Nicht alle Bürger werden zur Kasse gebeten
an Staats- oder Kreisstraßen. Das Argument: Während die großen Straßen in vollem Umfang der Allgemeinheit zugute kommen, bringen die reinen Ortsstraßen den Anliegern „besondere Vorteile“. So steht es seit 1974 im Gesetz. Deshalb sollen die Gemeinden die Grundeigentümer finanziell beteiligen – nicht an einfachen Sanierungen, wohl aber an Herstellung oder Erneuerung einer Straße. Die Rechtmäßigkeit dieser Beiträge kann, wie sich aus höchstrichterlichen Urteilen ergibt, nicht in Zweifel gezogen werden. Aber ist es auch gerecht?
Viele Bürger empfinden es als ungerecht, dass nur ein Teil der Kommunen in Bayern Straßenausbaubeiträge erhebt, der Rest aber nicht. Nur 1492 oder knapp 73 Prozent der bayerischen Gemeinden hatten bis vor kurzem eine Straßenausbaubeitragssatzung (kurz: „Strabs“), aber längst nicht alle haben sie vollzogen und ihre Bürger zur Kasse gebeten. Die Folge: Der eine zahlt, der andere nicht.
Auch innerhalb der Kommunen gibt es immer wieder Ungereimtheiten. Wie hoch der Anteil für den Grundeigentümer ist, hängt laut der Mustersatzung des Gemeindetags zum Beispiel davon ab, ob er an einer „Anliegerstra- „Haupterschließungsstraße“oder „Hauptverkehrsstraße“wohnt. Außerdem kommt es für die Gesamtkosten, die Grundlage der Beitragsberechnung sind, darauf an, was konkret gemacht wird. Werden nur Fahrbahn und Gehweg erneuert? Oder werden auch noch Radweg, Grünflächen oder Parkplätze angelegt? Das bedeutet unterm Strich: Wer sich mit den Details nicht genau auseinandersetzt, kann den Eindruck gewinnen, dass die einen mehr, die anderen weniger bezahlen.
Wie hoch die Beiträge sind, hängt von der Grundstücksgröße und der Nutzbarkeit des Grundstücks ab, nicht aber von seiner tatsächlichen Nutzung. Die Vermögensverhältnisse der Eigentümer spielen keine Rolle. Überspitzt gesagt: Ob Eigentümer eines Mietshauses, Chefarzt mit Villa oder Rentnerin mit kleinem Haus – vor der „Strabs“sind alle gleich. Das wird als sozial ungerecht empfunden. Die Geschichte von der armen Rentnerin, die mehr bezahlen musste, als ihr altes Häuschen wert ist, ist allerdings eine Mär. Weder im Petitionsausschuss des Landtags noch beim Gemeindetag sind solche Fälle bekannt. Fünfstellige Beträge seien nur in Einzelfällen für besonders große und wertvolle Grundstücke fällig geworden. In vielen Geße“, meinden, so heißt es immer wieder im Landtag, seien die Bürger nicht ausreichend über ihre Rechte aufgeklärt worden – etwa dass der Beitrag gestundet, abgestottert oder in besonderen Härtefällen teilweise erlassen werden kann.
Verschärft wird der Ärger in jüngster Zeit vor allem durch zwei Umstände. Zum einen steigt die Zahl der Betroffenen, weil bayernweit immer mehr Straßen, die in den 70er oder 80er Jahren gebaut wurden, erneuert werden müssen. Zum anderen sind die Baukosten gestiegen. Das heißt: Mehr Leute müssen zahlen und sie müssen mehr zahlen. Über 60 Millionen Euro pro Jahr kamen da in ganz