Leitartikel
Die Neuauflage von Schwarz-Rot kommt, weil die SPD mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden sein kann. Stillstand in der Steuerpolitik
Die blamable Hängepartie um die Bildung einer neuen Bundesregierung geht langsam zu Ende. Nach dem Scheitern der „Jamaika“-Verhandlungen ist es CDU, CSU und SPD gelungen, sich auf die Grundzüge eines gemeinsamen Programms zu verständigen. Man hat sich zusammengerauft – aus Verantwortung für das Land, aus schierer Angst vor Neuwahlen und einer weiteren Abstrafung durch die Wähler, denen der ganze Theaterdonner längst auf die Nerven geht.
Noch ist das neue schwarz-rote Bündnis nicht in trockenen Tüchern. Der Koalitionsvertrag muss erst noch ausgehandelt, das von den Parteispitzen abgesegnete Sondierungspapier in vielen Punkten präzisiert werden. In der Europapolitik beispielsweise ist noch völlig unklar, was sich hinter den wohlklingenden Textpassagen wirklich verbirgt und was dies für die deutschen Finanzen bedeutet. Und am Ende müssen ja noch die Mitglieder der SPD, deren linker Flügel vehement in die Opposition strebt, ja sagen. Aber die Basis der Sozialdemokratie müsste schon jeden Sinn für die Realitäten eingebüßt haben, wenn sie den Zug Richtung Merkel IV noch entgleisen ließe. Es geschähe ja um den Preis einer Demontage der Parteiführung und des Risikos, bei Neuwahlen noch unter die 20 Prozent zu rutschen.
Nein, es spricht nun alles dafür, dass Union und SPD handelseinig werden und Deutschland noch vor Ostern wieder eine stabile, international handlungsfähige Regierung bekommt. Jede Spekulation über eine Minderheiten-Regierung unter Merkel ist vom Tisch. Offenbar hat sich auch in der SPD die Erkenntnis durchgesetzt, dass Europas größte Nation mit wechselnden Mehrheiten nicht zu regieren ist. Es mag sein, dass ein „Jamaika“Bündnis irgendwie attraktiver gewesen wäre, für neue Impulse oder gar eine Art von „Aufbruchstimmung“ gesorgt hätte. Wieder eine Große Koalition mit den bekannten Gesichtern und der Neigung, auf ausgetretenen Pfaden Politik zu machen: Das ist nicht gerade sexy. Doch es ist durchaus respektabel, was die Verlierer der Bundestagswahl vereinbart haben.
Natürlich steckt das Sondierungspapier voller Kompromisse. Nach dem Motto: Du kriegst die Mütterrente, wenn ich die Grundrente bekomme. Oder: Keine Bürgerversicherung, dafür die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. Koalitionsgespräche sind nun mal ein Geben und Nehmen. Dass die GroKo mehr investieren will (in den Breitbandausbau, in die Schulen, in die Förderung des Wohnungsbaus), den Familien unter die Arme greift und soziale Probleme wie das Defizit an Pflegekräften anpackt, zielt in die richtige Richtung. Für die so genannten „kleinen Leute“ist einiges drin. In der Steuerpolitik jedoch geht es leider so weiter wie bisher: Ganze zehn Milliarden Steuerentlastung – und das, obwohl man aus dem Vollen schöpfen kann. Auf keinem anderen Feld ist der mangelnde Ehrgeiz, Strukturen zu verändern, so spürbar. Reparieren, nachbessern, das soziale Netz dichter knüpfen, Versäumtes nachholen: Aus diesem Geist ist dieser Vertrag entstanden. Und, seien wir ehrlich: Viel mehr, Kühnes oder Innovatives gar, war nicht zu erwarten.
Die SPD, von der nun alles abhängt, kann zufrieden sein. Sie hat, gemessen an ihren mickrigen 20 Prozent, durchaus gepunktet. Die CDU ist froh, Merkels Kanzlerschaft zu erträglichen Konditionen sichern zu können. Und weil die Einwanderungspolitik eindeutig die Handschrift der Union trägt und die SPD jetzt eine Art „Obergrenze“für die jährliche Zuwanderung mitträgt, kann sich der CSU-Verhandlungsführer Seehofer des Beifalls seiner Partei sicher sein. Zu „Versinkt Deutschland bald im Plas tikmüll?“(Seite 1) vom 9. Januar: Als ich las, dass in den vergangenen zehn Jahren der Pro-Kopf-Verbrauch an Plastik um 30 Prozent gestiegen ist, fragte ich mich, woher diese gewaltige Steigerung wohl kommt. Mein erster Gedanke war, dass der boomende Onlinehandel als Hauptverursacher in Frage kommen könnte. Täglich werden Millionen Pakete mit viel, viel Verpackungsmaterial aus Plastik tranportsicher geschützt zugestellt. Wäre eine Sondersteuer auf Verpackungsmaterial aus Plastik ein denkbarer Weg, diese Flut einzudämmen?
Dazu kommt eine Überschwemmung der Märkte mit billigen Plastikprodukten, insbesondere aus Fernost. Beim Lesen, dass rund ein Viertel des Mülls, wobei hier wohl der Plastikmüll gemeint war, exportiert wird, erinnerte ich mich an Berichte im Fernsehen über die Müllmafia in Süditalien. Warum muss die Umwelt durch einen Mülltransport bis ins ferne China zusätzlich belastet werden? Was wird mit unserem Plastikmüll in China gemacht? Wird er recycelt? Wenn ja, unter welchen Arbeitsund Umweltbedingungen? Es geht nicht an, dass ab der Übergabe ins Ausland der Weg des Plastikmülls offensichtlich in eine Grauzone führt, die hierzulande keinen mehr zu interessieren scheint.
Bobingen Ebenfalls dazu: Anstatt große Mengen unsortierten Plastikmülls mit schwerölverbrennenden Containerschiffen zu exportieren, hätte sich doch angeboten, das perfekt funktionierende Bringsystem zum Wertstoffhof einfach beizubehalten. Da hat man dem Bürger jahrelang beigebracht, die Verpackung sortenrein und sauber abzuliefern – und als das (zumindest im ländlichen Raum) endlich etabliert war, kam die gelbe Tonne, in der sich auf einmal Weißblech, Aluminium, PVC, PE, PU, PET und sonstige Kunststoffe nebst Resten des Inhalts finden. Und das alles wozu? Wahrscheinlich verdient eine mächtige Industrie daran und betrieb erfolgreiche Lobbyarbeit. Auch wenn es in unserem Landkreis leider seit 1.1.2016 die gelbe Tonne gibt, bringen wir unseren Wertstoff zum Recyclinghof!
Münsterhausen Zu „Die Not der Christen in Nordkorea“(Politik) vom 11. Januar: Von der „Freyheit eines Christenmenschen“(Luther im Jahre 1520) ist in den genannten Ländern nichts mehr übrig geblieben – leider. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war im Orient jeder Vierte ein Christ, heute muss man sie dort mit der Lupe suchen, obwohl sie durchweg nicht Aggressivität, sondern verzweifelte Zurückhaltung üben.
Wenn in einigen Jahrzehnten bei uns in Europa der Anteil der christlichen Bevölkerung zugunsten der Muslime drastisch gesunken sein wird, dann gibt es dafür in meinen Augen einen Hauptschuldigen: Deutschland.
Zusmarshausen Zu „Sandwesten für zappelige Schüler“(Panorama) vom 10. Januar: Das ist also der Weisheit letzter Schluss: Sandwesten für unruhige Kinder! Dass damit möglicherweise Haltungsschäden im Wirbelsäulenbereich provoziert werden, wird mit keinem Wort erwähnt. Es entscheiden Psychiater und Lehrer, wer sie trägt, Orthopäden bleiben außen vor. Für mich ist das vorsätzliche Körperverletzung. Die Bildungspolitik muss sich in eine andere Richtung bewegen.
Illertissen Zu „Weniger Fleisch essen, das Klima schützen“(Wirtschaft) vom 11. Januar: Als vor ca. fünf Jahren verantwortungsbewusste, grüne Politiker im Bundestag einen fleischfreien Tag je Woche forderten, wurden sie von den konservativen Volksvertretern mit Hohn und Spott überschüttet. Der Zusammenhang zwischen dem ausufernden Fleischverbrauch und der dadurch entstehenden Umweltbelastung wurde von Wissenschaftlern längst erkannt und umfangreich dokumentiert. Doch gewisse Volksvertreter wollen oder können diesen Zusammenhang nicht erkennen. Wir haben deshalb mindestens schon fünf Jahre verloren, um endlich diese Umweltbelastung abzuschaffen oder mindestens zu minimieren. Leider ist zu befürchten, dass wir zukünftig noch mehr Zeit verlieren werden.
Halblech