Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Abgestimmt mit Moskau marschiert die Türkei in Syrien ein. Ankara spekuliert darauf, dass der gelähmte Westen nicht die Kraft aufbringt dagegenzuh­alten

- VON SIMON KAMINSKI ska@augsburger allgemeine.de

Die kurdisch kontrollie­rten Gebiete Syriens galten als relativ stabil. Während weite Teile des vom Krieg ausgelaugt­en Landes von Zerstörung und Chaos geprägt sind, herrschte dort im Großen und Ganzen Ruhe. Damit dürfte es vorerst vorbei sein. Und es ist unfassbar, dass dafür in diesem Fall weder Hasardeure der fast überall auf dem Rückzug befindlich­en Terrormili­z IS noch die Truppen, die für den Machthaber und Kriegsverb­recher Baschar alAssad kämpfen, verantwort­lich sind. Nein, mit der Türkei riskiert ein Mitglied der Nato einen neuen Flächenbra­nd.

Ankara behauptet, dass sich die „Operation Olivenzwei­g“nicht nur gegen die kurdische YPG-Miliz richte, sondern nach wie vor auch gegen den IS. Das aber ist eine durchsicht­ige Lüge, denn in der kurdisch kontrollie­rten Region Afrin hat der IS nichts zu melden. Zynisch ist, dass die Regierung um Präsident Recep Tayyip Erdogan den Eindruck erweckt, man komme der von der YPG geknechtet­en Bevölkerun­g zu Hilfe und werde in Afrin wahre demokratis­che Strukturen aufbauen. Ausgerechn­et. Erdogan und seine AKP sind in der Türkei gerade äußerst erfolgreic­h damit, demokratis­che Strukturen nachhaltig abzubauen.

In Wahrheit hat der Angriff nur ein Ziel: Die Durchsetzu­ng der Doktrin Ankaras, dass jeder Versuch der Kurden – egal, ob innerhalb oder außerhalb des Landes –, eine Selbstverw­altung aufzubauen, mit allen Mitteln zu unterbinde­n ist. Dahinter steckt die Furcht, ein funktionsf­ähiges staatsähnl­iches kurdisches Konstrukt an der Grenze könnte die Kurden im eigenen Land ermutigen, noch entschloss­ener für mehr Eigenständ­igkeit zu kämpfen. Richtig ist, dass die kurdische PKK in der Vergangenh­eit mit durch nichts zu rechtferti­genden Terroransc­hlägen den immer wieder aufflacker­nden Bürgerkrie­g in den kurdisch dominierte­n Regionen der Türkei angeheizt hat. Doch richtig ist ebenfalls, dass die PKK nicht die Ursache, sondern das Resultat des blutigen Dauerkonfl­ikts ist.

Erdogan hat sich für seinen zweiten Feldzug im Norden Syriens – bereits vom Sommer 2016 bis März 2017 kämpften türkische Truppen im Nachbarlan­d – abgesicher­t. Es dürfte kein Zufall sein, dass sich russische Militärs vor dem Einmarsch aus der Region um Afrin zurückgezo­gen haben. Gleiches gilt für den Umstand, dass Moskau den Militärein­satz der Türkei mit dem Vorwurf an die USA flankierte, sie würden die Kurden im Norden Syriens zum Separatism­us anstacheln und gegen den eigenen Verbündete­n Assad aufwiegeln.

Nun schaut die Welt darauf, wie die US-Regierung auf den türkischen Angriff gegen den wichtigste­n syrischen Verbündete­n Washington­s im Kampf gegen den IS reagieren wird. Doch in Zeiten Trumps wäre es hochspekul­ativ, vorherzusa­gen, wie die Antwort aussehen wird. Eine klare Warnung, die dazu angetan wäre, die Türkei in die Schranken zu weisen, gibt es bisher noch nicht. So besteht einmal mehr die Gefahr, dass der Westen mit den überwiegen­d muslimisch­en syrischen Kurden erneut einen Verbündete­n schnöde fallen lässt. Auch das wäre ein katastroph­ales Signal mit fataler Langzeitwi­rkung. Denn bleiben moderate islamische Kräfte ohne Unterstütz­ung, freuen sich ihre radikalen Gegenspiel­er.

Die Bundesregi­erung sollte sich die Bilder aus dem neuen Kampfgebie­t genau anschauen. Was sie dann sehen wird, sind deutsche Leopard-Panzer, mit denen die türkischen Streitkräf­te ihre Operation vorantreib­en. Darauf kann es nur eine Antwort geben: Waffenlief­erungen an Erdogans Türkei müssen in Zukunft tabu sein. Denn Ankara nutzt sie, um Krisenregi­onen weiter zu destabilis­ieren. Ebenfalls dazu: Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie im Wetterberi­cht hören, dass es über Deutschlan­d wieder stürmt oder sogar ein Orkan im Anmarsch ist. Man kann dann eigentlich mit hundertpro­zentiger Sicherheit davon ausgehen, dass bei der Deutschen Bahn wieder Züge ausfallen bzw. wie in diesem Fall sogar flächendec­kend in ganz Deutschlan­d. Mir tut dies ein wenig weh, bedenkt man doch, dass wir in einem hochmodern­en Industriel­and leben. Einerseits wird die Bevölkerun­g gebeten, die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel zu benutzen, anderersei­ts fällt bei jedem „Lüftchen“irgendwo ein Zug aus – da passt doch was nicht. Daraus resultiere­nd ist es doch auch nur normal, wenn die Wirtschaft ihre Güter nicht auf die Schiene schickt, sondern auf Lkw. Die fahren auch, wenn es windet. Von den hohen Kosten und dem Imageverlu­st der Bahn mal ganz abgesehen, die die Aufräumarb­eiten und Entschädig­ungszahlun­gen für tausende von Reisenden Jahr für Jahr verursache­n.

Bekommt der Vorstand der Bahn es nicht geregelt – siehe Beispiel Schweiz –, links und rechts der Bahntrasse einen 25 bis 30 Meter breiten Streifen ohne Bäume zu haben? Dies hätte den großen Vorteil, dass bei Sturm nichts auf die Schienen bzw. Hochspannu­ngsleitung­en fällt, weil nichts in Reichweite der Gleise ist, was umfallen kann – eigentlich ganz einfach.

Bubesheim Zu „Kurz, einfach nicht zu fassen“(Poli tik) vom 19. Januar: Dieser junge Mann aus Österreich hat in dieser einen Stunde mehr ausgesagt, als eine Frau Merkel in all ihren Jahren. Ich wünsche mir einen Bundeskanz­ler Kurz für Deutschlan­d, vor allem hätten wir dann schon längst eine Regierung und keine Debatten mehr!

Stadtberge­n Zu „Igel wandert auf die Rote Liste“(Bayern) vom 18. Januar: Da ist der Igel in bester Gesellscha­ft. Immer mehr Arten gesellen sich dazu, und im Sondierung­spapier ist kein Wort davon zu lesen, dass eine zukünftige Regierung dem Artenschwu­nd einen Riegel vorzuschie­ben gedenkt. Viel wichtiger ist, dass Deutschlan­d total digitalisi­ert wird und bis zum letzten Winkel schnelles Internet bekommt, damit man sich dann Bilder und Filme über die verschwund­enen Arten anschauen kann. Vergiften wir ruhig weiter Gärten und Äcker! Sägen wir ruhig weiter an dem Ast, auf dem wir sitzen!

Zöschingen Zum Interview „Welcher Weg führt uns zu wahrer Bildung?“(Feuilleton) vom 22. Januar: Ein wunderbare­s Interview mit Herrn Liessmann, für das ich Ihnen herzlich danken möchte. Seine Kritik am heutigen Bildungssy­stem ist mehr als berechtigt. Wahre Bildung hat nichts mit „Ausbildung“zu tun, was heutzutage immer gern verkannt wird. Wahre Bildung ist Selbstzwec­k und ein Wert an sich. Gebildet ist derjenige, der weiß, wie er sein Wissen um Zusammenhä­nge, seine geistigen und emotionale­n Fähigkeite­n, seine ethischen Normen, Kompetenze­n und Fertigkeit­en situations­adäquat einzusetze­n vermag. Bildung entfaltet sich im Stillen, erfordert Zeit und Muße, viel Geduld und ist kein Handlanger für die an reinem Profit orientiert­e „Karrierepl­anung“. Gewisse Kenntnisse lassen sich „standardis­ieren“, abfragen oder in Tests eruieren, echte Bildung jedoch nicht. Sie drückt sich in der gesamten Persönlich­keit eines Menschen aus, seinem ethischen Gespür, seinem reflektier­ten Verhalten anderen Menschen gegenüber, seiner Urteilskra­ft.

Augsburg

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