Plötzlich lagen Saloon und Blockhütten in Trümmern
Aber er machte lieber Musik und ritt mit dem Pferd durch Deutschland. Nachdem es ihn beruflich nach Augsburg gezogen hatte, entdeckte er im nahen Dasing das Areal eines alten Bauernhofs. Hier zog er mit Frau, Kindern und Pferden ein. Daraus wurde die WesternCity. Die Kulissen der Westernstadt erhielt er bei einem Auftritt als Gage. 1980 eröffnete er damit den Freizeitpark. 35 Jahre später starb er mit 73 Jahren bei einem Ausritt an einer Herzattacke. Wiederum zwei Jahre später lagen Saloon und Blockhütten in Trümmern.
Es hatte hier schon öfter gebrannt. Beim ersten Mal, 2013, war es ein Tunnel, durch den eine Bimmelbahn fuhr. Im Herbst 2016 traf es den großen Stall. 700000 Euro Schaden. Technischer Defekt, wie zuvor beim Tunnelbrand, hieß es damals. Die Akte wurde geschlossen. So schnell geht es nach dem letzten Feuer nicht. Die Polizei will die Suche nach dem Feuerteufel nicht aufgeben, der Ende Juli 2017 immensen Schaden angerichtet hat.
Die Saison der Karl-May-Festspiele hatte gerade begonnen. Darsteller und Mitarbeiter saßen spätabends nach einer Vorstellung am Lagerfeuer zusammen, jemand machte Musik. Da entdeckte eine Pferdepflegerin, die nach den Tieren schauen wollte, das Feuer im Heulager. Sie schlug Alarm, alle rannten zur Hilfe, die Feuerwehr wurde gerufen. Die Flammen zerstörten sechs Gebäude. Mehr als 400 Feuerwehrleute konnten gerade noch verhindern, dass das Feuer auf den Festspielbereich und das große Wohnhaus übergriff.
Die Menschen, die diese Nacht erlebten, haben teilweise immer noch Albträume. Daniela Sippel, die Pferdepflegerin, verlor damals ihre Wohnung in einer der Blockhütten. Jetzt lebt sie mehr schlecht als recht mit ihrer kleinen Tochter im Dasinger Bahnhof. Hört sie von dort aus Feuerwehrsirenen schrillen, steht sie auf und sieht im Stall nach dem Rechten, auch mitten in der Nacht. „Der Brand hat mehr zerstört als ein paar Gebäude“, sagt sie. „Er hat Existenzen vernichtet.“Die 38-Jährige ist praktisch als einzige Mitarbeiterin geblieben. Für die anderen gab es keine Arbeit mehr.
Derweil versucht das Team der Geschäftsführung, den Betrieb weiterzuführen beziehungsweise wiederaufzubauen. Nur zwei Wochen nach dem Brand gingen die Festspiele in der Open-Air-Arena, die vom Feuer verschont wurde, wieder los. Voll waren die Tribünen, die Platz für 600 Zuschauer bieten, aber nur ein Mal: als die Feuerwehrleute und Helfer aus der Brandnacht eingeladen waren. Damals gab es eine Welle der Hilfsbereitschaft. Menschen brachten Kleidung vorbei oder Tierfutter. Der Dasinger Förderverein sammelte mehrere tausend Euro, die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, leistete Mitarbeitern, die Hab und Gut verloren hatten, Unterstützung.
Das half in der ersten Not, aber nicht bei der Frage, wie es mit dem Unternehmen weitergehen kann. „Wenn man so lange mit Fred Rai war, gibt man nicht auf“, lautet eine Antwort. Die Worte stammen von einer Frau, die Fred Rai eng verbunden war: Gabriele Amrhein. Sie lernte den „singenden Cowboy“in den 70er Jahren kennen, da hatte er schon eine Ehefrau und zwei Töchter. Rai und Amrhein wurden trotzdem ein Paar und bauten nicht nur die Western-City zusammen auf, sondern auch die Lucky Hills Ranch in Arizona. Dort werden Pferde und Rinder gehalten, Urlauber machen Reiterferien. Die Geschäfte liefen gut, in den 80ern und auch später gaben sich Prominente in Dasing die Klinke in die Hand, von Heidi Brühl bis Pierre Brice. Noch in den 2000er Jahren machte die Westernstadt nach Aussagen Rais einen Millionenumsatz.
Und selbst wenn in den vergangenen Jahren so mancher Besucher – mittlerweile ein anderes Niveau von Freizeitparks gewohnt – die Nase rümpfte ob der angegrauten Ausstattung, kamen andere gerne. Die einen, weil sie sich hier in stilechtem Ambiente in die Welt des Wilden Westens hineinträumen konnten, die anderen, weil sie das Rai-Reiten schätzten, eine gewaltlose Form des Umgangs mit Pferden. Rai, ein großer Tierfreund, hat sie selbst entwickelt. Seine letzte Lebensgefährtin Tessa Bauer führt diese Aufgabe im Dasinger Bundesausbildungszentrum für Rai-Reiten fort, als Rais Erbe. Überhaupt, das Erbe…
Fred Rai war ein überaus charmanter Mann, der auf jeden zuging und bei vielen gut ankam. Auch bei den Frauen. Zwei Töchter gibt es aus der Ehe mit seiner Ex-Frau, außerdem einen Sohn aus einer anderen Beziehung. Zwei ehemalige Lebensgefährtinnen – Amrhein und Bauer – führen zusammen mit dem Journalisten Volker Waschk seit Rais Tod die Geschäfte.
Eine Konstellation, die zu funktionieren schien. Doch dann wurde es kompliziert. Jahrelang konnte die Erbschaft nicht geregelt werden. Das Testament, so heißt es, sei in eher blumigem Stil formuliert. Gut gemeint, aber juristisch nicht haltbar. Jetzt überprüft die Kriminalpolizei im Rahmen der Brandermittlungen, ob der letzte Wille Rais tatzusammen sächlich in Gänze von Rai stammt. Fast alle potenziellen Erben haben Anwälte genommen. Einer von ihnen ist Michael Ott-Eulberg. Dem Juristen zufolge ist das Schriftbild im Testament nicht einheitlich. Das könne aber auch daran liegen, dass Rai zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich geschrieben hat. Gabriele Amrhein scheint das nicht anzufechten: „Es ist eindeutig Freds Handschrift und Wortlaut“, sagt sie unserer Zeitung. Jeder, der ihn kannte, könne das erkennen.
Stellt dies auch der Grafologe fest, ist laut Ott-Eulberg zu klären, welche der bedachten Personen wie viel erhält. Das sind die zwei Töchter und die Lebensgefährtin beziehungsweise Ex-Lebensgefährtin. Sollte das Testament nicht anerkannt werden, gebe es ein anderes, älteres Exemplar – mit einer „etwas anderen Erbfolge“. In der gesetzlichen Erbfolge wiederum würden nur die drei Kinder erben.
Angesichts der komplizierten Situation hat das Amtsgericht Aichach einen Nachlasspfleger eingesetzt. Der Augsburger Rechtsanwalt Robin