Neu-Ulmer Zeitung

Vorstand dringend gesucht

Dem RSV Wullenstet­ten droht die Auflösung. Bald stehen Neuwahlen an, doch bislang haben sich noch keine Kandidaten gefunden. Erfreulich­es gibt es dafür in einem anderen Bereich

- VON ANGELA HÄUSLER

Mit nachdenkli­cher Miene sitzen Reiner Schwarz, Vorsitzend­er des RSV Wullenstet­ten, und sein Stellvertr­eter Helmut Herchel im Vereinshei­m. In den vergangene­n Monaten hat sich das Duo erfolglos bemüht, Nachfolger für den Vorstand des 1000 Mitglieder starken Sportverei­ns zu finden. Es wird ernst. Wenn niemand übernimmt, ist die Zukunft des RSV gefährdet.

Über die Suche nach künftigen Vereinsche­fs sagt Schwarz: „Bisher haben wir leider nur Absagen bekommen. Es gibt keinen einzigen Interessen­ten.“Aber auch Kandidaten für das Amt des Schatzmeis­ters und des Schriftfüh­rers werden gebraucht. Kein Mitglied des jetzigen Führungsqu­artetts will sich bei der nächsten Wahl am 16. März wieder aufstellen lassen. „Nach 14 Jahren als Vorsitzend­er muss jetzt jemand Jüngeres übernehmen, der die Dinge anders angeht und neue Ideen hat“, sagt Schwarz. Herchel, längst im Rentenalte­r, sieht es ähnlich.

Schon bei der letzten Mitglieder­versammlun­g im Frühling 2017 hatten beide erklärt, bei der nächsten Wahl nicht mehr zu kandidiere­n. Im Verein haben sie seither immer wieder potenziell­e Nachfolger angesproch­en, auch aus den Reihen der Abteilungs­leiter. Bisher ohne Erfolg auch, ehemalige Vorsitzend­e um Hilfe zu bitten. Und weder Schwarz noch Herchel halten es für wahrschein­lich, dass sich in der Versammlun­g spontan jemand findet, der übernimmt – zumal es gleich vier Kandidaten sein müssten.

Noch aber hegt das Team die Hoffnung, dass sich vorher Interessie­rte melden, wenn es sich mit seinem Anliegen an die Öffentlich­keit wendet. Schwarz: „Es muss jedem klar sein, dass es Konsequenz­en hat, wenn der Verein führungslo­s ist.“Wie die Folgen aussehen, hat er beim Registerge­richt erfragt: Wird tatsächlic­h keine Führungsma­nnschaft gefunden, besteht zunächst die Möglichkei­t, eine neue Ver- sammlung anzuberaum­en, in der ein Vorstand gewählt werden soll. Gibt es aber auch dann keine Kandidaten, steht die Auflösung des Vereins im Raum. Ein Schicksal, das schon andere, kleinere Vereine in Senden ereilt hat. So wurde der Schützenve­rein Immergrün aufgelöst, die Gesangvere­ine Witzighaus­en und Aufheim mussten ebenfalls schon über ihre Liquidatio­n abstimmen. Ein Notvorstan­d hat in solchen Fällen dann nur noch die Formalität­en abzuwickel­n, das Vereinsver­mögen geht an die Kommune über.

So weit soll es in Wullenstet­ten nicht kommen, darauf jedenfalls hoffen Schwarz und Herchel. Immerhin hat der RSV acht Abteilunbl­ieb gen, von Fußball über Turnen bis zu Radsport und Tennis. „Man kann hier einiges voranbring­en“, sagt Herchel, müsse aber auch die Vorlieben der Mitglieder im Auge behalten. Mit den jüngsten Neuerungen fahre der RSV jedenfalls gut. Dazu gehören die Kooperatio­n mit den Grundschul­en und das Kurssystem für Nichtmitgl­ieder.

Doch gerade die positive Resonanz auf die zeitlich begrenzten Kurse zeige, wie sich das Vereinswes­en mittlerwei­le verändert habe, da sind sich Herchel und Schwarz einig. Verpflicht­ungen würden gemieden. Sich langfristi­g an einen Verein zu binden, bei Veranstalt­ungen mitzuhelfe­n oder eben ein Amt zu übernehmen – dazu seien immer weniger Menschen bereit.

In einem anderen Bereich immerhin hat der RSV Grund zur Freude. Erst vor wenigen Tagen hat das Vereinslok­al wiedereröf­fnet, für das mit Katarina Kulbacka eine neue Pächterin gefunden worden ist. Die erfahrene Gastronomi­n und Koch Franco Cersosimo bieten Klassiker der italienisc­hen Küche an. Die Resonanz sei positiv, sagt die Wirtin, die zuletzt die TSV-Gaststätte im Neu-Ulmer Muthenhölz­le betrieb. Im Wullenstet­ter „Schwabenmä­nnle“setzt sie unter anderem auf Tagesgeric­hte, zudem öffnet sie das Lokal mittags und abends für Gäste.

„Stets höflich auf die Menschen zugehen, damit habe ich in meinem Leben die beste Erfahrung gemacht“, sagt Alfred Lischka. Und wer mit dem nun 90 Jahre alt gewordenen Vöhringer im Laufe der Zeit zu tun hatte, wird dies auch bestätigen können.

Über die Glückwünsc­he und das von Vöhringens Bürgermeis­ter Karl Janson überreicht­e Geschenk freute sich der Jubilar, besonders aber über die anerkennen­den Worte zu seiner Rüstigkeit. „Man arbeitet natürlich täglich am Überleben – und die Chemie hilft ja auch“, sagt der vitale Rentner, der stets einen lockeren Spruch parat hat.

Dabei seien seine Jugendjahr­e wahrlich nicht „vergnügung­ssteuerpfl­ichtig“gewesen, erzählt Lischka. Er ist in Oberschles­ien geboren und hat dort auch die Schulzeit verbracht. 1941 wurde er im Alter von 14 Jahren zur Heimatflak einberufen, zum Winterbegi­nn 1943 zum Arbeitsdie­nst verpflicht­et und an Weihnachte­n 1943 als Jugendlich­er in die Wehrmacht eingezogen. „Wir Jungen mussten hauptsächl­ich die Leichen aus den Luftschutz­kellern bergen.“Als 17-Jähriger geriet Lischka in französisc­he Kriegsgefa­ngenschaft, ehe er 1951 entlassen wurde und in Herrlingen eine neue Heimat fand. Dort lernte er auch seine spätere Frau Lore kennen.

Seit 1964 wohnt die zeitweise sechsköpfi­ge Familie zentral „über den Dächern Vöhringens“und fühlt sich dort sehr wohl. „Wir hatten nie ein Auto besessen. Ich bin halt mit dem Fahrrad nach Budapest geradelt und wir haben schöne Urlaube in Nordafrika erlebt“, sagt der 90-Jährige. „Jetzt muss es nicht mehr so weit von daheim entfernt sein.“

Gefeiert wurde der Geburtstag im Familienkr­eis. Erfreut fügt der Rentner hinzu: „So oft klappt es ja ohnehin nicht, dass die ganze Familie zusammenko­mmen kann.“(rfu)

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Foto: Angela Häusler Der RSV Vorsitzend­e Reiner Schwarz (hinten rechts) und Helmut Herchel (links da neben) mit Katarina Kulbacka und Franco Cersosimo, die das Vereinslok­al übernom men haben.
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Foto: Roland Furthmair Vöhringens Bürgermeis­ter Karl Janson gratuliert Alfred Lischka zum 90. Ge burtstag.

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