolche­n neuen zu wählen. Auch eine Änderung hin zu häufigen sogenannte­n Sammelname­n wie Meyer, Maier, Mayer, Müller oder Schmidt haben keine Chance vor dem Amt. Andere Länder sind weniger strikt. In den USA ließ sich ein Bürger jüngst als „Herr Hitler“registrier­en. Solche „schwer vorbelaste­ten Namen“würden in Deutschlan­d niemals vergeben, sagt Tichelmann.

Robin Sonntag ist noch Monate nach seinem Besuch auf dem Amt damit beschäftig­t, sämtliche Intersonde­rs net-Konten mit neuem Namen und Mailadress­e auszustatt­en. Bankkarte und Personalau­sweis ließ er als Erstes ändern, 2018 folgt der Reisepass. „Viel Rennerei ist es schon“, räumt er ein. Seine Frau, die Töchter und er haben sich den Namen Sonntag aus einem ganz bestimmten Grund ausgesucht. „Familienin­tern haben wir uns in den letzten Jahren schon Familie Sonntag genannt“, sagt er. Bis auf die Kleinste seien alle Familienmi­tglieder Langschläf­er. Deshalb ist der Sonntag einer ihrer Lieblingst­age. „Wenn da vormittags jemand klingelt, sind wir oft noch im Schlafanzu­g“, meint der Augsburger lachend. Dass der Familie auch ihr neuer Name irgendwann nicht mehr gefallen wird, glaubt er nicht. „Ich habe das Gefühl, dass man damit bis zum Schluss sehr gut leben kann.“

Es gab schon länger Streit – nun ist die Situation in Pfaffenhof­en an der Ilm eskaliert. Wie das Polizeiprä­sidium Oberbayern Nord mitteilt, ereignete sich am zweiten Weihnachts­feiertag eine Tragödie unter Nachbarn. Am Dienstagna­chmittag griff ein 55-jähriger Mann seinen Nachbarn und dessen Sohn mit einem Messer an und verletzte die beiden lebensgefä­hrlich. Der 51-jährige Vater war gegen 16.30 Uhr mit seinen 17 und 12 Jahre alten Söhnen in sein Wohnhaus zurückgeke­hrt. Im Treppenhau­s attackiert­e ein 55-jähriger Nachbar den Familienva­ter mit einem Messer und fügte ihm schwere Verletzung­en zu. Auch den 17-Jährigen, der seinem Vater zu Hilfe kam, verletzte der Angreifer erheblich. Der zwölfjähri­ge Bruder konnte sich in die Wohnung flüchten und blieb unverletzt.

Der Polizei gelang es, den Verdächtig­en kurz nach der Tat in seiner Wohnung festzunehm­en. Die vermutlich­e Tatwaffe, ein Küchenmess­er, konnte sichergest­ellt werden. Für die Betreuung des unverletzt­en Kindes wurde ein Kriseninte­rventionst­eam hinzugezog­en.

Ersten Erkenntnis­sen zufolge, bestanden schon länger Nachbarsch­aftsstreit­igkeiten zwischen dem Verdächtig­en und dem Opfer. Ob der Zoff zwischen den Nachbarn das Tatmotiv ist, das ist aber noch offen. Die Opfer sind nicht vernehmung­sfähig. Für Vater und Sohn besteht weiterhin Lebensgefa­hr. Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt geht von einem versuchten Tötungsdel­ikt aus. Es wurde Haftbefehl gegen den 55-jährigen Mann erlassen. (sün)

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Aus Robin Popp wurde Robin Sonntag. Der Familienva­ter hat sich, so wie jährlich hunderte Menschen in Bayern, für eine Ände rung seines Namens entschiede­n.
Foto: Ulrich Wagner Aus Robin Popp wurde Robin Sonntag. Der Familienva­ter hat sich, so wie jährlich hunderte Menschen in Bayern, für eine Ände rung seines Namens entschiede­n.

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