Jogging zum Sondierungsfinale
Ringen um Koalition zwischen Union und SPD in kritischer Phase. Ob der gesteckte Zeitrahmen ausreicht, ist fraglich. Streit um Familiennachzug und höhere Steuern für Reiche
Endspurt im Verhandlungsmarathon, GroKo-Sondierung auf der Zielgeraden – Vergleiche aus dem Sport werden gern bemüht, wenn es um das, nun ja, Halbfinale der Regierungsbildung geht. In dem womöglich eine Verlängerung droht. Die passenden Bilder liefert am Mittwoch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz. In türkisfarbenem Trainingsjäckchen, schwarzen Jogginghosen und Laufschuhen erscheint er morgens gegen acht Uhr an der Berliner CDU-Zentrale, in der das vorletzte der fünf geplanten Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD stattfindet. Offenbar nur eine kurze Stippvisite, denn rund eine Stunde später trabt der SPD-Vize davon in Richtung Tiergarten. Später kehrt der SPD-Mann staatsmännisch korrekt im Anzug zurück.
Die Stoppuhr läuft, wenn die Gespräche wie geplant spätestens in der Nacht zum Freitag zum Abschluss kommen sollen, müssen sich die Sondierer mächtig sputen. Denn eine ganze Reihe großer Konflikte ist ungelöst. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, sagt Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) zu Beginn des vierten Verhandlungstags. An dem sollten zunächst die Arbeitsgruppen tagen, in denen um gemeinsame Linie gerungen wird. Und das sind etliche. So rechnet SPD-Chef Martin Schulz mit einem „langen Tag“.
Eine Nachricht von SPD-Vize Ralf Stegner auf dem Kurznachrichtendienst Twitter lässt den Schluss zu, dass das Klima in der Sondierungsrunde, die sich selbst ein Schweigegelübde auferlegt hat, nicht das beste ist. „Lese viel Falsches, was angeblich vereinbart sei. Skepsis war, ist und bleibt begründet.“Stegner spricht einen brisanten Punkt an: Alles, was jetzt an vermeintlichen Einigungen nach draußen dringt, hat allenfalls vorläufigen Charakter. Zumal sich die zusätzlichen Ausgabenwünsche beider Seiten, wie es heißt, derzeit auf 100 Milliarden Euro summieren. Der Finanzrahmen betrage aber 45 Milliarden Euro. Nur was es ins Abschlusspapier schafft, das nicht mehr als zwei Seiten umfassen soll, ist am Ende beschlossen.
Als gesichert gelten kann aber, dass sich Union und SPD auf weitere Anstrengungen bei der Digitalisierung und den Ausbau der Breitbandnetze geeinigt haben. Daneben gibt es noch einige Punkte, bei denen wohl schon Einigkeit herrscht. Das deutsche Klimaziel, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu verringern, soll wohl für unerreichbar erklärt werden. Geei- nigt haben sich die Parteien auch auf eine Position zu Glyphosat. Sie wollen den Einsatz mit nationalen Regeln beschränken, heißt es in einem Papier. Zudem wollen Union und SPD generelle Fahrverbote für Dieselfahrzeuge vermeiden und setzen auf „Nachrüstungen“bestehender Fahrzeuge.
Sollte es eine Koalition geben, wollen die Parteien wohl auch Musterfeststellungsklage zulassen. Sie sollen in Fällen greifen, in denen viele Verbraucher von etwas betroffen sind – etwa beim Diesel-Skandal. status, der bis März ausgesetzt ist. Die Union will die Regelung verlängern, die SPD ist dagegen. Zunächst verlautete, es bleibe bei der Aussetzung, es gebe aber umfangreiche Härtefallregelungen. SPD-Kreise bestreiten dies. Im Raum steht ein Kompromissvorschlag des SPD-Innenexperten Burkhard Lischka, der die Zahl von jährlich 40000 Visa ins Gespräch brachte.
Zu den großen Knackpunkten gehört auch die Steuerpolitik. Die Forderung der SPD nach höheren Steuern für Spitzenverdiener lehnt die CSU ab. Ebenso warnt das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo vor negativen Folgen für die Wirtschaft. Eine Erhöhung „hätte den Nachteil, dass er viele Selbstständige und mittelständische Unternehmen trifft“, so Ifo-Chef Clemens Fuest. „Für die wäre das ein Signal, Aktivitäten ins Ausland zu verlagern.“
Höhere Steuern für Reiche, das wäre aber ein Signal, wie es sich die SPD-Basis wünscht. Sie muss entscheiden, ob es zu Koalitionsverhandlungen kommt. Voraussetzung dafür ist ein erfolgreicher Sondierungs-Schlussspurt. Zumindest Olaf Scholz lässt mit seinem Sportdress keinen Zweifel, dass er alles geben will. Und sogar die persönliche Hygiene hintanstellt. Geduscht, so heißt es, habe er während seiner Jogging-Pause nicht.
Nordkorea bleibt das Land mit der schlimmsten Christenverfolgung weltweit. Das asiatische Land ist schon seit 2002 Spitzenreiter der traurigen Rangliste. Dort leben bis zu 70 000 Christen in Straflagern, heißt es. Das und vieles mehr geht aus dem Weltverfolgungsindex 2018 hervor, den die christliche Hilfsorganisation Open Doors am Mittwoch in Kelkheim veröffentlichte. Weltweit seien 200 Millionen Christen einem hohen Verfolgungsdruck ausgesetzt. Nordkorea führt die Rangliste seit 2002 an.
Mit Afghanistan rückte ein Land auf Platz zwei vor, in das Deutschland wieder Flüchtlinge abschiebt. Es folgen Somalia, der Sudan und Pakistan. Einen Sprung von Platz zehn auf sechs machte Eritrea. Auch Libyen verschlechterte sich im vergangenen Jahr deutlich; das Land rückte von Platz elf auf sieben vor. Es folgen der Irak, der Jemen und der Iran. Syrien hat seine Platzierung verbessert; das Land gehört mit Rang 15 nicht mehr zu den zehn Ländern, in denen Christen am härtesten verfolgt werden.
Laut Open Doors führen eine wachsende Radikalisierung von Muslimen und eine Zunahme islamistischer Bewegungen in Asien und Afrika zu dem wachsenden Verfolgungsdruck auf Christen und andere religiöse Minderheiten. Auch der Aufstieg nationalistischer Bewegungen in hinduistisch oder buddhistisch geprägten Staaten Asiens gefährde Christen immer stärker. Gleiches gilt für kommunistisch geprägte Staaten wie China, Vietnam und Laos.
Von Terrorismus bedroht sind die Kopten in Ägypten. Dort gab es auch 2017 trotz aller Sicherheitsmaßnahmen wieder blutige Anschläge auf Kirchen. (epd, kna, AZ)