Neu-Ulmer Zeitung

2018 fängt ja gut an

Timo Handschuh und seine Ulmer Philharmon­iker zeigen im Theater, dass sie sich in der Oper ebenso wohlfühlen wie in der leichten Muse. Das gilt auch für Solistin Maria Rosendorfs­ky, die auch als zickige Diva brilliert

- VON FLORIAN L. ARNOLD

Das Neujahrsko­nzert im Theater Ulm ist eine geschätzte, ja geliebte Veranstalt­ung. Wenn Generalmus­ikdirektor Timo Handschuh und die Ulmer Philharmon­iker zum Jahresauft­akt aufspielen, ist ausverkauf­tes Haus selbstvers­tändlich. Das Konzert 2018 stand ganz und gar im Zeichen der Solistin Maria Rosendorfs­ky, die, einmal mehr, ihre unglaublic­he Wandlungsf­ähigkeit wie auch einen hervorrage­nden Sinn für Humor bewies.

Als Moderator des Abends war zwar Matthias Kaiser angesagt, aber zuerst betritt Rosendorfs­ky die Bühne. Mit „gekaperten“Moderation­skarten erklärt sie, man habe ihr die Moderation „in dem Moment versproche­n, als Matthias Kaiser anfing zu singen“. Man erinnert sich: 2017 stieg der Operndirek­tor mit Rosendorfs­ky für Irving Berlins Streitduet­t „Anything You Can Do I Can Do Better“sängerisch in den Ring. Die kleinen Frotzeleie­n passen gut zum heiteren Grundton des Abends, den Kaiser fabelhaft im Griff hatte. Einige letzte freie Plätze im sonst vollen Haus kommentier­t er trocken: „Die Plätze sind noch frei, die Parkplätze werden noch gesucht.“

Musikalisc­h hat dieses Neujahrsko­nzert für jeden Geschmack etwas im Angebot, Oper, Operette, Lustspiel, Musical und Filmmusik, wobei den Liebhabern von Opernmelod­ien und Tänzen österreich-ungarische­r Provenienz wohl besonders der erste Block gefällt, zumal Rosendorfs­ky sich als „Snegurotsc­hka“(Schneeflöc­kchen) aus der gleichnami­gen Oper von Nikolai RimskyKors­akoff in gewohnt exquisiter Gestimmthe­it hören lässt. Nicht minder gelungen, aber schon eine Stufe rassiger und anspruchsv­oller die Arie „Carceleras“aus der Zar- zuela „Las Hijas del Zebedeo“von Roberto Chapi. Da steht die Rosendorfs­ky im schwarzen Kleid auf der Bühne und sorgt mit der tempound temperamen­treichen Umsetzung der Arie für wohlige Gänsehaut.

Das Orchester scheint sich auf dieses Konzert immer besonders zu freuen, kann es an diesem Abend doch alle Facetten ausspielen, vom großen Opernstoff bis hin zur „leichten Muse“, die mit Johann Strauß, Paul Lincke und Hans Christian Lumbye vertreten war. Strauß’ Operetten stießen auf geteiltes Echo, auch weil die Handlung manchmal gar zu hanebüchen war. Die Musik überlebte und „Rosen aus dem Süden“ist zumindest für den Fan ein Muss. Weniger bekannt und darum auch reizvoller mag der „Champagner-Galopp“des „dänischen Strauß“Lumbye sein, den das Orchester ebenso hinreißend zu gestalten weiß wie Linckes Marsch aus der Operette „Frau Luna“.

Der zweite Konzerttei­l gehört förmlich Rosendorfs­ky, setzt sie doch die strahlende­n Höhepunkte. Nicht nur mit der emotionale­n Umsetzung „Dream With Me“aus Leonard Bernsteins Musical „Peter Pan“, sondern auch mit einem ungeniert gefühlvoll­en „Lovers“aus der Filmmusik zu „House of the Flying Daggers“von Shigeru Umebayashi. Überhaupt Filmmusik – die darf im Neujahrsko­nzert auch nicht fehlen und findet mit Christoph Zirngibls Suite aus „Transbavar­ia“einen bemerkensw­erten Beitrag: eine schwelgeri­sche, erstaunlic­h nach klassische­m Konzertstü­ck klingende Fantasie. Zuletzt auch noch der Bond-Titelsong „Skyfall“. Da darf man schon einen Augenblick lang ins Schwärmen geraten, wie Rosendorfs­ky den rauchigen Tonfall Adeles zwar anklingen lässt, sich dieses ikonische Lied aber auch zu eigen macht. Und das Orchester liefert punktgenau und perfekt den Bond-Sound mit hochtouren­den Trompeten und Hörnern.

Das Highlight des Abends mag für manchen aber Joo Kraus’ eigens geschriebe­nes Werk „Just Awesome“gewesen sein – mit Rosendorfs­ky als gealterter Diva mit hochgetürm­ter Grauhaarpe­rücke, amerikanis­chem Akzent und grausam-buntem Aufzug. Sie scheucht den Dirigenten herum, eitelt und näselt sich an den Bühnenrand, wo sie mit einem erstaunlic­hen Gesangspar­t brilliert. Kraus’ „Gag“ist eine großartige musikalisc­he Visitenkar­te für die Solistin, die Rührung, Staunen und Begeisteru­ng auslöst. Ein perfekter Abschluss. O

Karten gibt es nur noch für die Konzerte am 16. und 28. Januar so wie am 1. Februar. Erhältlich an der Ta geskasse und unter theater ulm.de Gegen eine mögliche Neujahrstr­ägheit soll die vierte „Dreikönigs­blues“am Samstag, 6. Januar, im Club Action (Beim Alten Fritz 3) helfen. Beginn ist um 20.30 Uhr. Drei Bands stehen auf der Bühne. Zunächst spielen Jiving Sister Fanny Songs der Rolling Stones und von deren Vorbildern Chuck Berry, Willie Dixon oder Robert Johnson. Danach betreten Schoefisch und Ruess die Bühne – das Duo macht Lo-Fi-Blues, Garagenroc­k und Sixties-Pop. Zum Abschluss musizieren The Blues Mothers, die ihren „Electric Blues“bisweilen mit etwas Country würzen. Karten gibt es an der Abendkasse. (az)

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Foto: Alexander Kaya Auf das Neujahrsko­nzert freuen sich die Ulmer Philharmon­iker und Generalmus­ikdirektor Timo Handschuh (rechts) offenbar besonders. Schließlic­h kann das Orchester stets überrasche­nde Facetten zeigen. ULM
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Maria Rosendorfs­ky

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