Der Kaufrausch nach dem Fest
Die Händler in der Region erleben eine der wichtigsten Wochen im Jahr. Das hat nicht nur mit den gerade vergangenen Weihnachtstagen zu tun. In Ulm wird wohl bald ein Rekord geknackt
Der Tag nach den Feiertagen. In der Neu-Ulmer Glacis-Galerie ist es voll wie selten. Paare schlendern mit Kinderwagen durch die Gänge, junge Frauen begutachten reduzierte WeihnachtsDeko, Verkäufer wuseln mit Klamottenstapeln hin und her. Sogar der Eisverkäufer macht sein Geschäft. „Es ist die zweitstärkste Woche im Jahr“, sagt Centermanager Tim Mayer. Mehr Umsatz machen die Läden nur in der Woche vor Weihnachten. Gerade die Bekleidungsgeschäfte, die sonst unter Druck stehen, profitieren. Voll ist es auch andernorts. Die Geschäfte in der Ulmer Innenstadt sind gut besucht und der Parkplatz vor dem Sendener Möbelhaus Inhofer ist schon vormittags besetzt.
Geschäftsführer Edgar Inhofer kann aus seinem Büro auf den Parkplatz sehen und hat beobachtet, wie schnell sich der gefüllt hat. „Die Tage nach Weihnachten sind die stärksten im Jahr“, sagt Inhofer. Das liege nicht nur an Geldgeschenken und Weihnachtsgutscheinen. „Möbel kauft so gut wie niemand allein“, erklärt der Kaufmann. Zwischen den Weihnachtsfeiertagen habe so gut wie jeder frei und dadurch Zeit, sich nach Polstermöbeln oder einer Küche umzusehen. Deshalb herrscht in dem Möbelhaus in dieser Zeit Freizeitsperre – alle Mitarbeiter werden gebraucht.
Täglich 15 000 bis 20 000 Kunden erwartet Inhofer bis zum Ende der Schulferien – so viele Besucher, wie in einer Kleinstadt wohnen. In diesem Jahr seien die Bedingungen gut. Wenn Schnee auf den Straßen liege, spüre das Unternehmen das gleich. Dann besuchen weniger Kunden das Möbelhaus.
Keinen Kilometer entfernt, im Sendener Elektro-Markt Saturn, bleibt der geschäftsführende Gesellschafter Faruk Begovic trotz des großen Andrangs entspannt: „Es ist so, wie wir es um diese Jahreszeit gewohnt sind.“Fernseher, Handys und Kaffeemaschinen seien genauso beliebt wie Spielkonsolen und Zubehör. Der Umtausch von unpassenden Geschenken spiele nur eine geringe Rolle. Das bestätigt auch der Ulmer Spielwarenhändler Jürgen Gänßlen. „Es gibt viele Gutscheine als Geschenke und die Qualität der Waren ist so gut, dass es kaum Reklamationen gibt“, sagt er.
Tim Mayer, der Centermanager der Glacis-Galerie, macht da andere Erfahrungen. In dem Neu-Ulmer Einkaufszentrum sei der Umtausch von Waren wichtig und häufig. „Ich bin das beste Beispiel“, sagt er scherzend. Mayer hat seiner Frau etwas zum Anziehen gekauft, doch die Größe passte nicht.
Michael Klamser ist Vorsitzender des Vereins Ulmer City Marketing und Geschäftsführer von Sport Klamser in Ulm. In seiner Branche kommen gleich mehrere Aspekte zusammen: das Geschäft mit Weihnachtsgutscheinen und Geldgeschenken, die freie Zeit und die Wintersportsaison. „Das hat alles so gut zusammengepasst wie viele Jahre nicht mehr“, sagt Klamser. Denn der Schnee sei früh gekommen, jetzt schlagen viele Kunden zu.
Auch bei seinen UnternehmerKollegen Marketing laufe das Geschäft insgesamt gut. Vor allem Gutscheine würden stark nachgefragt – darunter der Ulmer CityGutschein, der in mehr als 400 Läden in Ulm und Neu-Ulm gilt. Klamser rechnet damit, dass in diesem Jahr ein Umsatz in Höhe von zwei Millionen Euro mit diesen Gutscheinen gemacht wird. 2016 waren es noch 1,7 Millionen Euro.
Im Kaufhaus Abt direkt gegenüber dem Ulmer Münster verkaufen sich reduzierte Weihnachtsartikel derzeit besonders gut. Geschäftsführer Thomas Jacobi glaubt, dass auch das Geschäft mit Haushaltswaren gut laufen wird. „Für den Handel ist die Zeit insgesamt sehr wichtig“, sagt er. Wegen der Wochentage, auf die die Feiertage fallen, sei das Zeitfenster bis Dreikönig knapper als in anderen Jahren. Ob sich das auswirke, müsse man abwarten. Keine große Rolle spielt Jacobi zufolge der Umtausch von Geschenken. „Die Leute kaufen sehr gezielt“, sagt der Geschäftsführer. Am ersten Weihnachtsfeiertag war bei einer Ulmer Familie Kreativität gefragt – denn plötzlich stand sie ohne Festtagsbraten da. Eigentlich sollte eine Pute auf den Tisch kommen. Weil das vier Kilo schwere Tier zu groß für den Kühlschrank war und die Außentemperaturen niedrig lagen, packte die Familie den Braten kurzerhand in einen Karton und stellte ihn auf einen Tisch auf der Terrasse. Doch als der Vogel am Montag zubereitet werden sollte, hatte sich offenbar jemand anderes des Bratens bemächtigt. Anzeichen dafür, dass ein Tier das Fleisch gegessen hat, gibt es nach Darstellung der Polizei nicht. Die Familie erstattete Anzeige. Was es ersatzweise in dem Haus im Hasenbühlweg zu essen gab, ist nicht bekannt. Das sei kein Schwerpunkt der Ermittlungen, meldet die Polizei, die nun nach Hinweisen auf den unbekannten Putendieb sucht. (az)