Neu-Ulmer Zeitung

„Besser hätte es nicht laufen können“

Vor einem Jahr wurde das frivol teure Hamburger Konzerthau­s eingeweiht. Die Nachfrage übersteigt das Angebot enorm. Und alle – Künstler wie Hörer – wollen auch noch wiederkomm­en. Interview mit dem Intendante­n

- Interview: Carola Große-Wilde, dpa

Seit einem Jahr begeistert die Elbphilhar­monie die Besucher. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die erste Saison im neuen Konzerthau­s zurück?

Durchaus mit Glücksgefü­hlen. Besser hätte es nicht laufen können. Das war für alle Beteiligte­n eine einmalige Zeit. Dass ein Haus so schnell von null auf hundert fährt, so schnell weltweit Anerkennun­g findet, so schnell Rekorde bricht, und vor allem Besucher wie Künstler so begeistert, dass auch alle wiederkomm­en wollen – das wird sich nicht so schnell wiederhole­n.

Was macht die Faszinatio­n der Elbphilhar­monie aus?

Ich glaube, es ist das Gesamtpake­t aus genialem architekto­nischen Entwurf, dem gelungenen Innenausba­u, dem symbolisch­en Standort mitten in der Elbe zwischen Hafen und Stadt, der grandiosen Aussicht und zwei hervorrage­nden Konzertsäl­en mit einer tollen Akustik und einem guten Programm. Es kommen also einige Faktoren zusammen.

Kann denn die Akustik mit der Architektu­r mithalten?

Ja, unbedingt. Die Akustik der Säle ist auf jeden Fall top, gar keine Frage. Der große Saal ist ein besonderer Fall, ein Präzisions­instrument, an das sich manche Dirigenten und Orchester erst gewöhnen müssen. Aber wir haben mittlerwei­le in jedem Repertoire genügend hervorrage­nd klingende Konzerte erlebt, sodass man sagen kann: einer der spannendst­en Säle der Welt.

Es ist aber auch eine Tatsache, dass man im großen Saal alles hört. Und das spiegelt die Qualität des jeweiligen Orchesters wider. Sehen Sie das auch so?

Dass man alles hört, ist fantastisc­h. Weil man viele Meisterwer­ke so erfassen kann, wie es in anderen Sälen überhaupt nicht möglich ist. Die Kehrseite ist, dass man auch genau hört, wenn nicht so toll gespielt wird. Dann sind auch die Geräusche im Publikum deutlicher zu hören. Die Nachfrage nach Karten war überwältig­end. Viele Menschen waren verärgert, weil sie leer ausgingen. Ist das immer noch so?

Ja, die Nachfrage ist noch immer so hoch. Es stimmt zwar nicht, dass die Elbphilhar­monie auf Jahre ausverkauf­t ist, denn es kommen laufend neue Konzerte dazu. Bei den allermeist­en Konzer- ten ist es allerdings immer noch so, dass sie in kürzester Zeit ausverkauf­t sind. Optimal ist das nicht, denn wir wollen ja niemanden verärgern. Ich möchte wirklich, dass jeder die Chance hat, ein Konzert seiner Wahl zu erleben. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass die Karten gerechter verteilt werden?

Wenn wir eine besonders große Nachfrage erwarten, wie zum Beispiel zu Silvester, aktivieren wir ein zweistufig­es Vergabever­fahren: Erst mal können alle in Ruhe Karten bestellen und danach wählt der Computer per Zufall aus, wer Tickets bekommt. Das macht den Käufern weniger Stress, weil man sich nicht lange anstellen oder pünktlich vor dem Computer sitzen muss, aber man hat auch nicht die Sicherheit, dass man eine Karte bekommt. Das findet der größte Teil des Publikums trotzdem gerechter und angenehmer.

In den Eröffnungs­wochen vor einem Jahr gab sich das „Who is Who“der Klassiksze­ne die Klinke in die Hand. Wie wollen Sie das Niveau auch in Zukunft halten?

Das Niveau definiert sich nicht über Starnamen, sondern über die Qualität des alltäglich­en Programms. Ich glaube, da können wir schon recht stolz auf das erste Jahr sein, aber es kann immer noch besser werden. Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen, denn wir haben viele spannende Projekte im Köcher. Außerdem war eine Reihe spannender Künstler noch nicht in der Elbphilhar­monie und diejenigen, die schon da waren, freuen sich darauf, wiederzuko­mmen. Wie lange, glauben Sie, wird der Hype um die Elbphilhar­monie noch anhalten?

Die Elbphilhar­monie wird noch viele Jahre sehr gefragt sein. Aber diese enorme Nachfrage, die das Angebot um ein Zigfaches übersteigt – vielleicht noch ein, zwei Jahre. Glauben Sie, dass die Elbphilhar­monie die Klassiksze­ne in ganz Deutschlan­d beflügelt hat?

Das scheint so zu sein. Die Elbphilhar­monie hat weit über Hamburg hinaus Wellen geschlagen – und auch weit über Deutschlan­d hinaus. Viele Kollegen von anderen Konzerthäu­sern berichten, dass die Hamburger Elbphilhar­monie ein großes Thema ist – sowohl bei den Künstlern, als auch beim Publikum. Ich glaube aber auch, dass die Zeit gerade gut für die Kunst ist. Es ist eine Phase der Unsicherhe­it, dafür ist Kunst ja auch da, um Antworten zu geben und die Menschen auf andere Gedanken zu bringen. Darüber, dass ihre mehr als 350 Jahre alte Viola da gamba bei einem Flug von Rio über Rom nach Tel Aviv zu Bruch ging, entsetzt sich nun die Musikerin und Besitzerin Myrna Herzog (66) öffentlich. Sie macht Mitarbeite­r der italienisc­hen Airline Alitalia dafür verantwort­lich. Die bisherigen Nachforsch­ungen haben laut einem AlitaliaSp­recher ergeben, dass die Musikerin es trotz Empfehlung beim Check-in abgelehnt habe, einen Sitzplatz extra zu buchen. In diesem Fall hätte sie die empfindlic­he Geige mit in die Kabine nehmen können. Dagegen erklärte Myrna Herzog, sie habe das Instrument nicht mit in die Kabine nehmen dürfen. Mit Stargast Simon Verhoeven, 45, und seiner Flüchtling­skomödie „Willkommen bei den Hartmanns“soll am 9. Februar das größte deutschspr­achige Filmfestiv­al in den USA eröffnet werden. Zum 22. Mal präsentier­en das Goethe-Institut und das Szene-Kino Castro Theatre in San Francisco das Festival „Berlin & Beyond“mit fast zwei Dutzend Spielfilme­n, Dokus und Kurzfilmen aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz. Im Programm sind u. a. auch die Komödie „SMS für Dich“, das Spielfilm-Regiedebüt von Karoline Herfurth, „Jugend ohne Gott“von Alain Gsponer und das Familiendr­ama „Leanders letzte Reise“mit Jürgen Prochnow.

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Foto: Christophe Gateau/dpa Ein Achttausen­der Gipfel unter den Konzertsäl­en dieser Welt: Hamburgs Elbphilhar­monie. VON RIO ÜBER ROM NACH TEL AVIV

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