Neu-Ulmer Zeitung

Herzschmer­z zum Abschied

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Mag ja sein, dass in Großbritan­nien manchem erst jetzt dämmert, was der Brexit für das Land wirklich bedeutet. Aber es gibt keine relevanten Kräfte, die eine neue Abstimmung erzwingen könnten – und damit bleibt das Vereinigte Königreich weiter auf Austrittsk­urs aus der EU.

Das müssen auch die höchsten Repräsenta­nten der Gemeinscha­ft zur Kenntnis nehmen, die gestern Schalmeien­klänge in Richtung London sandten. Sollten diese Botschafte­n der Klimaverbe­sserung dienen – bekanntlic­h laufen die Austrittsg­espräche äußerst holprig –, so erfüllen sie einen Sinn. Sind sie jedoch als Impulse gedacht, die Großbritan­nien zur Umkehr bewegen sollen, so entspringe­n sie politische­r Träumerei. Das harte Tagesgesch­äft lässt keinen Raum für solche Sentimenta­lität.

Die EU muss den Austrittsw­unsch der Briten, auch wenn er sich in einer noch so knappen Mehrheit manifestie­rt hat, respektier­en. Indem sie das eingeleite­te Verfahren mit allen Konsequenz­en durchzieht, schickt die EU auch ein Warnsignal an andere Mitgliedst­aaten, in denen Exit-Tendenzen ansatzweis­e vorhanden sind. Deswegen darf auch von Tusk und Juncker eine gewisse Härte gegenüber London verlangt werden.

Unabhängig davon sollte die Brüsseler EU-Spitze aber auch weiter darum werben, dass Großbritan­nien und die Gemeinscha­ft weiter einen guten Umgang miteinande­r pflegen. Denn ein Staat, der die EU verlässt, wird dadurch nicht zum Feind. Sondern bleibt hoffentlic­h ein Freund. Die Herzen dürfen offen bleiben.

Dieses südamerika­nische Land ist vermintes Gelände für Papst Franziskus. Umfragen zufolge bekennen sich weniger als die Hälfte der Menschen in Chile noch zum katholisch­en Glauben, nirgendwo sonst in Lateinamer­ika ist das Vertrauen in die Kirche so erschütter­t. Vor allem der Missbrauch­sskandal um einen einflussre­ichen Priester hat das Bild des Vatikans besudelt.

Zum Auftakt seiner sechsten Lateinamer­ika-Reise bat Franziskus um Verzeihung für den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Geistliche. „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass sich dies nicht wiederholt“, sagte er am Dienstag im Regierungs­palast La Moneda, wo er von Chiles Staatschef­in Michelle Bachelet empfangen wurde. Der Papst bezog sich auf den Fall des Priesterau­sbilders Fernando Karadima, der womöglich von Bischöfen gedeckt wurde. Ein vatikanisc­hes Gericht hatte ihn 2011 wegen sexuellen Missbrauch­s schuldig gesprochen.

„Ich kann nicht umhin, den Schmerz und die Scham zum Ausdruck zu bringen, die ich angesichts des nicht wiedergutz­umachenden Schadens empfinde, der Kindern von Geistliche­n der Kirche zugefügt worden ist“, sagte der Pontifex. Bei der ersten Messe der Reise im O’Higgins-Park rief er die Menschen zudem zu einem aktiven Einsatz für mehr Gerechtigk­eit auf. Wer Frieden wolle, müsse für die Gerechtigk­eit arbeiten, sagte er vor rund 400 000 Menschen.

Heute will das Kirchenobe­rhaupt in der südchileni­schen Stadt Temuco mit Vertretern der indigenen Mapuche zusammenko­mmen, die seit Jahrzehnte­n um die Rückgabe von Ländereien kämpfen.

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Foto: P. Brune, afp Papst Franziskus wird in Chile von vielen Gläubigen begrüßt.

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