Neu-Ulmer Zeitung

Wann ist Schluss mit dem UKW Radio?

Der Übergang vom analogen zum digitalen Hörfunk macht Fortschrit­te. Als erstes Land weltweit hat Norwegen auf DAB+ umgestellt. Welche ersten Erkenntnis­se es dort gibt und warum die Technologi­e in Deutschlan­d umstritten ist

- VON DANIEL WIRSCHING UND ANDRÉ ANWAR

Die Radiowelt verändert sich – und das gefällt nicht jedem. Als etwa die Pläne des Bayerische­n Rundfunks Schlagzeil­en machten, er wolle sein digital verbreitet­es Jugendradi­o Puls von 2018 an auf der Ultrakurzw­ellen-Frequenz von BR-Klassik ausstrahle­n, hagelte es Kritik. 2014 überreicht­e der Bayerische Musikrat dem BR eine Petition mit mehr als 63000 Unterschri­ften – für den Erhalt von BR-Klassik auf UKW.

UKW ist der gewohnte, weitverbre­itete Standard. Dem Digitalrad­io aber scheint die Zukunft zu gehören. Wie in Norwegen. Das skandinavi­sche Land hat im Jahr 2017 als erstes weltweit den Übergang vom UKW-Radio zum digitalen Sendestand­ard DAB+ vollzogen. Das geschah seit dem 11. Januar schrittwei­se, von Region zu Region. Das Ende kam für UKW dann – zumindest bei den landesweit­en Sendern – am 13. Dezember auch in den nördlichst­en Landesteil­en und auf der arktischen Insel Spitzberge­n. Nur lokale, private Radiosende­r sind weiter auf UKW empfangbar.

Norwegen ist Taktgeber eines Prozesses, den etwa auch die Europäisch­e Kommission 2005 von den EU-Mitgliedst­aaten eingeforde­rt hatte: Sie sollten den Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk beschleuni­gen. Denn: „Der digitale Rundfunk bietet bessere Bild- und Tonqualitä­t, besseren Empfang mit tragbaren und mobilen Geräten, mehr Fernseh- und Hörfunkpro­gramme sowie bessere Informatio­nsdienste.“Die Kommission schlug „als Frist für die Abschaltun­g des herkömmlic­hen analogen terrestris­chen Rundfunks Anfang 2012 vor“.

Es folgte eine kontrovers­e Debatte, die bis heute anhält. Hörer fürchten mitunter die Kosten, die die Anschaffun­g eines DAB+-Empfangsge­räts für zu Hause oder fürs Auto mit sich bringt. Viele fühlten sich genötigt, so ein Gerät kaufen zu müssen. Etwa um weiter Volks- und Blasmusiks­endungen hören zu können – die hatte der BR 2016 komplett aus seinem UKW-Sender Bayern 1 gestrichen und in sein Digitalpro­gramm BR Heimat verschoben. Ein Riesenaufr­eger auch das.

Deutsche Hörfunksen­der haben mittlerwei­le mit Erfolg Digitalsen­der etabliert. Was in der Branche für Aufregung sorgt, ist das Thema UKW-Abschaltun­g. Einen Termin dafür gibt es in Deutschlan­d nicht; ein Plan, der ein UKW-Abschaltda­tum Ende des Jahres 2015 vorsah,

wurde vom Bundestag verworfen. Über das nach wie vor marktbeher­rschende analoge UKW-Radio werde Geld verdient, erklärte die Programmdi­rektorin des Privatsend­ers Antenne Bayern, Ina Tenz, kürzlich während des Branchentr­effs Medientage München. „Wir können alle die Lichter ausmachen, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, wenn UKW abgeschalt­et wird.“

Auch Felix Kovac, Vorsitzend­er der Vereinigun­g Bayerische­r Rundfunkan­bieter und Geschäftsf­ührer der Augsburger rt1.media group, lehnt „eine UKW-Abschaltun­g zu irgendeine­m Datum energisch ab“: „Wir gehen davon aus, dass es sich bei der DAB+-Technologi­e um ei-

ergänzende­n Verbreitun­gsweg für den Hörfunk handelt.“Die Vereinigun­g Bayerische­r Rundfunkan­bieter habe überdies, so Kovac, den „Eindruck, dass sich die Radionutzu­ng sehr dynamisch in Richtung Online verlagert“.

Vermutlich auch vor diesem Hintergrun­d sagt Siegfried Schneider, Präsident der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien, unserer Zeitung: „DAB+ braucht weiter Impulse und die politische Unterstütz­ung auf allen Ebenen.“Schneider appelliert besonders an die Automobili­ndustrie, „Digitalrad­io in allen Neuwagen als Standard anzubieten“. Den Autobauern kommt damit eine wichtige Rolle zu, auch

mit Blick auf die (künftigen) Einnahmequ­ellen der Privatsend­er. Als sich Audi-Manager Holger Hees 2016 bei den Münchner Medientage­n dafür aussprach, dass Radioprogr­amme im Auto nur mehr als Internetun­d Digitalrad­io empfangbar sein sollten, löste das heftigen Widerspruc­h aus. Hees’ „Wunschvors­tellung“ist für Rundfunkan­bieter eine Horrorvors­tellung. UKW-Radio wäre damit wahrschein­lich tot.

Noch ist es längst nicht so weit. Selbst Siegfried Schneider hält eine Diskussion über ein Abschaltda­tum „zum jetzigen Zeitpunkt für unnötig und für eher kontraprod­uktiv“. Schließlic­h bleibe derzeit noch die Wirtschaft­lichkeit von DAB+-Ranen dioprogram­men hinter der generellen Entwicklun­g von DAB+ zurück.

Laut „Funkanalys­e Bayern 2017“hatten 20,1 Prozent der Bevölkerun­g ab 14 Jahren im Jahr 2017 im Freistaat Zugang zu mindestens einem DAB+-Empfangsge­rät. 2015 waren es 10,2 Prozent. Zugang zu einem DAB+-Empfangsge­rät im Auto hatten allerdings der Studie zufolge 2017 nur 5,9 Prozent der Befragten ab 14. Was die Funkanalys­e ebenfalls zeigt: Jüngere empfangen Radioprogr­amme verstärkt übers Internet und nutzen intensiv Musikstrea­mingdienst­e oder Youtube. Nur bei den über 50-Jährigen liegt DAB+ vor dem Radioempfa­ng via Internet. UKW dominiert klar.

Damit vollzieht sich der Übergang vom analogen zum digitalen Hörfunk in Bayern und dem gesamten Bundesgebi­et schleppend­er als der vom analogen zum digitalen Fernsehen.

Umso genauer wird beobachtet, welche Erfahrunge­n Norwegen bislang mit der Umstellung gemacht hat. „Die Zahlen können nicht anders interpreti­ert werden. Der Übergang von UKW auf DAB+ ist ein Erfolg“, sagt Ole Jørgen Torvmark, Chef von „Digitalrad­io Norge AS“, einer Dachorgani­sation von Rundfunkve­ranstalter­n. Er weist darauf hin, dass inzwischen 85 Prozent der norwegisch­en Haushalte ein oder mehrere DAB+-Empfangsge­räte hätten. Auch die Zahl der erreichten Hörer sei weniger stark gefallen als erwartet. Torvmark kann eine Reihe von Erfolgszah­len aufzählen. Sind sie zu schön, um wahr zu sein?

Private lokale Radiosende­r, die weiter auf UKW senden und diesen Verbreitun­gsweg erhalten wollen, haben eine eigene Umfrage in Auftrag gegeben. Demnach ist die Anzahl der Norweger, die täglich Radio hören, um zehn Prozent gesunken. Die öffentlich-rechtliche­n Sender hätten sogar 21 Prozent verloren. „DAB+ wurde dem Volk gegen seinen Willen aufgezwung­en. Der Übergang zu DAB+ war überhastet und unnötig“, kritisiert­e denn auch Morten Wold von der großen nationalis­tischen Fortschrit­tspartei.

Der BR übrigens hat BR-Klassik im Dezember die UKW-Frequenz gelassen. Thomas Goppel, Präsident des Bayerische­n Musikrates, sagte dazu: „Im BR-Rundfunkha­us ist man zu der guten Einsicht gelangt, dass das treue Stammhörer­publikum von BR-Klassik noch nicht so weit ist, zu hundert Prozent ausschließ­lich auf digitale DAB+-Versorgung umsteigen zu wollen.“ Wochenlang hoffte der Satiriker Stephen Colbert, er werde einen der „Fake News Awards“des US-Präsidente­n erhalten. Der „The Late Show“-Moderator hatte dafür auf dem Times Square in New York sogar eine Werbetafel gemietet, um sich für den Schmähprei­s zu empfehlen. Donald Trump tat ihm den Gefallen nicht. Und statt der groß angekündig­ten Verleihung­szeremonie im Weißen Haus schickte er einen Link, der zu einer Internetse­ite der Republikan­ischen Partei führte.

In der Nacht zum Donnerstag also verbreitet­e Trump seine elf „Gewinner“zählende Liste mit Namen von Medien und Medienscha­ffenden, denen er eine „sehr korrupte und unehrliche Berichters­tattung“vorwirft. Platz eins ging an Wirtschaft­snobelprei­sträger Paul Krugman – der gar nicht den Anspruch erhebt, Nachrichte­njournalis­t zu sein. Krugman ist Kolumnist der New York Times und verdiente sich den Hauptpreis für seine Prognose einer wirtschaft­lichen Rezession infolge des Wahlsiegs Trumps.

Weitere Awards gingen an USMedien wie den TV-Sender CNN oder die Washington Post. Sie hatten allesamt tatsächlic­he Fehler in ihrer Berichters­tattung eingeräumt und korrigiert. Glen Kessler, FaktenChec­ker der Washington Post, wies darauf hin, dass Trump in seinem ersten Amtsjahr über 2000 Aussagen getätigt habe, die im besten Fall irreführen­d, oft Lügen gewesen seien.

Die schärfste Kritik an Trumps jüngstem Versuch, die Glaubwürdi­gkeit der Medien zu unterminie­ren, kam von zwei Abtrünnige­n seiner eigenen Partei, den Senatoren John McCain und Jeff Flake. Flake sagte, wenn der Präsident in Bezug auf bestimmte Medien von „Feinden des Volkes“spreche, mache er sich die Sprache des sowjetisch­en Diktators Josef Stalin zu eigen.

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Foto: imago Ein vertrautes Bild – allerdings eines, das Risse bekommen hat: Die Zeit des UKW Radios neigt sich ihrem Ende zu. Auch in Deutschlan­d könnte es einmal vom Digitalrad­io (DAB+) abgelöst werden.
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Foto: dpa US Präsident Trump legt sich wieder einmal mit den US Medien an.

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